Es ist früh, zu früh für alles ausser einen guten Kaffee und eine leere Landstrasse. Der smart #5 Summit Edition steht noch feucht vom Nachtregen vor meiner Garage. Einsteigen, die drei Bildschirme wachen auf, am Lenkstock auf D schalten und der #5 Summit rollt los.
Als erstes den Elephant-in-the-Room: Seit wann baut Smart so grosse Autos? Nun, seit der Kooperation zwischen Mercedes und Geely ist smart nicht mehr der reine City Spezialist, sondern eine elektrische Submarke mit eigenem Designanspruch. Der #1 war der Start, der #3 die coupéhafte Variation, der #5 ist jetzt der Schritt in eine neue Grösse. Man merkt dem Auto an, dass es nicht einfach ein aufgeblasener #1 ist, sondern als eigenständige Baureihe gedacht wurde. Bald soll ein #2 wieder etwas kleiner werden..
Eigentlich war dieser Test für unseren sportlichen Elektro Subblog Elektrosportwagen.ch geplant. Geplant war auch ein #5 Brabus, also die würzige Variante mit dem passenden Anspruch. Stattdessen steht nun ein #5 Summit Edition hier, mit Outdoor Ambitionen und Campingmodus. Manchmal wird ein Test eben nicht das, was im Kalender steht. Also wechseln wir die Perspektive und beurteilen den Wagen dort, wo er seiner Rolle wirklich gerecht wird. Nicht als vermeintlicher Sportler, sondern als elektrischer Zweitwagen neben einem echten Sportwagen. Genau das ist die Domäne von OneMoreLap.

Was macht der smart #5 Summit Edition mit dir nach den ersten Kilometern?
Es gibt Autos, die dich sofort in einen Kampfmodus schalten. Der smart #5 Summit Edition gehört nicht dazu. Er fährt sich eher wie eine noble Airbnb-Wohnung. Gute Dämmung, netter erster Eindruck, hat alles was im Datenblatt steht, die Bilder sehen toll aus. Man bleibt gerne zwei Wochen, aber bucht nicht dieselbe Wohnung nächsten Sommer.
Die Lenkung ist leicht, die Sitze weich, der Blick nach draussen geht über relativ viel Blech und ziemlich viel Fläche. Man sitzt höher als gedacht in einem Fahrzeug, das sich zwar in Zahlen mit 4,70 Metern Länge und 1,92 Metern Breite klar im Mittelklasse Segment einordnet, sich subjektiv aber eher nach einem grossen Alltagsbegleiter anfühlt.
Interessant wird es, sobald man das erste Mal bewusst auf die Abstimmung achtet. Vorderachse und Hinterachse machen ihren Job zuverlässig, aber sie wirken nicht als Team. Vorderachse und Hinterachse verarbeiten Unebenheiten mit unterschiedlicher Geschwindigkeit und Härte. Durch den Aufbau läuft dann eine spürbare Verwindungsbewegung, als würde es sich innerlich gegen sich selbst verdrehen. Wie ein Ehepaar, das zwar getrennt ist, aber weiterhin im gleichen Haus wohnt. Beide erledigen ihren Teil, man spürt aber, dass sie lieber alleine unterwegs wären.



Wie präzise ist der smart #5 Summit Edition auf der Landstrasse?
Auf der Landstrasse zeigt sich dann, wie ernst ein Hersteller es mit Fahrdynamik meint. Und hier wird es ehrlich. Der smart #5 Summit Edition ist auf dem Papier beeindruckend. 588 PS, 643 Newtonmeter Systemdrehmoment, von null auf hundert in 4,9 Sekunden, Höchstgeschwindigkeit 200 km/h, Allradantrieb, 255er Bereifung auf 20 Zoll. Die Realität ist etwas anderes. Zwischenspurts sind famos, ganz klar. Leistung ist immer da.
Beim Anbremsen bleibt der Wagen sauber stabil, keine Dramatik, die Bremsanlage mit Scheiben rundum verzögert standfest, aber ohne besonders scharfes Pedalgefühl. Das Einlenken passiert präzise genug für den Alltag, aber ohne jede Form von Kommunikation. Man lenkt ein, der Wagen folgt, Ende der Geschichte. Es fehlt das kleine Zittern in den Fingerspitzen, das Signal von der Vorderachse, das dir sagt: Hier ist der Grip, hier hört er auf. Vielleicht wäre das bei der Brabus Version da.
In Kurven merkt man das Gewicht: 2’370 Kilogramm Leergewicht plus Fahrer und Gepäck sind nichts, was sich wegdiskutieren lässt. Das Fahrwerk ist auf Komfort getrimmt, aber Dynamik im Sinne von Agilität entsteht nicht. Beim Herausbeschleunigen greift der Allradantrieb zuverlässig zu.

