Ohne Kohle kein Karbondach! Los geht’s…
Da steht er nun vor uns in voller Grösse der Achttausendtonnen Bagger in Etzweiler bei Düren. Schon lange hatte ich den Punkt in Google Maps markiert und wollte mal den Kohletagebau bei Köln besuchen – Faszination in vielerlei Hinsicht: Grau, schwarz, dunkelbraun, massiver breiter und sehr langer tiefer Krater. Gigantismus! Dimensionen verschwinden ins unermesslich Grosse und Distanzen können bei diesem gewaltigen, von Menschenhand gemachten Loch nicht mehr ordentlich eingeschätzt werden. Das gigantische Schaufelrad kratzt sich langsam vorwärts, die gleichermassen gigantischen Förderbänder transportieren den Abraum in weite Ferne. Monströs, die Stahlraupen alleine schon so hoch wie ein Einfamilienhaus.
Selbst drehe ich mich schnell um 180 Grad – da steht SIE: Die Alpine A110s in Color Edition Farbe Jaune Tournesol, mit schwarzen Rädern, dunkel getönten Scheiben und Rückleuchten. Was für ein Kontrast. Die Brücke schlägt quasi die Option Karbondach: Weil ohne Kohle kein Karbon!
Ein paar Wochen zuvor waren wir mit einer super dezenten Alpine Légende GT auf der Route Napoléon bzw. der Route des Grandes Alpes unterwegs, einmal bis ans Mittelmeer dann schnell wieder heim, voll des Lobes wie immer – ja, die Alpine hat es uns angetan!
Doch alles der Reihe nach. Soll das hier eigentlich wieder ein Roadtrip mitsamt Bericht oder bloss ein Fahrerlebnisbericht werden? Das weiss ich leider auch nicht, nun, da ich zu schreiben beginne. Eigentlich liebe ich es planlos loszufahren aber planlos schreiben … Hmmm. Der Chefredakteur nennt dies: «Der Freiheit sind keine Grenzen gesetzt». Der Fotograf fährt jeweils so …
Es ist Freitag, die Arbeit getan, da erblicke ich sie: die gelbe Alpine, das Strässchen hoch zu mir nach Hause fahrend. Wow, klasse, das Alpine Jaune Tournesol! Ich tippe sofort den Garagentoröffner und lasse den Fotografen die Alpine drin parkieren. Bis ich mit Gepäck fürs Wochenende im Untergeschoss angekommen bin hat Martin sich schon selbst zusammengeklappt:-) und ist am Schrauben. Martin will die Sitze auf die tiefst mögliche Position setzen, was nicht mittels Sitzerverstellung, sondern bei den super-schönen aufpreispflichtigen Sabelt Sitzen eben nur mit Torx (TR) Nummer 30 geht. TR steht übrigens für die Sicherheitsvariante der Torxschrauben Tamper-Resistant, umgangssprachlich auch als Loch-Torx bezeichnet. Ja, das würde hier den Rahmen sprengen zu erklären, woher der Martin immer auch das passende Werkzeug zur Hand hat. Ebenso würde es den Rahmen sprengen seine Kommentare zur Verstellbarkeit hier wiederzugeben. Ein so schöner Sitz mit leider für grosse Menschen definitiv zu kurzer Sitzfläche. Wir wollen fahren, nicht schrauben und machen uns deshalb auf den Weg in den Schwarzwald. Heute geht’s einfach durch den Schwarzwald. Die Alpine und wir lieben die Gegend auch bei einsetzendem Feierabendverkehr, wir queren Freiburg im Breisgau und sind dann schnell in den Vogesen in Frankreich, wiederum am «Kurven düsen». Check, da wollte ich längst mal hin. Herrlich, die Alpine 110s wieder in ihrem Element zu erleben auf französischem Boden. Wir fahren diverse kleinere Pässe und geniessen Freitagabend spät mit abnehmendem Verkehr, freien Strassen und der genialen Alpine A110S. Persönlich mag ich das knackigere Fahrwerk der A110s viel lieber wie jenes der Légende GT, aber das ist eben reine Geschmackssache. Mit 292 PS in angegeben 4,4 Sekunden auf Hundert – glauben wir gerne. 320 NM und nur 1114kg Leergewicht nach DIN, ja, genau so muss das sein denn dies spürt man in jeder Kurve: Leichtigkeit und Agilität der Extraklasse.
