Opel serviert den Kompakt-Crossover Mokka neu und gleich von Beginn elektrisiert.
Wenn ein Hersteller – oder in diesem Fall der Opel-Importeur – zur Lancierung eines neuen Autos einen Redner einlädt, der über «tipping points» referiert, könnte man sich Sorgen machen. Was da wohl kippen wird? Für Zukunftsforscher Lars Thomsen ist klar, der Verbrennungsmotor kippt. Die Immatrikulationen im August 2020 nimmt er dazu als Illustration. 9,9 % der neu eingelösten Autos waren Stromer, weitere gut 5 % Plug-in Hybride. Jeder sechste neue PW im letzten Sommermonat war also ein Steckerfahrzeug. Das sei halt so, neue Technologien kämen in drei Phasen über die Menschheit: Zuerst die Euphorie, dann das mehr oder weniger lange Warten und Zweifeln, dann die exponentielle Entwicklung. Und solchermassen sei der Automarkt gerade am Kippen.
Nicht immer liegt Zukunftsforscher Thomsen mit seinen Prognosen richtig. Die Marktreife autonom fahrender Autos sah er einst, wie die ganze Branche, für 2020 vor. Diesen Kipppunkt hat er inzwischen ins 2025 verlegt. Der Unterschied zur Elektrifizierung: Autonome Fahrzeuge haben zwar noch deutlich disruptiveres Potenzial als E-Autos, doch ist deren Dringlichkeit kleiner, die Komplexität der Technologie dafür umso grösser.
Dringlich ist die Elektrifizierung bekanntlich für die Hersteller, die den CO2-Verbrauch ihrer Neuwagen (im Schnitt) senken müssen und ganz allgemein zur Eindämmung des Klimawandels. Opels aktueller Beitrag dazu ist der neue Mokka, genauer der Mokka-e.
Die Vollstrom-Variante (Hybrid gibt es nicht) des Mokka kommt Anfang 2021 gleichzeitig wie die Varianten mit Verbrennungsmotor zu den Händlern, gleichberechtigt gewissermassen.
Der neue Mokka, ein Stadt-SUV, ist 13 cm kürzer als sein Vorgänger und niedriger ist er auch. Ein solcher «Rückschritt» (für einen Kleinwagen eigentlich ein Fortschritt) ist in der Autowelt ungewöhnlich und liegt daran, dass er mit seinem Vorläufer nicht verwandt ist. Jener war noch ein purer Opel aus der GM-Ära, während der neue auf einer PSA-Plattform steht, wie der Corsa oder die Peugeot 208 und 2008. Wobei die Kürze ein bewusster Entscheid von Opel ist, denn der französische Bruder 2008 ist 15 cm länger (4.30 m statt der 4.15 des Mokka).
Auch optisch besteht zwischen bisherigem und neuem Mokka keinerlei Verwechslungsgefahr. Dort noch ein kugeliges Kuscheltier, hier nun ein scharf gezeichneter und stämmig die Strasse besetzender Kraftwürfel. Das Frontdesign trägt in Anlehnung an Helmvisiere den Namen «Vizor». So sieht das künftige Markengesicht von Opel aus.
Den Mokka wird mit 3-Zylinder-Benzinern (1,2 l, 100 oder 130 PS) und einem 4-Zylinder-Diesel (1,5 l und 110 PS) erhältlich sein. Als Neuheit aber lockt der Mokka-e. Die motorischen Eckdaten: 100 kW entsprechen 136 PS Maximalleistung, 260 Nm Drehmoment und eine abgeriegelte Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h. Den Prestigesprint von 0 auf 100 km/h schafft der e laut Opel in 9,0 s, womit er die Kollegen Otto und Diesel schlägt. Trotz rund 300 kg Mehrgewicht.
Der Ballast rührt natürlich vom Akku. Man kann in der Einzahl bleiben, da zumindest vorerst genau eine Variante mit 50 kWh erhältlich ist. Beim WLTP-Verbrauch von rund 17,5 kWh ergäbe dies eine maximale Reichsweite von 285 km. Laut Hersteller sind gar 320 km Reichweite drin. Damit kommt der City-SUV auch in echten Metropolen klar.
Geladen wird mit Wechselstrom 3-phasig bis 11 kW, mit Gleichstrom fliessen gar bis 100 kW. In einer halben Stunde ist damit ein ziemlich leerer «Tank» wieder ziemlich voll.
Fahrbar waren die für die Schweizer Premiere abgestellten Mokkas nicht. Einen ungefähren Eindruck, wie sich der Mokka-e wird bewegen lassen, gibt aber ein kurzes Rollout mit dem Corsa-e. Gleiche Plattform, gleicher Motor und 10 cm niedriger. Ein klassischer Kleinwagen, seit Menschengedenken tragende Säule im Opel-Portfolio.
Der elektrische Corsa ist ebenfalls neu, sieht aber besonders im Innenraum ziemlich alt aus. Nicht absolut gesehen, aber im Vergleich zum Cockpit des Mokka; hier kombinieren sich zwei 12-Zoll-Bildschirme (es gibt sie auch kleiner) zu einer TFT-Leinwand, die Opel Pure Panel nennt. Das sieht schon sehr nach 2020 aus. Im Corsa-e fühlt man sich eher 2015, aber das soll jetzt egal sein, denn gefragt sind die dynamischen Qualitäten.
Je nach Fahrmodus (Eco, Normal, Sport) geht es mit max. 82 oder 109 oder eben 136 PS zur Sache. Rekuperiert (bei entlastetem rechtem Pedal) wird entweder mässig oder stark, per zentralem Wählhebel einstellbar. Eco ist definitiv zu ökologisch, Normal ist okay, aber eigentlich macht nur Sport Sinn, denn wie forsch und damit ökologisch man fährt, kann man schliesslich per Fussmotorik situativ entscheiden.
Will man also aus dem Kreisel schiessen (bitte stets die dummerweise gleich am Kreisel platzierten Fussgängerstreifen beachten), erledigt dies der Corsa-e mit wohligem Elan. Und auch die Mittelland-Königsdisziplin 51 auf 85 km/h geht flott, ohne Nackenschlag allerdings. Wird beim nicht mal 100 kg schwereren Mokka-e ähnlich zufriedenstellend ablaufen.
Üppig ausgestattet ist der neue Mokka bezüglich Infotainment (Android Auto, Apple Car Play) und Assistenzsysteme. Einiges davon, um nicht zu sagen die Interessantesten, wie
– Automatischer Geschwindigkeits-Assistent ACC (Adaptive Cruise Control) mit Stop & Go-Funktion in Verbindung mit Automatik-Getriebe
– Aktiver Spurhalte-Assistent
– Toter-Winkel-Warner
– Flankenschutz
– Automatischer Parkassistent
– 180-Grad-Panorama-Rückfahrkamera
sind allerdings aufpreispflichtige Optionen.
Preise für den neuen Mokka wurden nicht enthüllt. Den Corsa-e gibt es ab CHF 35’540, der ziemlich vollständig ausgestatte Testwagen war dann schon mit CHF 43’180 angeschrieben. Günstiger wird es beim Mokka sicher nicht. So ist es halt: Wollen die Anbieter ihre E-Autos nicht massiv quersubventionieren, sind sie gerade in den kleineren Klassen immer noch vergleichsweise teuer, jedenfalls im Anschaffungspreis. Sparen kann der Kunde erst an der Steckdose und beim Service Light.