Manchmal kriegt man im Leben nicht genau das, was man sich erhofft und wird trotzdem glücklich. Ganz ähnlich war das beim Audi TT quattro S tronic Test. Eigentlich war ein hübscher Audi TTS in unschuldigem Weiss für mich reserviert worden, doch leider wurde dieser, wenige Tage vor meinem Abholdatum so übel zugerichtet, dass ich mich „nur“ mit einem TT 2.0 TFSI S tronic zufrieden geben musste. Dieser überrascht jedoch mit vollem S-Line Trim und meiner Lieblingsaudi-Farbe, dem schon aus dem Audi A6 Fahrbericht bekannten Daytonagrau.
Wer auch immer dieses Fahrzeug konfiguriert hat, man sollte ihm oder ihr gratulieren. Volle Hütte haben zwar die meisten Pressetestfahrzeuge, allerdings geben die 20 Zoll Audi Sport Felgen in Verbindung mit dem S-Line Exterieurpaket und dem Paket „Schwarz Audi exclusive“ dem TT einen Touch von einem Audi RS Modell. Gefällt wahnsinnig gut. Auch wenn wir uns nun mal diese optionale Schminke wegdenken, ist der TT zwar etwas braver, aber noch weit weg von den weichgespülten Formen von den Konzernbrüder A3 und Golf, mit denen er sich dieselbe Bodengruppe (MQB, modularer Querbaukasten) teilt. Die einzigartige Form ist im Vergleich zum Vorgänger etwas weniger rund und weniger symmetrisch. Insgesamt wirkt er weniger verspielt und mehr fokussiert. Ein gutes Beispiel dafür sind die flachen Scheinwerfer, optional mit LED-Matrix-Technik, die dem Gesicht des neuen TT einen energischen, fast schon bösen Blick geben. Die LED-Matrix-Scheinwerfer erkennt man am Blinker, der in die jeweilige Richtung, die der Fahrer anzeigen will, von innen nach aussen wischt.
Das Kurvenlicht schwenkt den Lichtkegel schon vor dem Lenkeinschlag anhand der Navigationsdaten in die Kurve. Das Fernlicht entfaltet sich wie ein Theatervorhang und die Technologie erkennt entgegenkommende Fahrzeuge und blendet diese geschickt aus, so dass wir das Fernlicht nicht zurücknehmen müssen und trotzdem niemand geblendet wird. Das funktioniert alles so hervorragend, wunderschön und flüssig, dass keine Zweifel aufkommen, ob Audi noch Marktführer in innovativer Lichttechnik ist. Phrasen wie „Herr der Lichter“ erspare ich euch an dieser Stelle. Die neuen Heckleuchten erinnern stark an den ersten R8 und sorgen zusammen mit der zweiflutigen Abgasanlage (wie beim Ur-TT) für ein hübsches Heck. Auffallend ist die dritte Bremsleuchte, die als extrem schmaler Streifen unter der Kante des Heckspoilers angebracht ist und perfekt mit den Audi Matrix LED-Rückleuchten harmoniert. Natürlich darf auch der TT-typische Spoiler nicht fehlen, der bei einer Geschwindigkeit von 120 km/h ausfährt und sowohl den Luftwiderstand als auch den Abtrieb verbessert.
Also rein, Startknopf drücken und das 2.0 TFSI Triebwerk erwachen lassen. Das optionale S tronic DSG-Getriebe in D und los. Doch halt. Wo bitte kann man den ungemein künstlichen Möchtegern-V8 Sound ausschalten? Dank Audi Drive Select (optional: aber unbedingt dazu kaufen!) ist das problemlos möglich. Das 2 Liter Aggregat hat durchaus einen guten Klang. Sauber und in der richtigen Lautstärke, innen wie aussen. Mit offenem Fenster kann man sogar den Turbo zischen hören. Herrlich. Da stellt sich umso mehr die Frage, warum man bei Audi versucht, ein künstliches Sound-Konstrukt zu modulieren, wo es doch gar nicht nötig wäre. Die Fahrleistungen hingegen sind überaus gut. Im Audi TT entwickelt, der aus dem VW Golf 7 GTI Performance bekannte, 2.0 TFSI Motor 230 PS und 370 Nm Drehmoment. Er beschleunigt das Coupé mit Sechsgang S tronic und dem Allradantrieb quattro in 5,3 Sekunden auf 100 km/h und rennt bis 250 km/h Höchstgeschwindigkeit. Nachmessungen mit einem geeichten GPS Tracker haben sogar bestätigt, dass der Testwagen besonders gut im Futter steht. Bei 2 von 3 Versuchen, trotz zwei Insassen und fast vollem Tank, blieb die Zeit unter 5,3 Sekunden.
