Takumi. Nie gehört? Machts nichts, denn es lässt sich erleben – im Lexus RC F. Wir haben die neue Track Edition zwei Wochen und über 4.000 Kilometer auf Herz und Nieren getestet. Fahrbericht.
Sonntag, 05.45 Uhr morgens. Es sind die Knöpfe, die Freude machen. Weniger am Hemd, schon eher an der Espresso Maschine aber einer ganz besonders: rechts vom Lenkrad. Er ist der Initiator – des Ansaugens, des Verdichtens und der Zündung des Kraftstoff-Luft-Gemischs, kurz vor dem oberen Totpunkt. Einen Funken später brüllt uns das Triebwerk des RC F an. Kein neoökologischer Active-Hybrid mit Zylinderabschaltung, kein dreifach aufgeladener Vierzylinder mit dem Hubraum einer Packung Biomilch. Nein, es ist „was Richtiges“. 5.0 Liter V8. Sauger. Handmade.
Den RC F kennen wir seit 2015, nun hat Lexus in diesem Jahr die „Track Edition“ nachgeschoben, die den Fokus noch stärker auf reine Performance legen soll. Prinzip: Weniger gleich Mehr.
Der Motor leistet 341 kw (464 PS), drückt 520 NM Drehmoment und sprintet mit Hilfe der Launch Control in 4.5 Sekunden auf 100 km/h. Von Aussen schwer zu übersehen: aerodynamische Optimierungen in Form von Carbon Spoilern an Front und Heck. Letzterer produziert bis zu 26 kg Abtrieb und reduziert gleichzeitig den Luftwiderstand durch Glättung von Turbulenzen.
Besonderes Augenmerk wurde auf die Reduktion des Gewichts gelegt, sodass im Vergleich zum regulären RC F zwischen 70 und 80 kg eingespart werden konnten. Allein durch die neue Kombination aus geschmiedeten Felgen (BBS 19 Zoll) und Carbon-Keramik Bremsen (Brembo) konnten die ungefederten Massen an der Vorderachse um 25 kg reduziert werden. Dach und Motorhaube sind gefertigt aus Karbonfaser und zu guter Letzt glänzt die Track Edition mit einer Auspuffanlage, die durch den Einsatz des Werkstoffs Titan das Gesamtpaket nicht nur optisch abrundet. Aber genug des Katalog Zitierens.
06.00 Uhr. Wir nähern uns dem Ende der Stadt, wechseln den Fahrmodus sanft von „Standard“ auf „Sport S“ und nehmen die erste Kurve. Das adaptive Fahrwerk tut seinen Job und gibt in Kombination mit dem auffallend verwindungsarmen Chassis ein direktes, sportliches Fahrgefühl. Die steiferen Buchsen für die hinteren Querlenker sowie die Lenkstangenhalterungen und optimierten Motorlager machen sich bemerkbar. Noch spritziger geht es im Modus „Sport S+“ zur Sache, die Schaltvorgänge sind kürzer, die Drehzahl höher, das Lenkgefühl straffer und die Assistenzsysteme nicht mehr ganz so aufmerksam. Der Gute-Laune Modus also.
Die Ledersitze bieten guten Seitenhalt, dürften jedoch noch ein wenig mehr zupacken. Auffallend ist zudem die zu hohe Sitzposition, sodass man ab Körpergrösse 1.90 selbst in tiefster Stellung schon mit den Haaren am Himmel kratzt. An Helmeinsatz auf der Rennstrecke gar nicht zu denken.
Die Karbon-Keramik Bremse ist sensationell, auf den Punkt und extrem bissig ohne jemals auch nur im Ansatz angestrengt zu wirken. Die 8-Gang Automatik könnte sportlich clever schalten, darf sie aber gerade nicht. Heute ist Manual-Sunday. Anbremsen, Dritter Gang, Zweiter, Bremse lösen, Einlenken, Scheitelpunkt, Gas, leichtes Ausbrechen am Heck. Prächtig schnalzt der RC F die Gänge durch, auch wenn sich die angegebenen 0.2 Sekunden einen Tick länger anfühlen. Das Trompeten des V8 tröstet schnell darüber hinweg. Facettenreich und ehrlich. Ansprechverhalten? Sensationell!
