Oft übertreiben es die Hersteller bei der Namensgebung für ihre Motorräder. Auch «Rocket» klingt für einen Töff ohne Raketentriebwerk etwas überzogen, doch die neue Rocket 3 von Triumph wird sich in der Beschleunigung ganz bestimmt ziemlich stratosphärisch anfühlen.
Denn was da schiebt, ist der mit Abstand grösste Motor für Serienbikes. Ein Dreizylinder, wie schon bei der bisherigen Rocket 3, doch nun statt mit 2,3 mit 2,5 Liter Hubraum. Ansonsten geben wir ja Hubräume für Motorräder in Kubikzentimetern an, aber in diesen Dimensionen macht die Liter-Masseinheit wie in der Autowelt mehr Sinn.
Drei Zylinder kombinieren 2458 Kubikzentimeter, um für einmal ganz genau zu sein, über 170 PS Spitzenleistung und ein maximales Drehmoment von mindestens 220 Nm. Damit könnte man auch ein Mittelklasse-Auto angemessen bewegen, doch hier treffen diese Eckdaten auf ein Radl mit „nur“ rund 320 kg, gut 40 weniger als das 2004 lancierte Vorgängermodell. Die Kraft wird über eine Kardanwelle auf den 240er Hinterradschlappen übertragen.
Nachtrag zu den homologierten Leistungswerten der Rocket 3 von Mitte Juni 2019: Der Maxi-Triple leistet maximal 182 PS bei 7000/min und
225 Nm bei 4000/min. Das Trockengewicht beziffert Triumph nun mit 290 kg, satte 44,5 kg weniger als ihre Vorgängerin.
Zuletzt lagerte die Krone für den schnellsten Power-Cruiser zweifellos in Bologna. Ducati hat auch bereits die zweite Generation der Diavel auf der Strasse – mit halbem Hubraum zwar, aber ähnlich gepfefferter Leistung. Die Diavel 1260 bringt es auf immerhin 159 PS (bei deutlich weniger Gewicht und für deutlich weniger Geld). Dennoch wird sich die Diavel ästhetisch wie leistungsmässig mit der neuen Rocket messen müssen. Ein Vorteil für die Duc in diesem Duell: sie ist noch fahraktiver geworden und nun fast mehr Roadster denn Cruiser.
Was auf den Bildern angepriesen wird, ist das auf 750 Stück limitierte Sondermodell TFC. Das Kürzel steht für Triumph Factory Custom, einer neuen Edellinie, die die Briten schon dem sportlichen Vintage-Zweizylinder Thruxton angedeihen liessen.
Die Standard-Rocket wird vermutlich per Saison 2020 lanciert. Nicht ganz klar ist, ob sich die «normale» Rocket 3 bei den Leistungsdaten (homologiert sind sie noch nicht) von der TFC-Sonderversion unterscheiden wird. Kosten wird das hubraumstärkste Serienmotorrad 31’500 Franken. Mit der Bestellung wird man sich vermutlich sputen müssen, bei den nur 750 Exemplaren weltweit.
Wie es sich für das Flaggschiff einer Marke gehört, ist die Triumph Rocket 3 bestens ausgestattet. Brembo Stylema Monoblocks und Kurven-ABS sorgen für heftiges und sicheres Verzögern in allen Lebenslagen, Fahrmodi und Traktionskontrolle wachen über den Grip am Hinterrad und Voll-LED-Beleuchtung sorgt für gute Sicht und Sichtbarkeit. Zweiwege-Schaltautomat und Berganfahrhilfe erleichtern den Umgang mit dem big, heavy motorcyle. Den «fehlenden» Rückwärtsgang dürfte man dank niedriger Sitzhöhe von 773 mm nicht vermissen.
Das farbige TFT-Display ist individualisierbar und – endlich macht dies in der Töffwelt allmählich Schule – kann auch für die Navigation genutzt werden: über eine Triumph-App auf dem Smartphone lassen sich Richtungspfeile im Display anzeigen, so man das optionale Bluetoothmodul ordert. Und, schick für alle Youtuber, lässt sich auf diesem Weg auch eine GoPro-Kamera über die Bedienelemente am Lenker steuern.
Da fragt sich bloss noch, wer sich eine der seltenen, mit Kohlefaserteilen durchsetzte TFC-Version sichert und sich so zu den ersten Rocket-Besitzer der zweiten Generation zählen kann.