Der Lexus LC 500 schafft es, mit seinem Sauger-V8 unser Herz zu gewinnen. Doch reicht es für eine der berühmten «OneMoreLap-Auszeichnungen»? Dazu später mehr.
Beginnen wir von vorne: Wir sind am Nürburgring und das 24-Stunden-Rennen ist noch im Gange, während wir in der Nacht auf Sonntag bereits die Heimreise antreten. Schon beim rohen, metallischen Kaltstart bekräftigt sich die Entscheidung, früher aufzubrechen. Der Bordcomputer zeigt noch die 8,4 Liter Durchschnittsverbrauch vom Hinweg an, während ich mich in Richtung Koblenz von der schönen Eifelrennstrecke entferne.
Kurz darauf folgt die erste unbeschränkte Etappe, in der ich das 10-Gang-Getriebe zurückschalten lasse, sich die Klappen öffnen und das Spektakel beginnt. Ja, man kann es ruhig Spektakel nennen, was der 5,0 Liter V8 Saugmotor mit 477 PS und 527 Nm hier veranstaltet.
Zwar fehlt ihm im Hinblick auf die Konkurrenz etwas Drehmoment, um die knapp zwei Tonnen anzuschieben, allerdings kann man so die lineare Leistungsentfaltung untermalt mit den wunderbaren, unverfälschten V8-Klängen noch länger geniessen. Der Motor im LC 500 verwendet einen doppelten Ansaugeinlass und variiert so die Klangart, je nach Drehzahl und Gaspedalinput, und belohnt den Fahrer mit einer eindrucksvoll-rohen Unterhaltung, die es in Zeiten von Downsizing und Elektrifizierung nur noch selten gibt.
Die 10-Gang-Automatik leistet ihr Bestes, um stets im richtigen Drehzahlbereich zu sein und erlaubt auch bei höheren Reisegeschwindigkeiten einen tiefen Durchschnittsverbrauch. So lag der Mittelwert auf dem Rückweg vom Nürburgring im Schnitt bei 10,3 Liter, obwohl ich bei sämtlichen unlimitierten Abschnitten stets mit 180 km/h oder mehr unterwegs war. Leider kennt der Tempomat keine Geschwindigkeiten über 180 km/h.
Obwohl der Motor eines von zwei Hauptargumenten des LC 500 ist, dürfen wir auch das Fahrwerk nicht vergessen. Zwar bietet es zwischen den wählbaren Fahrmodi weniger Spreizung als die Konkurrenz, und auch die Dämpferkennlinie ist eher auf der direkten Seite des Lebens angesiedelt – gefällt aber umso mehr in den sportlichsten Einstellungen, die perfekt für kurvige Landstrassen geeignet sind.
Diese gehören normalerweise nicht zur Kernkompetenz von grösseren GT-Sportlern, doch der LC 500 schlägt sich dank einer ausgewogenen Fahrwerksabstimmung, seiner leichtgängigen und direkten Lenkung sowie deren agiler Allradunterstützung erstaunlich gut. Er lenkt präzise ein, die Karosserie und die Lenkung vermitteln eine ausgezeichnete Rückmeldung und der direkt ansprechende Sauger lässt mich das Fahrzeug mit wohldosierten Gaspedalbefehlen schön zwischen Unter- und Übersteuern bewegen.
Obwohl man das Gewicht doch ab und an spürt, macht es Freude, das gross dimensionierte Auto sportlich durch Kurven zu bewegen, eben genau weil es keine aggressive Motorenkennlinie und extra schwergängige Lenkung à la BMW M4 braucht, um Spass zu haben. Natürlich ist nun der oben erwähnte Durchschnittsverbrauch um etwa die Hälfte angestiegen.
Doch Spass hat man nicht nur am Motor des LC 500, auch die Optik ist einer seiner beiden grössten Pluspunkte. Fährt man durch Süddeutschland, sieht man die typischen Fahrzeuge aus Ingolstadt, vereinzelt ein Münchner, ein paar Zuffenhausener und ganz viele Daimler. Wenn diese dann aber schon frühzeitig die linke Spur räumen, extra verlangsamen oder sogar beschleunigen, um den LC genauer anschauen zu können, wird klar, dass man in einem Exoten mit grossem Überholprestige sitzt.
Stoppt man selbst kurz für einen Aussencheck, polarisiert vor allem der verchromte und sehr auffällige Lexus-Grill, die dreieckigen Scheinwerfer mit zusätzlichem Tagfahrlicht verstärken das aggressive Frontdesign mit langer Motorhaube zusätzlich. Besonders fein: Das Carbondach, das sich zum Heck hin verschmälert und zwischen den ausgestellten Radkästen die muskulöse Ausstrahlung des LC500 betont.
