Warmer Sommerabend. Entriegeln, kurze Lichtsequenz. Rein in das John Cooper Works Cabrio. Das Lenkrad liegt satt in der Hand, der Motor startet über den Dreh an einem Schlüssel-ähnlichen Drehknopf in der Mittelkonsole. Erste Kurve, der Punch kommt ohne Zögern, fein dosierbar über das rechte Pedal. Oben ohne hörst du bei spontaner Gaswegnahme ein amüsantes Turbozischen, ganz kurz, ganz echt. Von hinten bollert es, wenn auch nur künstlich. Mit guten Erinnerungen an meinen MINI John Cooper Works R56 von 2011 bis 2017, durchwegs modifiziert und daraus resultierendem Countryman John Cooper Works F60 mit 306 PS seit 2024, würde ich mich. alsMINI John Cooper Works Enthusiasten bezeichnen und schaue dem F67 entsprechend sehr genau auf die Finger. Los geht’s.
Bietet das MINI John Cooper Works Cabrio genug Krawall, um zu begeistern?
Unter der Haube arbeitet der 2.0-Liter Vierzylinder mit 231 PS und 380 Newtonmeter, gekoppelt an eine 7-Gang Doppelkupplung mit Paddles. 0 bis 100 in 6,4 Sekunden, Spitze 245 km/h. Die Doppelkupplung passt hervorragend zum MINI und deutlich besser als noch das 8-Gang-Aisin-Getriebe aus der F-Generation. Das fühlt sich auf der Strasse nach sauberem, sofort verfügbarem Schub an – die Beschleunigung fast schon elektro-mässig ohne Zugunterbrechung.
Einlenken – super. Lenkverhalten in der Mitte der Kurve – super. Leichtes Zerren beim Kurvenausgang unter viel Last – ja, bitte bei einem John Cooper Works. Kommen Unebenheiten federt die Vorderachse gut an, die Hinterachse poltert hart nach. Vor allem im Rebound schickt sie kurze, kantige Impulse in den Innenraum, warum das nötig ist und warum MINI die adaptiven Dämpfer gestrichen hat, wissen wir nicht. Positiv: die Bremse. Fester Druckpunkt, lineare Dosierung, standfest auch nach mehreren harten Bremsungen. So muss das sein.

Wie echt ist der Sound, wenn die Sonne scheint und das Dach offen ist?
Wie bei einer modifizierte Ansaugung zischt und pfeifft es bei offenem Dach fröhlich vor sich hin – wunderbar. Das lässt einem schön mit dem Gas spielen, weil besonders in den oberen Gängen, wenn man kurz Drehmoment aufbauen lässt, kann man das Zischen schön provozieren – das bringt eine Art von Verspieltheit, die den MINI seit Generationen ausmacht.
Der Auspuffsound von diesem kümmerlichen 1-Rohr-Endrohr ist nicht erwähnenswert. Einzig im Sportmodus wird eine Bassnote, sowie künstliches Bollern über die Lautsprecher eingespielt. Bleiben wir doch gerade beim merkwürdigen Endrohr..



Woran erkennt man heute noch den echten JCW auf den ersten Blick?
Ausschliesslich am einzelnen Auspuffrohr. Alle anderen Modelle, egal ob Verbrenner oder Benziner haben gar kein Endrohr – nur der John Cooper Works hat noch eines. Und genau das wirkt optisch etwas merkwürdig. Vor allem, weil man selbst bei der kleinsten Leistungsstufe “MINI Cooper C” das JCW Trim buchen kann, was bis auf dieses Endrohr die gleichen JCW Embleme, Exterieur, Felgen und Interieur mitbringt. Das verwässert das Alleinstellungsmerkmal der Topmotorisierung doch stark.
Ich mag Abstufungen wie M oder darunter M Performance sehr, aber dem Topmodell die Exklusivität zu nehmen, ist der falsche Weg. Ein BMW 318i Touring bekommt ja auch nicht plötzlich das Bodykit eines M3 Tourings – warum wird den die John Cooper Works Marke derart ausverkauft? Schade drum.






Wie gut ist das offene Fahren im Alltag wirklich?
Sehr gut. Dach auf in rund 18 Sekunden, auch während der Fahrt bis 30 km/h. Teilöffnung wie ein Schiebedach auf etwa 40 Zentimeter, jederzeit und bei jeder Geschwindigkeit nutzbar. Das wunderbare Dach mit britischem Union Jack ist weiterhin erhältlich und wäre für mich ein Must-Have. Mit Windschott bleibt es sehr entspannt, ohne wird es ab etwa 100 km/h windig. Genau so soll ein Kompakt-Cabrio sein. Der Always-Open-Timer im OLED erinnert dich später daran, dass «nur kurz raus» dann doch drei Sonnenstunden wurden. C’est la vie.
Ist der F67 ein neuer Wurf oder die gepflegte Evolution?
Er fühlt sich wie eine sehr sorgfältige Weiterentwicklung an. Codeseitig heisst das Cabrio F67, die neuen Elektro-MINIs tragen J, optisch rückt von der Front und Seite an die J-Generation heran, vergessen wurde jedoch das Heck. Hier bleibt er durch und durch F57. Interessant und irgendwie verrückt. Warum entschliesst man sich, beim neuen Modell Front, Seite, Interieur zu modernisieren, hat dann aber beim Heck plötzlich die Idee, das alte Design ausschliesslich beim Cabrio beizubehalten? Verrückte Zeiten in der Autoindustrie..

