Der Seat Leon ST Cupra 280 ist mit einer Rundenzeit von 7:58 Minuten der offiziell schnellste Kombi auf der Nürburgring-Nordschleife, doch punktet er auch mit Emotionen und Fahrspass neben der Rennstrecke? Wir haben uns das in unserem Test genauer angeschaut.
„Emocion red“, Handschaltung und 280 PS. Drei Zutaten für eine gelungene spanische Paella? Definitiv. Verfeinert mit dem „Performance Pack“ gehen wir doch gerne auf eine Ausfahrt. Also mitkommen und anschnallen.
Es ist acht Uhr abends. Ein trockener aber windiger Novembertag. Das 2.0 TSI-Triebwerk erwacht leicht brummend zum Leben. Erster Gang einlegen und los. Die Schaltung ist exakt, will aber mit etwas Kraftaufwand geführt werden. Genau richtig in einem Sportwagen. Sportwagen? Dazu später mehr. Also raus aus der Stadt, Staatsgrenze überqueren, einsame, kurvige Landstrassen liegen vor mir. Fahrprofil in den Cupra Modus, ESP deaktivieren und los.
Der Cupra lässt sich erstaunlich neutral durch die Kurven bewegen. Das hilft dem Auto vertrauen zu können. Ja, Vertrauen ist wichtig, denn im Grenzbereich muss man genau wissen wie sich der Spanier verhält. Nervös wie ein Stierkämpfer oder abgeklärt wie Carlos Sainz Sr.? Erstaunlicherweise neutral, sehr neutral. Untersteuern ist ihm fremd, Übersteuern ebenso. Je länger ich fahre, bin ich erstaunt. Trotz Winterreifen sehr viel Traktion, genügend Rückmeldung von Lenkung und Getriebe. Jede Kurve, jeder Schaltvorgang, jeder Lenkbefehl exakt und direkt. Herrlich.
Das Datenblatt verrät: Der CUPRA 280 benötigt aus dem Stand auf Tempo 100 gerade mal 6,1 Sekunden mit Handschaltung. Beim optionalen DSG-Getriebe lässt sich das sogar auf 6,0 Sekunden verringern. Die abgeriegelte Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h. Grund dafür sind die 350 Nm Drehmoment in einem extra breiten Drehzahlband von 1’750 bis 5’600 Touren.
Zeit für einen Aussencheck. Die langgestreckte Silhouette der ST-, also Kombiversion, passt perfekt zu den sportlichen, 19-Zoll grossen Rädern. Die Front mit grossen Lufteinlässen und Voll-LED-Scheinwerfern
wirkt sportlich futuristisch. Hinten wird ein Diffusor angedeutet und die beiden ovalen Endrohren zeigen Kennern das hier kein 1.2 TSI mit 86 PS verbaut ist. Der Farbton „Emocion red“ hat mich als erstes zwar an die Aussenfarbe der Fahrzeuge von Mobility-Carsharing erinnert, ist aber sehr photogen, wie man unschwer erkennen kann. Müsste ich eine Farbe wählen, würde ich mein Häkchen wohl bei „Dynamic Grey“ machen, da das für mich ideal zum Charakter vom Fahrzeug passt.
Warum? Weil der Seat Leon ST Cupra 280 ein König des Understatements ist. Kein Möchtegern-Krawallbruder mit peinlichen Bling-Bling-Rotorfelgen oder grauenhaft übertrainierten Proportionen wie der Konkurrent aus Rüsselsheim, nein, der Leon bleibt zurückhaltend und unauffällig. Auch mit dem optionalen Performance Packs, Vierkolben-High-Performance-Bremsanlage von Brembo mit gelochten Bremsscheiben sowie seitlichen Schwellerleisten, ist er noch immer ein spanischer Wolf im Schafspelz. Äusserst sympathisch.
Fehlen Emotionen? Jein. Der Sound-Generator gibt zwar im Cupra Modus alles, doch durch künstliches Dröhnen im Innenraum kommen keine Emotionen auf. Die Emotionen kommen hingegen von der erstklassigen Handschaltung, der Lenkpräzision, Neutralität und der Rückmeldung in allen Lebenslagen. Dazu kommt die „Wolf im Schafspelz“-Mentalität die ich vorher schon angesprochen habe. Trotzdem steht fest: Im Mégane R.S. waren mehr Emotionen im Spiel, die Fahrt war prägender, positiv wie negativ.
Weiter in unserer abendlichen Fahrt durch den Hegau. Langweilige Bundesstrassen stehen an. Also Fahrmodischalter auf Komfort und schon nimmt, neben Lenkung, Motoransprechverhalten, Differentialsperre und adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC), die adaptive Fahrwerksregelung DCC etwas Schwung und vor allem Härte aus der Gangart des Spaniers. Langstreckenkomfort ist also da, logischerweise nicht vergleichbar mit einem Audi A6 und Luftfahrwerk aber wesentlich höher als in einem Mégane R.S. der zwar noch einen Hauch schneller war auf der Nordschleife aber den Passagier dafür in der Anreise zur Rennstrecke mit knüppelhartem Fahrwerk abstraft. Obwohl wir bei OneMoreLap.com sonst nie über „geteilt umklappbare Rückbank“ oder „Kofferraumvolumen“ sprechen, finde ich erwähnenswert, dass ein #Under8 Fahrzeug einen 587 Liter grossen Kofferraum mit sich bringt, der sich bis auf 1‘470 Liter vergrössern lässt. Also könnte man quasi je einen Satz Regenreifen und Semi-Slicks an die Rennstrecke mitnehmen. Versucht das mal mit einem Mégane R.S…
Innen verhält sich der Cupra zurückhaltend. Eine makellose Verarbeitung trifft auf viel Plastik. Etwas zu viel für meinen Geschmack. Ein schönes Detail sind die LEDs in den Türpaneelen, die weiss leuchten, aber im Fahrmodus „Cupra“ auf rot wechseln. Die Sportsitze bieten guten Seitenhalt, trotzdem wären die optionalen Schalensitze meine Wahl. Das optionale Seat Media System mit DAB+, Navigationssystem, Bluetooth wird wahlweise über das Multifunktionslenkrad oder über den 6.5″ grossen Touchscreen gesteuert. Leider funktioniert die Musikwiedergabe vom iPhone (Version 6) nicht über Plug & Play mit einem Apple Lightning Kabel, sondern nur wenn man die Option Seat FullLink dazu bestellt und dann das Apple CarPlay App installiert. Mühsam.
Das Fazit gibt es im eingebundenen Video oben. Der Seat Leon ST Cupra 280 beginnt bei CHF 43’150, der Preis des Testwagens liegt inklusive der optionalen Ausstattung bei CHF 51’860. Verbraucht habe ich im Schnitt 8,9 Liter bei sportlicher Fahrweise.
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