Wie schlägt sich der smart #5 Summit Edition auf der Autobahn?
Sobald die Landstrasse in eine Autobahn mündet, erhellt sich die Stimmung. Hier fühlt sich der smart #5 plötzlich sehr in seinem Element. Tempomat rein, Musik an, der Blick gleitet über das Halo Panoramadach in den Himmel, und das Auto macht genau das, was man sich von einem modernen Elektro SUV wünscht.
Die Geräuschkulisse ist niedrig, offiziell werden 69 Dezibel angegeben, und subjektiv passt das Bild. Wind- und Abrollgeräusche sind gut gedämpft, bei Richtgeschwindigkeit entsteht diese angenehme Leere im Kopf, die man im Alltag öfter gebrauchen könnte.
Die Federung kann hier punkten, sie schluckt lange Wellen souverän, kurze Kanten merkt man eher, aber nie so, dass man den Komfort ernsthaft in Frage stellen würde. Der Radstand von 2900 Millimetern und die 190 Millimeter Bodenfreiheit sorgen für ein Gefühl von Souveränität, das eher an grosse Reiselimousinen erinnert als an etwas mit smart Logo.
Beim Verbrauch zeigt sich der für diese Grösse typische Elektro Spagat. Der WLTP Wert verspricht kombiniert 19,7 kWh. Realistisch liegt man bei zügiger Autobahnfahrt irgendwo im Bereich von 22-25 kWh landen, innerstädtisch und entspannte auf Landstrassen ist keine Zwei vor dem Komma drin. Kein Effizienzwunder, aber auch kein Grund zur Panik, gemessen an Stirnfläche, Grösse und Gewicht.

Wie wirkt der smart #5 von aussen und wie lebt es sich im Innenraum?
Aussen ist der smart #5 alles, nur nicht zurückhaltend. Die Proportionen sind klar SUV. In der Summit Edition kommt dazu die Offroad-orientierte Farbe “Terra Green Matt” und etwas Outdoor-Zubehör wie der Dachträger, der angedeutete Unterfahrschutz und mattschwarze Anbauteile. Meine Nachbarin hat gefragt, ob das ein Fahrzeug der Armee sei. Leider gibt es den Summit nur in dieser Farbe.
Lässt man die Diskussion rund um die Farbe mal weg, wirkt das Ganze wie ein Crossover aus smart fortwo DNA, ein wenig GLB in der Formensprache seitlich und einer Prise G-Klasse. Es ist ein mutiger Look, kein klassischer Schönling. Man gewöhnt sich mit der Zeit daran, aber man verliebt sich nicht automatisch. Was bleibt: Er ist eigenständig. Und er ist deutlich cooler als ein Skoda Enyaq oder ein VW ID4, die neben ihm fast schon bieder wirken.




Innen wird es deutlich klarer. Das Cockpit ist hochwertig aufgebaut, gerade mit Blick auf den Preis. Materialqualität, Haptik, Spaltmasse, alles auf einem Niveau, das eher an teurere Marken erinnert. Die Summit Edition wirkt nicht wie das Basisauto mit ein paar Aufklebern, sondern wie die Version, in der smart zeigen wollte, was in der Plattform steckt. Vom Schlüssel über die Lenkradtasten, bis zum Leder in den Türtafeln ist alles makellos und lobenswert.
Der Raum ist grosszügig. Vorne viel Bewegungsfreiheit, hinten ausreichend Bein und Kopffreiheit, auch für Erwachsene, die nicht in die Kategorie Bonsai passen. Der Kofferraum fasst 630 Liter im Normalzustand, bei umgelegten Rücksitzen sind dachhoch 1530 Liter drin. Dazu kommt ein 47 Liter Frunk, der nicht die Welt ist, aber für Kabel, Kleinkram oder eine kleine Reisetasche locker reicht.
Dann das Thema Screens. Der smart #5 überrascht die Insassen mit gleich drei Screens. Instrumentendisplay mit 10,3 Zoll, zwei zentrale 13 Zoll OLED Touchscreens und ein grosses AR Head up Display. Grafisch ist das top gelöst, die Auflösung ist scharf, die Animationen laufen flüssig, die Rechenleistung des AMD Chips reicht locker. Trotzdem stellt sich irgendwann unvermeidlich die Frage: Wer braucht ernsthaft so viele Bildschirme gleichzeitig. Warum werden Film-DVD-Cover auf dem Beifahrerdisplay angezeigt, während ich alleine reise? Spiele sind übrigens auch möglich am Beifahrerdisplay. Ein Teil von mir ist beeindruckt, ein anderer murmelt nur noch leise: wieso?!
Wir mögen weder Camping, noch Wohnmobile. Doch wir fühlen uns verpflichtet, das hier kurz zu erwähnen. Es gibt drei Bettmodi durch verschieden-umklappbare Sitzflächen, eine “Null Gravitation Position” und versprochen wird eine durchgehende Liegefläche. Wer’s braucht – ich bevorzuge ein Hotel.