Welche Geschichte erzählt die Farbe unseres Exemplars?
British Racing Green ist bei MINI mehr als ein Lackton, es ist in der DNA tief verwurzelt. Die Legende beginnt 1902 beim Gordon-Bennett-Cup: Weil in England damals ein 12 mph (etwa 20 km/h) Tempolimit galt, wich das Rennen nach Irland aus und die Briten lackierten ihre Wagen als Hommage grün. Den „einen“ Ton gibt es bis heute nicht; British Racing Green lebt in Nuancen. Berühmt wurde es durch Jack Brabham, der 1959/60 im Cooper mit weissen Doppelstreifen Titel holte eng verknüpft mit John Cooper und den späteren Mini-Erfolgen der 60er. Seit 60 Jahren gehört das historisch-geprägte Dunkelgrün nun fix zur MINI-Palette, seit 2001 sogar in mehreren, heute etwas helleren und frischeren Abstufungen. Unser Cabrio trifft genau diesen sweet spot: satt, tief, mit einem leichten Metallikeffekt, der abends auf dem Feldweg noch einen Ton nachlegt. Rote JCW-Bremssättel dahinter, schwarzes Emblem, erwähntes Union Jack auf dem Dach – die perfekte MINI Konfiguration.







Innencheck. Ist die Ergonomie wirklich so gut, wie sie aussieht?
Ja. Und zwar nicht nur gut, sondern hervorragend. Du sitzt im Auto, nicht auf dem Auto. Sitz, Lenkrad, Armauflagen, Schaltwippen, die kleinen Drehräder am Lenkrad, die Haptik der Kippschalter, alles fühlt sich teurer an, als in dieser Klasse üblich. Dazu verspielte neue Gimmicks wie ein Textilband am Lenkrad, eine Art von Tupperdose ebenfalls mit Textilgriff in der Mittelkonsole, dasselbe Textilmuster auf dem Armaturenbrett mit darunter verborgener Ambientebeleuchtung – genau das sind die Details, die wir alle so lieben. Die Sitze sind aus schwarzem Kunstleder mit mehrfarbigen Textileinlässe im oberen Bereich und roten Akzentnähten – bieten tollen Seitenhalt, sind jedoch weit weg von Schalensitzen. Das runde OLED in der Mitte ist erfrischend, schnell, klar, ein echter Hingucker. Die sieben Experience Modes verändern Grafik, Licht und Klang, der Always-Open-Timer zählt gnadenlos deine Sonnenstunden. Das ist Spielerei, aber eine sympathische. Dank Head-Up-Display bin ich jedoch nicht gezwungen, meine Augen von der Strasse zu nehmen – das ist perfekt!




Verliert sich MINI mit dem neuen Interface in zu viel Generik?
Ein wenig. Die wechselnden User-Interfaces gefallen mir, doch sie sind mir zu wenig John Cooper Works. Der Go-Kart Mode (früher Sportmodus) passt zwar perfekt, ist aber nicht John Cooper Works exklusiv. Neben der Geschwindigkeit werden Drehmoment, abgerufene Leistung in kW sowie die aktuell auftretende g-Kraft angezeigt. Wer Lenkunterstützung, Innenraumsound oder Gasannahme fein justieren will, sucht zu tief in Untermenüs.
Alle Assistenten arbeiten sauber und entlasten beim Fahren, Parkieren und Rangieren. Zwölf Ultraschallsensoren und vier Surround-Kameras machen den Alltag einfacher, ohne zu grosse Bevormundung. Gefällt und wirkt sehr hochklassig, vorallem der aktive Spurhalteassistent.

Was hat mir diese Woche mit dem MINI gezeigt?
Dass ich so etwas wieder im Alltag fahren möchte – wirklich. Klein, direkt, mit allen Attributen von MINI, Feierabendrunde, zack – Spass. Aber: Ohne echten Auspuffklang und mit viel künstlichem Getöse aus den Lautsprechern fühlt sich der F67 akustisch schon halb elektrisch an. Dazu wurde die Handschaltung gestrichen – ein Debakel. Für den Benziner bleiben plötzlich erstaunlich wenige Pro-Argumente übrig. Ich würde jedoch eher zum geschlossenen 3-Türer greifen, da stimmt die Proportion hinten einfach mehr.

Ist die Differenzierung gross genug?
Nein, die Differenzierung ist zu klein. Der Cooper S federt einen Hauch nachgiebiger, sieht innen wie aussen mit dem JCW-Trim identisch aus, nur 0.4 Sekunden langsamer auf Tempo 100 und kommt leistungstechnisch immer näher an den JCW.
Was müsste MINI nachlegen?
Mehr Leistung (mindestens 250+ PS), echte Hardware-Unterscheidungsmerkmale (adaptive Dämpfer, Sperrdifferenzial, eigenständige Sitze/Bremsen), eine knackige 6-Gang-Handschaltung und vor allem: mechanischer Sound, nicht nur ein Mp3-File aus den Lautsprechern. Dann passt das JCW-Versprechen wieder.

Mein Fazit als MINI-Fan:
Der F67 JCW fährt präzise, fühlt sich hochwertig an und triggert sofort die «OneMoreLap»-Laune. Aber er differenziert sich zu wenig vom Cooper S und liefert zu wenig Emotionen. Fürs Herz ist er einen Hauch zu wenig scharf, fürs Hirn zu nah am günstigeren Bruder. Es tut mir weh, das zu schreiben, aber gerade weil ich MINI mag, erwarte ich vom John Cooper Works mehr.
Weitere Impressionen:









