Gegensätze ziehen sich an: Der Renault Clio RS 220 Trophy im Vergleichstest gegen den Toyota GT86. Welcher dieser Sportwagen sorgt für mehr Fahrspass und welcher überzeugt mit grossem Alltagsnutzen? Wir haben beiden Kandidaten im Test auf den Zahn gefühlt.
Beide Testkontrahenten stehen nun also vor uns. Kurzer Aussencheck: Der Clio R.S. 220 Trophy wirkt jung und frech. Matt-weisse Lackierung, markanter Trophy Schriftzug vorne und eine Tieferlegung (vorne: 20 mm, hinten: 10 mm). Der GT86 dagegen wirkt klassischer. Typische Coupé-Silhouette. Kurze Überhänge vorne und hinten ein an den Celica erinnerndes, sportliches Heck.
Bereit für eine Ausfahrt? Zuerst der Clio. Hochgelobt im Vergleich zum Nicht-Trophy Modell muss er den Testfahrern (beide selbst Fahrer von „Hot Hatches“), zeigen, ob er wirklich ein heisser Kleinwagen ist. Also rein, Startknopf drücken und los. Der 1.6 Liter Turbo-Motor erwacht zum Leben und knurrt basslastig vor sich hin. Ein erstes Anzeichen dafür, dass sich die Renault Sport Abteilung auch an der Abgasanlage zu schaffen gemacht hat, doch dazu später mehr. Wählhebel in D und der Clio setzt sich in Bewegung. Ja ihr habt richtig gehört, Wählhebel.
Die Kraftübertragung geht ausschliesslich per Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe über die Bühne und obwohl die Schaltzeiten verbessert wurden im Vergleich zum nicht-Trophy RS, wünschten wir uns trotzdem oft eine Handschaltung, zumindest optional. Warum? Im Normalmodus ist die Automatik zu schlapp, denkt nicht mit und im R.S. Modus hingegen zu aktiv und schaltet schon bei der kleinsten Gaspedal-Berührung mal grosszügig einige Gänge zurück. Der Motor hingegen ist, wie sein Vorgänger im Clio 3 RS, ein wahres Prachtsstück. Dank neuem Turbolader und geändertem Motormapping stehen nun 220 (bisher 200) PS und bis zu 260 (bisher 240) Newtonmeter bereit. Im kurzzeitigen Overboost (nur im 4ten und 5ten Gang verfügbar) sogar 280 Nm.
Launch Control rein, das geht übrigens kinderleicht (im R.S. Modus an beiden Schaltwippen ziehen) und schon schiesst, nach einem kurzen Gewehrsalven-Intro, das Gefährt wie wild nach vorne, eigentlich wie von selbst. Das sorgt mit dem überarbeiten Fahrwerk auch für hohe Kurventempi, die, vorausgesetzt man ist im R.S. Modus, auch von der sehr präzisen Lenkung perfekt begleitet werden. Grund dafür ist die Verkürzung der Lenkübersetzung um 10 Prozent (von 14,5 / 1 auf 13,2 / 1 je Rad). Trotzdem ist der Clio Trophy aber weiterhin frei von übernervösem Lenkverhalten oder auch von der Tendenz Spurrillen nachzulaufen.
Akustisch hält sich der Clio R.S. Trophy 220 EDC gar nicht zurück. Innen faucht er wild vor sich her, während die Bewunderer aussen ein schönes Feuerwerk an verschiedenen Akustiktonalitäten, vom ordinären Schaltfurzen bis zum dumpf-heiseren Hochdrehen, zu hören bekommen. Eine Kostprobe gibt es im eingebundenen Video oben.
Allgemein ist das Fahrverhalten sehr gutmütig. Für Übersteuern muss man schon eine brutale Fahrmethodik auspacken, aber auch Untersteuern im Kurveneingang ist ihm fremd. Klar, im Kurvenausgang kommt das elektronische Sperrdifferential oft nicht ganz hinterher, hier hätte es ruhig das mechanische Diff aus dem Mégane sein dürfen. Aber es fährt ja auch nicht jeder wie wir, nur eine Minderheit. Aber vielleicht genau die Minderheit, die in den Aufpreis zum Trophy investiert? Das lassen wir mal so stehen und steigen in den Toyota GT86 um.
