Der Toyota GR Yaris ist ein Homologationsmodell und vielleicht die spannendste Neuheit für dieses Jahr. Warum? Das folgt jetzt.
Homologationsmodelle sind Fahrzeuge, die zur Erfüllung eines Wettbewerbsreglements in bestimmten Stückzahlen als Strassenmodelle produziert werden, meistens in Kleinserien und meistens mit grossem Kultpotenzial. Beispiele dafür sind der Audi Sport Quattro „der Kurze“ als Homologationsmodell zur Gruppe B, Mercedes-Benz 190E 2,5 16V Evo II, BMW M3 E30 Sport Evolution, VW Rallye Golf oder aus dem Hause Toyota auch der Celica GT-FOUR.
Nun also, im Jahre 2020 wo überall die Begriffe „Mildhybrid“, „PHEV“ und „Rekuperation“ durch die Automagazine geistern, lässt Toyota diese Bombe platzen. Wir sind richtig erfreut. Aber so richtig. Warum?
Als Homologationsmodell bildet der GR Yaris die Basis für die Entwicklung eines neuen WRC-Wettbewerbsfahrzeugs. Seit dem Wiedereinstieg in die Meisterschaft 2017 hat Toyota sowohl die Herstellerwertung im Jahr 2018, wie auch mit Ott Tänak die Fahrerwertung 2019 gewonnen.
Beginnen wir mit dem Motor: Der Motor des GR Yaris ist ein völlig neuer Dreizylinder-Turbomotor mit Rennsport-Technologien für maximale Performance, wie Öleinspritz-Kolbenkühlung, extragrosse Einlassventile und teilgefräster Ansaugstutzen. Aus 1618 cm3 holt das Triebwerk 261 PS und 360 Nm Drehmoment. Kompakt und leicht gebaut, verfügt der DOHC-12-Ventiler über einen kugelgelagerten Single-Scroll-Turbo und ist mit einem manuellen 6-Gang-Getriebe für hohe Drehmomente gekoppelt. Kein Doppelkupplungsgetriebe. Oh yeah!
Weiter geht es mit dem Allradantrieb. Richtig, ein Auto in der Grösse meines ehemaligen MINI John Cooper Works hat nun einen hecklastigen Allradantrieb. Verrückt und reizend zugleich. Das ausgeklügelte System verwendet leicht unterschiedliche Untersetzungen für die Vorder- und Hinterachse und ermöglicht theoretisch eine Drehmomentverteilung von 100:0 (reiner Frontantrieb) bis 0:100 (reiner Heckantrieb). Diese Flexibilität bringt einen deutlichen Vorteil gegenüber zuschaltbaren AWD-Systemen mit zwei Kupplungen wie auch gegenüber permanentem AWD mit Zentraldifferenzial. Das GR-FOUR System ist dazu noch wesentlich leichter im Gewicht.
Als Option im Circuit-Pack (Details unten) steuern zwei schlupfbegrenzende Torsen-Differenziale die Verteilung zwischen den linken und den rechten Rädern für ein optimal neutrales Fahrverhalten.
Vom Lenkrad aus lässt sich die Allrad-Charakteristik je nach Präferenz oder Fahrsituation mit einem Modus-Schalter einstellen. Im Normalmodus beträgt die Basis-Drehmomentverteilung vorn/hinten 60:40; im Sportmodus verschiebt sie sich mehr nach hinten, mit 30:70 für gesteigerte Agilität auf kurvenreichen Strecken; der Track Modus schliesslich verteilt die Kraft in der Basiseinstellung 50:50 für schnelles Fahren auf Rennstrecken oder Spezialetappen. In jedem Modus aber passt sich die Verteilung laufend automatisch an die Fahrerinputs, das Fahrzeugverhalten und die Fahrbahnverhältnisse an.
Auch die Bremsen des GR Yaris sind auf hohe Beanspruchung ausgelegt; dementsprechend sind vorn 356 mm grosse gelochte Scheiben mit vier Bremssätteln eingebaut – ein wärmefestes System, das den strengen Anforderungen schneller Rundstrecken- oder Rallye-Einsätzen genügt.
Ein günstiges Leistungsgewicht war ein entscheidendes Entwicklungsziel für die angestrebte Performance. Der Aufbau besteht vorwiegend aus Leichtbaumaterialien, wie einem neuartigen pressformbaren Kohlefaser-Polymer für das Dach. Aluminium gelangt für Motorhaube, Türen und Heckklappe zur Anwendung. So kommt der GR Yaris bei der Leistung wie in einer höheren Klasse auf ein Gewicht von lediglich 1280 kg. Mit dem resultierenden Leistungsgewicht von nur 4.9 kg/PS beschleunigt der GR Yaris in 5.5 sec von 0 auf 100 km/h; die Höchstgeschwindigkeit ist elektronisch auf 230 km/h begrenzt.
Das WRC-erfahrene Team von Ingenieuren und Designern bei Tommi Mäkinen Racing hat vor allem auf die Perfektionierung von Aerodynamik, Gewichtsverteilung und Leichtbau fokussiert – die drei Eigenschaften für beste Performance und Fahrbarkeit.
Eine niedrigere Dachlinie reduziert den Luftwiderstand, während der zurückversetzte Einbau des neuen 1.6 Turbomotors nahe dem Fahrzeugschwerpunkt und die Platzierung der Batterie im Kofferraum die Gewichtsverteilung und damit Agilität, Handling und Stabilität verbessern.
Die dreitürige Karosserie besteht aus Leichtbaumaterialien wie Kohlefaser-Polymer und Aluminium, was ein hervorragendes Leistungsgewicht bringt. Die neue Plattform ihrerseits ermöglicht eine breitere hintere Spur und eine neue Doppelquerlenker-Aufhängung. Verstärkungen unter den Längsträgern erlauben das volle Nutzen des Fahrwerkpotenzials. Um sicherzustellen, dass alles in der Praxis funktioniert wie vorgesehen, wurde der GR Yaris im Lauf der Entwicklung von professionellen Renn- und Rallyefahrern getestet.
Wie sich das fährt? Bestimmt gut, aber das wollen wir erst selbst testen. Für uns ist er die heisseste Neuheit von 2020, auch wenn da Fahrzeuge vom Kaliber eines RS 6 auf der Liste stehen. Wir mögen Hot Hatches und der GR Yaris hat das Zeug zum Über-Hatch. Preise sind noch keine kommuniziert worden, die Lancierung findet in der zweiten Hälfte von 2020 statt.