Es ist schon gegen 20:30 Uhr, als sich die Tankanzeige respektive Restreichweite meldet und uns zur Orientierung Richtung Tankstelle im Umkreis auffordert. Auch immer schön, wie wenig sich die Alpine genehmigt bei doch richtig flotter Fahrweise, im Schnitt bloss 6.5 Liter auf hundert Kilometer. 95er ist aus an unserer Tanke – oh jeee. E10 wollen wir der Hübschen nicht antun und genehmigen uns Super Plus 98! Wir lassen es in die Dunkelheit hinein, dann eine weitere Stunde Richtung Offenburg richtig fliegen und das Automatik-Doppelkupplungsgetriebe mit 7 Gängen aus dem Hause Getrag die Gänge knallen. Nur ein erster halber Tag aber volle Freude mit der Alpine. Ich liebe diese Art vom grossartigem, zügigem Reisen. Angekommen im Hotel sind wir «letzte» – Letzter Parkplatz. Beim gediegenem Abendessen geht genau der Dialog um Légende GT oder eben 110s und die Sitze in die nächste Runde. Plötzlich will der Martin sogar Ablageflächen, Gepäcknetze oder Handschuhfach vermissen. Ne, ne, ne, es ist gut so wie es ist und die Alpine macht genau das aus. Diese Sorte intensives Sportwagengefühl ohne Wenn und Aber, dank ultimativem Handling und halt, ja, anspruchsvollem Design ohne die Ablagen. Empfehlung für die Location. Sehr chic gemacht, tolles Personal und feine Küche. Wir stossen im Hotel Liberty Offenburg, einer ehemaligen Justizvollzugsanstalt in Offenburg, an auf dass wir nie im echten Knast laden auf Grund unserer – nein Martins – Fahrkünste und auf die Alpine Color Edition, was man übrigens nun nach Modelljahr 2020 eben neu in 2021 unter Atelier Alpine findet.
Neuer Tag, neue Kurven wollen wir fahren und machen uns wieder auf die Strecke von Offenburg rüber nach Frankreich und hoch auf die NOS. Genial und der Beleg für Liebe und Langlebigkeit zum Motor seitens der Alpine Konstrukteure: Im digitalen Display signalisiert der Drehzahlmesser beim Kaltstart den roten Bereich bis runter zu Dreitausend Umdrehungen pro Minute, was dann aber nach ein paar Minuten warm fahren schon erledigt ist. Die Nordschleife ist der 1927 eröffnete und älteste Teil der Rennstrecke Nürburgring in der Eifel. Volkstümlich wird sie oft „Der Ring“ oder „Die grüne Hölle“ genannt ho, ho, ho, «lass uns einfach paar Runden drehen, merkt eh niemand». Nein – tun wir natürlich nicht. Nicht heute und nicht mit der wunderschönen Leihgabe, weil nicht vorgesehen im Leihvertrag. Von wegen «keine Grenzen gesetzt»:-) Nach kurzem «Hallo sagen» zwischen “unserer” Alpine, ein paar GT3, einem M5 und AMG GT – allesamt Ring-Taxis – geht es weiter. Unser Ziel dieses Wochenende: der Übertageabbau von Kohle und die grossen Bagger bei Etzweiler. Eine Vorahnung, was davor noch passiert, könnten uns die vielen THW und Bundeswehrfahrzeuge am Ring geben, welche aktuell hier stationiert sind.
Die Fahrt für uns quasi direkt, ohne Planung, danke Google Maps durch ein Krisengebiet bei Ahrweiler vorbei. Keine Bilder, wir wollen keine Katastrophentouristen darstellen. Der pure Wahnsinn, die Verwüstung, welche leicht erahnen lässt, welchen Pegel hier Bäche und Flüsse vor paar Wochen hatten. Gleichermassen der Wahnsinn, was hier seit der Naturkatastrophe schon wieder alles von Menschenhand bewegt wurde im Rahmen der Aufräumarbeiten. Ein Wahnsinn, der leider noch lange andauern wird.
