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VW Polo GTI (AW / 2018)

Ist der neue Polo GTI noch der kleine Bruder vom Golf oder kann man ihn auch als Golf «light» bezeichnen? Wie auch der Golf, ist der Polo über die Zeit um eine gesamte Fahrzeugklasse gewachsen. Wie gefährlich wird er also seinem markeninternen Bruder? Diese Frage behandeln wir später noch ausführlich. Wie immer klemmen wir uns zuerst hinter das „Volant“, um den GTI auf Herz und Nieren zu „erfahren“.

Schluss mit Downsizing. Aus dem 1.4 TSI wurde zuvor bereits ein 1.8 TSI und nun kommt sogar, der aus dem Golf bekannte, 2.0 TSI-Motor zum Einsatz. Hier zwar leicht schwächer mit „nur“ 200 PS. Zur Erinnerung, ein Golf 5 GTI aus dem Jahre 2004 hatte ebenfalls 200 PS und nur 280 Nm Drehmoment, während der neue Polo GTI nun 320 Nm von 1.500 bis 4.400 U/min leistet. Soweit so gut also?

Jein. Leider hört sich das alles auf dem Datenblatt besser an, als es sich in Realität anfühlt. Der Motor wirkt zwar, nach kurzer Gedenksekunde, frisch und kräftig, enttäuscht dann aber über 4.500 U/min und besonders über 5.000 U/min mit seinem schlappen Charakter. Auch klangmässig freut man sich erst über eine bassige Note (die zum Teil künstlich ins Cockpit geleitet wird), was sich leider dann im oberen Drehzahlbereich in ein sehr gequältes Dröhnen verwandelt.

Ausdrehen macht somit definitiv keine Freude. Sucht man aber selten die Nähe zum Begrenzer, entschädigt die Elastizität bei den alltäglichen Sprints aus Tempo 50 auf 80 km/h, die er mit Leichtigkeit erledigt. Es ist ein Zwiespalt. Irgendwo vermissen wir eine gewisse Emotionalität, wenn ein GTI nicht ausgedreht werden will, während dieser Polo auf der anderen Seite alle Beschleunigungsmannöver im tiefen Drehzahlbereich mit Leichtigkeit absolviert und immer suggeriert, dass mehr als genug Kraft vorhanden ist.

Während er gegenüber einem Golf in Sachen Motorcharakteristik etwas einbüsst, begeistert er uns hingegeben bei der Abgasanlage. Die „plöppert“ und bollert dezent nach, was so bis anhin von einem Volkswagen mit dem GTI Abzeichen nicht bekannt war. Aussen vor natürlich der „über-GTI“ VW Golf GTI Clubsport S, doch der spielt in einer anderen Liga.

Das optionale und adaptive Sportfahrwerk macht Freude, in dem es direkt in die Kurven sticht und Wankbewegungen unterdrückt. Wie bei fast jedem GTI ist es zwar nicht für die letzten Prozente bis zum Grenzbereich optimiert, vermittelt aber bis dahin grosses Vertrauen und Sicherheit. In engen Kurven und auf nassem Untergrund würde die elektronische Differenzialsperre XDS+ aus dem Golf GTI Performance den Polo noch etwas mehr für die kurvige OneMoreLap optimieren.

Jedoch würde es dem grösseren Bruder einen weiteren Vorteil aberkennen. Auch dank der Differenzialsperre hat der Golf GTI Performance für den Sprint von 0 auf 100 km/h eine halbe Sekunde Vorsprung und das soll vorerst so bleiben. Der Polo spurtet in 6,7 Sekunden auf Tempo 100 und verteilt sein Drehmoment auf das 6-Gang-DSG, an dem nichts auszusetzen ist, ausser dass es auch im manuellen Modus die Gänge nicht hält. Eine Handschaltung wird später noch nachgereicht.