Wie alltagstauglich sind Assistenzsysteme und wie nerven sie?
Beim Thema Assistenz kommt der erste richtige Bruch im Gesamtbild. Es ist alles drin, was man im Jahr 2025 erwartet und vom Gesetzgeber vorgeschrieben wird. City Notbremsassistent, Kollisionswarnung, Fussgängererkennung, Fahrdynamikregelung, Antriebsschlupfregelung, adaptiver Tempomat, Stauassistent, Spurhalte und Spurwechselassistent, Head-up Display, Fernlichtassistent. Auf dem Papier ist das eine gute Nachricht. In der Praxis entpuppt sich vor allem die Fahrerkamera in der A-Säule als Dauergast für eine schnelle Retourgabe. Schon ein kurzer Blick zur Seite reicht schon und das System meldet sich optisch, wie auch akustisch. Selbst ein Blick in den rechten Seitenspiegel oder ein Schulterblick nach rechts wird nicht toleriert. Geschweige dann ein ein kurzer Blick zur Mittelarmlehne. Selbst im Stau. Ping. Ermahnung.
Dieses Verhalten zieht sich durch die Fahrt und macht aus einem eigentlich entspannten Auto einen Beifahrer, der dich permanent massregelt, obwohl objektiv nichts passiert. Die Spurhaltefunktion greift manchmal etwas ruppig ein, fährt wie 2015 sehr digital von Linie zu Linie. Man merkt die gute Absicht, fühlt sich aber zu oft überwacht und zu selten wirklich unterstützt. Die ISA-Pings und Bongs lassen sich übrigens nicht so einfach abschalten wie bei anderen Herstellern, sondern wollen tief im Menü gesucht und ausgeschaltet werden.


Wie gut sind Ladeleistung und Reichweite in der Praxis?
Wenn man den smart #5 auf einen Punkt reduzieren müsste, in dem er aktuell Klassenmassstäbe setzt, wäre es das Thema Laden. Die 800 Volt Architektur ist ein echter Vorteil im Alltag. Die Eckdaten lesen sich wie aus einem technischen Wunschzettel. Batteriekapazität 100,0 kWh brutto, 94,0 kWh netto. AC Laden dreiphasig mit bis zu 22 Kilowatt, von 10 auf 100% in rund 330 Minuten an einer passenden Wallbox. DC Laden mit bis zu 400 Kilowatt, 10 bis 80% in etwa 18 Minuten, zumindest theoretisch unter Idealbedingungen.
Offiziell stehen 540 Kilometer Reichweite nach WLTP kombiniert und 701 Kilometer in der City Messung im Datenblatt. Je nach Fahrprofil, Temperatur und Höhenprofil dürften praxisnah zwischen rund 450-490 drin liegen, was für einen mittelgrossen SUV mit 2,37 Tonnen Leergewicht absolut respektabel ist. Die Ladeleistung ist der absolute Benchmark in seiner Klasse aktuell. Die Akkugrösse ebenfalls.
Dazu kommt ein V2L System mit 230 Volt, das bis zu typischen Haushaltslasten abgeben kann. Für Camping, mobiles Arbeiten oder einfach den Wasserkocher am See – bevor man die drei Bettmodi ausprobiert – nein jetzt sind wir sarkastisch.

Was bleibt nach ein paar Tagen mit dem smart #5 Summit Edition?
Nach ein paar Tagen im Alltag und auf der Landstrasse bleibt ein ziemlich klares Bild. Der smart #5 Summit Edition ist kein Sportler, auch wenn seine Leistungsdaten anderes suggerieren. Er hat keine Lust auf Präzisionsarbeit auf der letzten Rille, er hat kein Lenkgefühl das dich in den Flow zieht und die Sitze sind eher Sessel als Schalensitze. Wer Kurven sucht, nimmt etwas anderes.
Was er dagegen sehr gut kann: den Alltag strukturieren und Reisen entstressen. Er fährt leise, lädt sehr schnell, bietet Platz, Komfort und eine Ausstattung, die in dieser Preisklasse beeindruckt. Die Verarbeitungsqualität und die Materialanmutung sind deutlich besser als was die Preisklasse verspricht und die Combo aus verschiedenen Bettmodi, V2L und Schnellladefähigkeit macht ihn zu einem coolen Abenteuer- oder sogar Camping-tauglichen-Elektro-SUV.
Die Assistenzsysteme, vor allem die hyperaktive Fahrerkamera, sind sein grösster Nervfaktor. Es gibt jedoch Hoffnung, dass smart über over-the-air Updates noch Verbesserungen nachreicht. Die Optik ist Geschmackssache, aber immerhin alles andere als langweilig und sorgt für Gesprächsstoff.
Würde ich ihn mir in die Garage stellen? Als Ersatz für meinen MINI Countryman JCW im Alltag? Ehrlicherweise hatte ich den #5 Brabus dafür auf der Shortlist, einfach weil smart unverblümt und frech mal 588 oder im Brabus sogar 650 PS für einen Preis bietet, bei dem andere 250-340 PS bieten und das gefällt mir. Ich bin ein grosser Fan der neuen Modellreihe von smart und hoffe, dass wir bald noch einen #5 Brabus testen dürfen.
Wir haben im Schnitt 22.7 kWh verbraucht, der Testwagenpreis beträgt CHF 55’500.
Weitere Impressionen:



