Randnotiz: Ich habe selten den Lack derart abgefeiert wie bei diesem Testwagen. Der Mehrschicht-Lack in Ozean Blau wirkt funkelnd, tiefgründig und elegant. Um das zu erreichen werden fünf Schichten aufgebracht und der Lack wird vier Mal eingebrannt. Nach jeder Schicht der Grundlackierung wird das Äussere des Fahrzeugs von Hand nass geschliffen. Die erreichte Tiefe und die Leuchtkraft wären mit traditionellen Lackierverfahren nicht möglich.
Die Rückleuchten sorgen mit einer Hologramm-ähnlichen Leuchtengrafik für eine interessante Tiefenwirkung. Die 21-Zoll-Felgen sind stattlich, wenn auch für meine Verhältnisse etwas zu glänzend. Allgemein wirkt das Fahrzeug mit seinen wilden Formen und futuristischen Linien wie ein Realität gewordenes Konzeptauto. Herrlich!
Auch innen fühlt man sich wohl. Sehr wohl. Die Sitze sind fantastisch, gleichermassen langstreckentauglich wie mit Seitenhalt verwöhnend. Die verwendeten Materialien sind vorzüglich, vom Leder-Schalthebel über Magnesium-Schaltwippen bis hin zu handverlegten Nähten. Einzig der Blinkerhebel wirkt, im Vergleich zu anderen Premiumherstellern, etwas unterdurchschnittlich.
Überdurchschnittlich ist dafür die Mark Levinson Audioanlage, die schon bei moderater Lautstärke den Innenraum mit einem leidenschaftlichen Klangvolumen füllt, wie es kaum eine andere Audioanlage schafft. Doch es gibt auch Grund zur Kritik beim Lexus.
Das Infotainment ist veraltet. Die Kartendarstellung wirkt wie aus dem Jahr 2010, die Menüs sind zu verschachtelt, die Bedienung über das Touchpad ist äusserst mühsam und unnötig ablenkend.
Andererseits schafft Lexus es allerdings, die Sitzklimatisierung basierend auf der Körpertemperatur automatisch an- oder auszuschalten. Solche Funktionen zeigen doch, dass Innovation und der Drang zur Perfektion in dieses Fahrzeug eingeflossen sind. Doch warum ist dann die Multimedia-Oberfläche wie von Vorgestern?
Was bleibt also?
Der LC 500 hat uns
tief beeindruckt. Er schafft sich eine extrovertierte Nische zwischen
Sportwagen und GT-Sportler. Wir verleihen ihm die OneMoreLap-Auszeichnung:
«Exotischer Geheimtipp», die er durch seinen fantastischen Motor, die
futuristische Optik, die wunderbaren Materialien im Innenraum und das ehrliche
Fahrverhalten verdient hat. Wir wünschen uns mehr LC 500 in unserem langweiligen
Strassenbild.
Der Basispreis für den Lexus LC 500 Sport+ liegt bei CHF 132’400, unser Testwagen in “Ozean Blau” mit optionaler Ausstattung bei CHF 136’150. Der Verbrauch lag im sportlichen Schnitt bei 12.4 Liter / 100 km.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Ozean Blau, Leichtmetallfelgen 21″, geschmiedet, 2-Ton-Finish, Reifen R21 245/40 (vorne) und 275/35 (hinten)
Mehr Impressionen:
Danke Lexus…
Einmal ‚Feuer gefangen‘ ist man verliebt.
Ein Wagen welches bei mir seit dem Release immer wieder für ein schmunzeln sorgt. Dieses KFZ geht komplett gegen den Trend, den man Heute hat. EV, Hybrid, Sparsame Downsizing „Sportautos“, langweilige Designs und kommerzielle Fahrzeuge aus dem Hause VW, Skoda, Audi etc. lassen meine Welt düster aussehen und dennoch schafft Lexus bzw. Toyota, den „Auto-Enthusiast“ in mir zu entfachen und zaubert ein Wagen hin, welches in Echt noch krasser da steht als auf den Bildern!
@onemorelap-team –> Herzlichen Dank für diese Tolle Sonntagslektüre!
Super Grantourismo!!!
Hatte letzte Woche die Gelegenheit dieses faszinierende Auto Probe zu fahren. Noch nie hat mich ein Auto so sehr beeindruckt!!!! Erscheinungsbild des LC ist top, Interieur extrem hochwertig und der Motor ein Genuss, Getriebe und Fahrwerk einfach klasse. Die Probefahrt war ein super Erlebnis, cruisen oder sportlich auf der Landstraße – das ist purer Fahrspaß!!!!!