Bald wird die Gegend wirklich flach und Düren ist nicht mehr weit. Unsere erste Station ist der Indenmann, ein Aussichtsturm ,39 Meter hoch, nachts mit über 40.000 LEDs beleuchtet. Wir sind beide überwältigt von der Dimension. Nicht vom Turm, sondern von der Umgebung mit der gigantischen Abbaustelle und den grossen Baggern und beschliessen ein paar Bilder auch bei Lost Places hier in der Gegend zu schiessen … und finden prompt eine seit vielen Jahren unbenutzte Autobahn, welche im Rückbau befindlich ist. Trotz von Hochwasser verwüstetem Katastrophengebiet oder Übertagebau sei hier erwähnt: Immer wieder wunderbares Reiseland Deutschland! Strassen, Kurven, Hügel, Täler, ja, die Menschen und die zum Glück noch immer spürbare Verbundenheit zu Motoren und Perfektion im Automobilbau.
Für die Übernachtung in der Umgebung bietet sich Köln geradezu an. Wir geniessen eine Nacht direkt am Rhein um tags darauf nochmals ein paar Fotospots an der Abbaustelle zu machen und uns dann auch schon auf die Rückfahrt zu begeben. Zurück Richtung Schweiz aus der Region Köln her kommend, was bietet sich da anderes an als auch gleich ab Rastatt den nördlichen Schwarzwald zu erkunden, denn auf kurzen «ad hoc» Ausfahrten bleiben wir Schweizer doch meistens eher im Süden oder aber einfach gesagt untere Hälfte Schwarzwald. Das Wetter wechselt und es beginnt zu regnen, um auch dieses Kapitel abgeschlossen zu haben. Sehr gut verhält sich der Michelin Sport 4 (nicht 4s) auch bei Regen inklusive stehendem Wasser und harmoniert gut mit der Alpine A110s. Wir fahren via Freudenstadt und Schluchsee nach Bonndorf und fühlen uns auch schon bald wieder heimisch, spätestens als wir die Holzbrücke zum Überqueren des Rheines bei der Ortschaft Rheinau verwenden. Wie oft haben wir auf unserem Kurztrip wohl den Rhein überquert? Hmmm.
Was bleibt also?
Ohne Kohle kein Karbon. Versionspreis CHF 78’200.-, bzw. Preis Testfahrzeug CHF 81’895.- sind schon viel Kohle für einen Renner mit bloss 4 Zylindern und 1798 Kubikzentimetern Hubraum hören wir immer wieder von anderen Sportwagen begeisterten zu hören, was in Zuffenhausen beim 718 Cayman (Typ 982) aber genauso ist. Vier gewinnt? Der kleine Porsche genehmigt sich 6 Zehntel mehr im Autoquartett für den Paradespurt auf 100 Kilometer pro Stunde, hat dagegen mehr Platz in beiden Kofferräumen und kommt mit nochmals vielen weiteren alltagsfreundlichen Details daher. Aufgrund der kleinen Stückzahl und der in edlem Leichtmetall gefertigten Karosserie, das Gewicht auf ein Minimum reduziert (221 Kilogramm leichter als ein Cayman), kriegt man dafür bei der Alpine ein viel exklusiveres, weil halt auch selteneres und eben nicht progressiv gestyltes, tolles Spassgerät mit auch sehr guter Spreizung für einen immer gelungenen Auftritt. Für mich der kleinste Sportwagen da nur 1.798 Meter breit, aber mit höchsten Suchtpotential.
Im vierten Produktionsjahr befindlich würden der Alpine im Rahmen eines Facelifts ein paar technische Updates guttun. Alle, die mich bloss ein Bisschen kennen wissen, dass ich nie nach Assistenten schreie aber Totwinkelwarner in den Spiegeln, eventuell gar ein ACC, ein modernes, schnelleres Navi, Apple CarPlay und Android Auto plus und für den Martin auch zwei kleine Netztaschen im Beifahrer Fussraum, würden den Touren und besonders auch den Alltagsspass gleich nochmals erhöhen. Ach ja, wenn dann noch die Tasten am super-schönen und sonst perfekten Lenkrad beleuchtet wären, würden wir auch den Schalter zur Aktivierung des Tempomaten nicht mehr bemängeln. Im Alltag, wenn ich zur Arbeit fahre, würde ich gerne meinen Sakko hinter dem Sitz aufhängen, sprich diese zirka 9 Gramm für je ein Häkchen sollten auch noch drin liegen. Eine echte Fahrmaschine braucht das alles eigentlich nicht aber die Spreizung der Alpine welche definitiv für jeden Zweck und passenden Auftritt geeignet ist würden dieses Technikupgrade guttun. Sonst bemängeln wir nichts an der wiederum tollen Alpine! Einfach ein geniales Fahrgerät!