Kurzer Aussencheck. Vergleicht man den neuen Polo GTI mit seinem Vorgänger der von 2014 bis 2017 gebaut wurde, ist sehr deutlich zu sehen, dass er gewachsen ist. In alle Richtungen. Die Länge hat um 7,7 cm zugenommen und die Breite um 6,9 cm. Insgesamt sind es sehr ähnliche Dimensionen zu einem Golf 4, der von 1997 – 2003 gebaut wurde.

Im Vergleich zum direkten Vorgänger fällt auf, dass am Heck nur feine Korrekturen vorgenommen wurden. Die Heckleuchten wurden etwas weiter auseinander angeordnet, während er vorne ein komplett neues Gesicht bekommen hat. Die neu entworfenen LED-Scheinwerfer sind serienmässig mit an Bord und ein weiterer Punkt, den wir uns für den Vergleich zu seinem markeninternen Bruder „Golf“ merken müssen.

Öffnen wir also die Türe und schauen uns mal im Innenraum um. Der Polo hat (optional) den volldigitalen Tacho mit einer gestochen scharfen Darstellung an Bord. Daneben sitzt der „traditionelle“ Bildschirm für das Infotainment, welcher zusammen mit dem digitalen Tacho sehr stimmig im Armaturenbrett eingelassen ist. So kommen Erinnerungen an das ähnlich angeordnete Mercedes Benz System (z.B. im CLS 53 AMG oder G 63 AMG) auf.

Das Infotainment ist bei der Zieleingabe angenehm schnell, so dass man nicht nach jedem Buchstaben die Verarbeitung abwarten muss, sondern direkt im Smartphone-Stil weitertippen kann. Die Bedienung ist also endlich auf dem Level, was sich die jüngere Klientel ohnehin schon gewohnt ist.

Die Sitze bieten genügend Seitenhalt, punkten aber primär optisch mit dem legedären GTI-Karo Muster. Die Materialanmutung und die Verarbeitung im Innenraum sind auf vernünftigem Niveau. Interessant: Das Lenkrad wird unverändert aus dem aktuellen Golf GTI übernommen.

Im Gegensatz zum Golf sind hier weiterhin noch Drehregler zu finden. Links lässt sich die Lautstärke regeln und rechts z.B. die Navigationskarte vergrössern oder verkleinern. Witzigerweise ist das ein Feature, was ich im Golf seit dem neusten Facelift vermisse.  

Besondere Überraschung: Das optionale Beats Audiosystem mit 300 Watt überzeugt mit einem satten Bass, ohne nervig zu dröhnen oder sogar zu klappern. Auch die Höhen sind klar und für diese Fahrzeugklasse ist der Gesamteindruck der Audioanlage überdurchschnittlich und daher besonders erwähnenswert.

Was bleibt? Ein deutlich erwachseneres Auto mit ebenso erwachsenem und leider auch emotionsloserem Fahrverhalten. Den Titel „Golf light“ zu verhängen ist gewagt, wobei er dem Golf wirklich sehr nahe rückt, vergleicht man die aktuelle Modellpolitik mit den deutlich grösseren Abständen der bisherigen Modellgenerationen.

Beim genauen Hinschauen und besonders beim sportlichen Ritt ergründen sich allerdings weit mehr Unterschiede, als auf den ersten Blick ersichtlich. Der Verbrauch lag im sportlichen Schnitt bei 8,2 Liter pro 100 km. Unser von Volkswagen Schweiz zur Verfügung gestellte Testwagen in Flashrot Uni lag preislich mit Sonderausstattung bei CHF 34’897.-. Der Konfigurationsspass beginnt bei CHF 31’700.-.

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Flashrot Uni, Leichtmetallfelgen „Brescia“ 7.5J x 18 – Reifen 215/40 R18

    1. Hey Maria, vielen Dank für deinen Kommentar. Tatsächlich unterscheiden sich die Basisausstattung zwischen Schweiz und Deutschland erheblich, so dass hier in der Schweiz die LED-Scheinwerfer serienmässig sind. Beste Grüsse von OneMoreLap.com

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