Der Infiniti Q50S Hybrid AWD will mit 364 PS, Hybrid und viel Assistenzsystemen das Revier um den 3er BMW auffrischen. Ich habe mir angeschaut, wie sich der Q50S von Nissans Edelmarke Infiniti im Alltag verhält.
Der Hybrid Infiniti ist mit seinem aggressiven, sehr eigenständigen Aussehen eine schöne Abwechslung zwischen den bekannten langweiligen Designthemen des Mittelklasse-Segments. Dank des Zero Lift Konzepts von Infiniti hat die Limousine einen ausgezeichneten Cw-Wert (Luftwiderstand) von 0,26.
Steigt man also ein und drückt den Startknopf, fährt man „intelligent“. Das behauptet zumindest Infiniti, die beim Q50S Hybrid auf einen Turbolader verzichten und dafür aber den Direct-Response-Hybridantrieb einbauen, welches den Motor intelligenter macht, indem der Hybrid genau dann einsetzt und ein Extra-Drehmoment verleiht, wenn er gebraucht wird. Daher setzt sich die maximale Leistung auch aus dem V6 Motor (302 PS) und dem Elektromotor (62 PS) zusammen und ergibt so kombiniert 364 PS (268 kW) und 350 Nm. Aus dem Stand braucht er, dank Allrad und 7-Gang-Automatikgetriebe, von 0 auf 100 km/h nur 5,1 Sekunden.
Das S im Namen verdient sich der Infiniti durch den sehr guten und linearen Antritt. Leider hat er, auch bei ausgeschaltetem ESP und deaktivierter Traktionskontrolle, wenig Interesse seine Kraft schon im Kurvenausgang auf die Strasse zu bringen, indem er früh abriegelt die Kraft erst wieder freigibt wenn die Vorderräder gerade stehen. Das Fahrwerk ist angenehm straff und vermittelt trotz serienmässiger Runflat-Bereifung ein gutes Feedback, wohl auch dank der steiferen Karosseriestruktur und den zahlreichen Aluminiumkomponenten.
Eine Weltpremiere feiert die Steer-by-Wire-Technologie, die beim Q50 zum ersten Mal in einem Serienauto eingesetzt wird. Wie Direct Adaptive Steering genau funktioniert und was es mit dem Triple-Mode-Backup auf sich hat, erkläre ich im eingebundenen Video oben.
Direct Adaptive Steering ist bei den Sport- und Hybrid-Versionen serienmässig und für alle Modelle optional im Rahmen des Lenkkomfort-Pakets erhältlich, das auch Active Lane Control umfasst.
Ich bin kein Fan von Assistenzsystemen, aber ich kann sagen, dass Active Lane Control ziemlich sicher das ausgereifteste Spurhaltesystem auf dem Markt ist. Der Grund dafür ist, dass es das einzige System ist, welches das Fahrzeug mit Hilfe der elektrischen Lenkung zwischen den Fahrbahnmarkierungen hält und nicht wie andere Systeme auf dem ESP basieren und die Fahrtrichtung durch entsprechende Bremseinwirkung auf einer Seite verändern.
Zusammen mit dem adaptiven Tempomat, kommt das schon sehr nahe an einen Autopilot, was Blogger aus Österreich mal mit einem gewagten Video unter Beweis gestellt haben.
Ab 1:15 Min. wird es spektakulär:
Doch damit nicht genug, im Q50S kommen noch mehr Sicherheitssysteme zum Einsatz. Wir hätten da zum Beispiel noch das „Predictive Forward Collision Warning“, welches nicht nur Geschwindigkeit und Abstand des vorausfahrenden Fahrzeugs überwacht, sondern auch das von dessen Vordermann.
Oder den „Intelligent Brake Assist Plus“, eine Querstabilitätsregelung (Lateral Stability Enhancement), eine aktive Spursteuerung (Active Trace Control), eine Heckaufprall-Vermeidung (Back-up Collision Intervention, nur mit Automatikgetriebe), ein Fernlichtassistent (High Beam Assistant), der Around View Monitor, jetzt mit Moving Object Detection, Intelligent Cruise Control über den gesamten Geschwindigkeitsbereich, das Abstandsregelsystem Distance Control Assist, ein Toter-Winkel-Assistent mit Toter-Winkel-Warnsystem (Blind Spot Warning und Blind Spot Intervention) sowie der Notbremsassistent (Forward Collision Avoidance Assist).
Im Innenraum trumpft der Japaner mit einer natürlichen Eleganz und sehr guter Verarbeitung auf. Das Platzangebot ist gut und die Sitze, die basierend auf Erkenntnissen der NASA entwickelt worden sind, bieten sehr guten Langstreckenkomfort. Leider lässt sich beim Hybridmodell aufgrund der Batterien, die Rückbank nicht umlegen. Wer Benzin sparen will, muss leiden.
Sehr gut gefällt mir der Fahrmodus-Wahlschalter, mit welchem sich die Fahrmodi Standard, Sport, Eco, Snow (nur bei Automatikmodellen) und Personal einstellen lassen.
Innovation zeigt Infiniti auch im Innenraum mit gleich zwei Touchscreens, die so für ein wesentlich aufgeräumteres Armaturenbrett sorgen, aber sich leider im Ansprechverhalten deutlich unterscheiden und sich in einigen Funktionen überkreuzen (Beispiel im eingebundenen Video oben) und so für Verwirrung sorgen. Der obere Bildschirm ist 8″ gross und zeigt im Normalmodus die Navigationskarte.
Der untere 7″-Bildschirm ist für die Anzeige der Zusatzsysteme wie Klimaanlage und Musiksystem zuständig. Ausserdem kann er Apps anzeigen, die vom Smartphone oder aus der App Garage von Infiniti geladen werden. Ähnlich wie bei MINI Connected wagt sich also ein weiterer Hersteller auf, meiner Meinung nach, gefährliches Terrain und gibt Apps wie Facebook, Twitter, Nachrichten, Sport, Reiseinfos und Wetterdaten auch während der Fahrt frei.
Mein Fazit? Mit dem Q50S Hybrid AWD hat Infiniti eine erfrischende Alternative zu den deutschen Mittelklasse-Stars BMW 3er, Audi A4 und Mercedes C-Klasse auf den Markt gebracht. Die Hybridversion macht Freude mit Fahrleistungen auf hohem Niveau und ist definitiv keine weitere langweilige Hybrid-Limousine, auch wenn die Version ohne Allrad noch mehr Dynamik bieten dürfte.
Der Verbrauch bei sportlicher Fahrt lag bei mir durchschnittlich bei 9 Liter Super. Bei gemütlicher Fahrt sind übrigens auch 7,5 Liter machbar. Der Grundpreis für den Infiniti Q50 liegt bei 46’644 CHF, das Testfahrzeug mit Hybrid, Allrad und weiterer Sonderausstattung liegt bei 82’753 CHF.