Schlupf kennt der TT dank Quattro dabei nicht. Egal ob aus dem Stand oder aus Kurven, die 370 Nm werden geschickt an die vier Räder verteilt. In Kurven offenbart sich dann die wahre Verbesserung im Vergleich zum Vorgänger TT 8J. Auch als TT RS hat dieser, in jeder Lebenslage, nicht mit grosszügigem Untersteuern gespart. Diese Zeiten sind zum Glück vorbei. Direkt lenkt der TT in Kurven ein und lässt sich wie an einem Faden wieder herausziehen. Schnell, sauber aber unspektakulär. Die Andeutung von einem Hauch an Übersteuern durch das Sportdifferential, wie im A6 3.0 TDI, hat mir hier etwas gefehlt. S-Line macht halt aus TT noch nicht TTS. Schnell ist man trotzdem. Die S tronic harmoniert sehr angenehm mit dem Motor, sie schaltet schnell und versucht die Launen des Fahrers früh zu erkennen. Schade darf sie im M-Modus nicht in den Begrenzer knallen, sondern schaltet auch dann selbstständig hoch. Traut Audi dem „Durchschnitts-TT-Fahrer“ das nicht zu? Auf der anderen Seite darf der TT-Pilot nun endlich die elektronische Stabilisierungskontrolle ESC, teilweise oder auch vollständig abschalten. Bis vor kurzem war das noch ein rotes Tuch im VW-Konzern. Man scheint uns erhört zu haben.
Innen dreht sich alles um das von Grund auf neu entwickelte Bedienkonzept. Anstelle der herkömmlichen Analoganzeigen für Tacho und Drehzahlmesser hat der TT das Audi virtual cockpit an Bord. Es vereint Bordcomputer, Infotainment-Bildschirm und Tachoeinheit in einem volldigitalen Kombiinstrument. Die Auflösung und die intensiven Farben erinnern an ein Retina Display von der Marke mit dem angebissenen Apfel. Die Grösse von Tacho und Drehzahlmesser lässt sich in zwei Schritten anpassen, so bleibt viel Platz für andere Funktionen – wie die Navigationskarte, die Musik, den Bordcomputer und vieles mehr. Die meiste Zeit kann man das virtual Cockpit über die Tasten am Lenkrad bedienen. Zusätzlich gibt es noch ein „MMI-Terminal“, das sehr stark an den BMW iDrive Knauf erinnert und zusammen mit Kipptasten für Schnellzugriffe wie Navigation / Karte, Telefon, Radio und Media die Bedienung vervollständigt. Das MMI -Terminal ist gleichzeitig ein Touchpad, welches die Handschrift erkennt und so die Zieleingabe zum Kinderspiel macht. Natürlich kann man auch, ähnlich wie bei einem Smartphone, durch Listen scrollen und sehr flüssig über die Navigationskarte schweben. Im Alltag funktioniert das sehr ausgereift und nach einer kurzen Einarbeitungszeit findet man sich erstaunlich gut zurecht. Die Zieleingabe für Navigationsziele funktioniert sehr intuitiv, da sich das System während der Eingabe nicht nur auf einzelne Attribute wie Strasse, Ort oder Postleitzahl fokussiert, sondern auch gleich Hotels, Restaurants und weitere POI’s absucht. Sehr gelungen.
Die Verarbeitung im Innenraum ist Audi-typisch auf höchstem Niveau. Alle Materialen wirken hochwertig und man spürt ein Gefühl von Luxus beim anfassen der einzelnen Bedienelemente. Leider gibt es ergonomisch einzelne Abstriche. Das Gaspedal ist zu weit rechts positioniert, so dass man oft mit dem rechten Bein an der Mittelkonsole ansteht und so in einer relativ unbequemen Körperhaltung endet. Weiter ist die Mittelarmlehne für lange Strecken etwas zu kurz geraten. Grosses Lob verdienen die S-Line Sportsitze, die den Fahrer wunderbar festhalten und guten Komfort bieten. Das optionale Bang & Olufsen Soundsystem sorgt, dank 14-Kanal-Verstärker und zwölf Lautsprechern, für Beschallung in bester Qualität.
Das Fazit gibt es im eingebundenen Video oben, mein Testverbrauch lag bei 7,8 Liter per 100km. Der Testwagen kostet inklusive der optionalen Ausstattung CHF 79’210, der Basispreis liegt bei CHF 56’300.
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Wenn das Nardograu ist dann wird der A6 nicht Daytonagrau sein.
Beide sind Daytonagrau und keiner Nardograu.
Just my five cent’s.
Hi Mike, gut erkannt beim A6 sprechen wir ja auch von Daytonagrau. Vielen Dank für deinen Hinweis, ich habe das im TT Artikel direkt angepasst.
Spannender Fahrbericht zum Audi TT Quattro S Tronic. Ich glaube er kann locker mit einem Alfa-Romeo oder Mercedes mithalten. Selbst wenn es sich um einen Alfa-Romeo Giulietta QV handelt, wird der Audi TT Quattro den Alfa abhängen. Hingegen ein Mercedes-Benz wird wohl nicht einholbar sein.