Schwungvoll nehmen wir die verbleibenden Kurven bis uns der sich anbahnende Stadtverkehr der nächsten City wieder im Griff hat. Wir wechseln in den „Eco“ Modus, nur um zu schauen ob es ihn wirklich gibt. Tatsächlich wird der potente Sportler nun zum GT. Er gleitet niedertourig durch den Stadtverkehr, unaufgeregt, ruhig und sanft.
Besonders beim Befahren unebener Abschnitte fällt auf: es ist still, sehr sogar. Kein Knarzen, kein Klappern, kein Geräuschhamster der am Saisonende unseren Werkstattmeister zum Verzweifeln bringen würde. Lexus hat das im Griff. Das Zauberwort lautet „Takumi“. Der Begriff beschreibt die Jahrhunderte alte japanische Tradition und Handwerkskunst, die durch Präzision, Leidenschaft und Können ein überdurchschnittliches Qualitätsniveau ermöglichen soll. So blicken Takumi Meister auf mindestens 30 Jahre und 60.000 Stunden Erfahrung zurück. Zeit die sich ausgezahlt hat, die Verarbeitungsqualität im RC F ist 1A.
06.45 Uhr. Vom Stau gelangweilt scrollen wir die DAB Liste durch, geniessen die fantastische HiFi-Anlage aus dem Hause Mark Levinson, die auch Audio-Legasthenikern ein verstohlen-euphorisches Schmunzeln entlocken dürfte und ärgern uns über die hakelige und ineffiziente Bedienung via Touchpanel. Generell macht es einem Lexus in Sachen technischer Finessen nicht leicht. Der Spurhalteassistent spielt eher Lane-Pingpong anstatt ein wirklich rundes Fahren zu ermöglichen, über die Unzulänglichkeiten der Tempomat Funktion könnten ganze Artikel geschrieben werden und von der Qualität und Funktionalität des Navigationssystems fangen wir besser gar nicht erst an. Den Infotainment Preis gewinnt der RC F also nicht.
07.00 Uhr, Zeit für einen Stopp im Lieblings Café. Was hätten wir uns gewünscht? Eine Entscheidung. Die Track Edition versucht sowohl GT, als auch Tracktool zu sein. Wenn schon auf die Sitzheizung verzichtet wird (man kann sie nicht bestellen) würden wir lieber in einer Carbon Schale Platz nehmen, durch den Rückspiegel auf einen Clubsportkäfig anstatt rotes Rückbankleder schauen und die verunsicherten Blicke des Beifahrers wahrnehmen, wenn er die Füsse um den am Boden fixierten Feuerlöscher schlängeln muss.
07.35 Uhr, wir sitzen wieder im Wagen, erhöhter Koffeinanteil im Blut. Der RC F Track Edition ist also kein Infotainment Champ, kein Tracktool und irgendwie auch kein richtiger Luxus-GT.
Was bleibt also?
Es ist das schöne Gefühl zu Können, aber nicht zu Müssen. Es ist der Purismus, der den Hersteller dazu veranlasst hat auf die gängelnde Start/Stopp Funktion zu verzichten, die japanisch zurückhaltende Art keine pubertäre Krawallbüchse zu bauen und die Wahrnehmung einer tief verwurzelten Haltung ein Produkt herzustellen das höchsten qualitativen Ansprüchen genügen muss.
Und eines ganz besonders: Die Faszination, dass Lexus den Mut hatte mit dem 5.0 Liter V8 Saugmotor eine aussterbende Rasse hochemotionaler Aggregate in einem modernen GT zu verbauen.
07.40 Uhr: Wir starten den Motor, rollen langsam vom Parkplatz und steuern den alten Gotthardpass an. Den muss man nicht nehmen um nach Rom zu kommen.
Aber man kann.
Angaben zu Verbrauch & Preis
Wir haben im Schnitt 12.8 Liter / 100 km verbraucht, bei Bedarf sind aber Verbräuche von 9.5 Litern möglich (Autobahn, Schweiz). Der Basispreis für den Lexus RC F Track Edition liegt bei CHF 124’300, unser Testwagen in Nova Weiss lag mit optionaler Ausstattung bei CHF 128’800. Lexus bietet schweizer Kunden eine 3-jährige Garantie (max. 100’000 km) und 10 Jahre gratis Service (max. 100’000 km).
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp:
Nova Weiss mit optionalem Safety-Multimedia-Paket. Die Track Edition bietet keine Wahloptionen hinsichtlich Felgendesign und Innenraum.
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