Auch hier bringt man das Sportfahrzeug mit Startknopf in Bewegung und nach einem kurzen Schütteln ist auch der GT86 bereit. 1. Gang der sehr knackig-kurzen Handschaltung eingelegt, geht es los. Der 2,0-Liter-D-4S-Boxermotor ohne jegliche Aufladung braucht logischerweise mehr Gas, um sich aus dem Stand in Bewegung zu bringen. Ob Anfahrschwäche oder Gewöhnungssache, die Testfahrer waren sich nach 2 Wochen noch immer nicht einig. Es muss wohl dazwischen liegen. Dazwischen und zwar zwischen 5’000 Touren und Drehzahlbegrenzer (7’500) muss man auch liegen um die 200 Boxer-PS und die 205 Nm Drehmoment spüren zu können. Unter 4’500 Touren fühlt sich der Motor etwas passiv an. Doch hält man den kleinen Asiaten im Bereich ab 5’000, geht es überraschend flott voran. Grund dafür ist das Kampfgewicht von nur knapp über 1’200 Kilogramm.
Die erste Kurve haben wir hinter uns, einen Gang hochschalten und zur nächsten Kurve. Anbremsen und runterschalten mit Zwischengas, die Pedalstellung ist perfekt für Heel-and-Toe, etwas mit der Kupplung spielen und schon geht es mit Übersteuern in die Kurve hinein. Herrlich. Ein spielend leichtes Handling, das sehr proaktiv seinen Fahrer wissen lässt, wo er sich im Grenzbereich gerade befindet und wann ihm der Grip langsam ausgeht. Was ist das Rezept für dieses fantastische Handling? Toyota hat den Motor, für eine optimierte Gewichtsverteilung, möglichst weit hinter der Vorderachse platziert, den Schwerpunkt so tief wie möglich angesetzt und den Hinterradantrieb mit einem mechanischen Sperrdifferential versüsst. Ganz und gar nicht süss ist allerdings die kehlige und heisere Begleitmusik dazu. Hier beschert Toyota den Tunern wohl ganz viel Potenzial für Neukunden.
Innen geht es im Toyota spartanisch zu. Das tiefe Gewicht will schliesslich irgendwie erreicht werden. Für eine Multimediaeinheit hat es trotzdem gereicht. Sie ist zwar Anno-2012 ziemlich auf das Nötigste beschränkt, aber alles funktioniert ohne grosse Überraschungen und Plug & Play. Die Sitze bieten perfekten Seitenhalt, viele Einstellmöglichkeiten und sind definitiv bequemer als sie auf den ersten Blick aussehen. Ansonsten dominiert dunkles Hartplastik mit einer Carbonblende rund um die Multimediaeinheit. Die Rückbank ist höchstens eine Jackenablage und würde bei OneMoreLap.com wohl sowieso gleich einem Clubsportbügel weichen müssen. Sehr gut gefällt das übersichtliche Tachoinstrument mit zentralem Drehzahlmesser und auf Wunsch mit digitalem Geschwindigkeitsindikator. Überraschend: Auch 2016 werden noch Fahrzeuge hergestellt, die keine einzige Taste auf dem Lenkrad haben.
Beim Clio ist das anders. Hier herrscht zwar auch keine Tastenflut, aber Tempomat und Sprachbefehle lassen sich dennoch über Tasten am Lenkrad steuern. Ansonsten wirkt alles sehr aufgeräumt, modern und der schwarze Klavierlack unterbricht die Hartplastik-Landschaft gekonnt. Der Wählhebel des 6-Gang DSG-Getriebes wirkt allerdings etwas klobig und unsportlich. Die Sitze sind vielfach verstellbar und überzeugen mit genügend Seitenhalt in Verbindung mit gutem Langstreckenkomfort.
Die Multimediaeinheit und der Tacho sind deutlich verspielter als beim GT86, hier findet sich z.B. auch der R.S. Monitor, der Fahrdaten im Nissan GT-R Style anzeigt. So kann der Beifahrer etwa beobachten, wo sich die zwei voneinander unabhängigen Teilgetriebe des DSG befinden und weiss dank Stoppuhr ob eine neue Rekord-OneMoreLap ansteht. Was uns allerdings gestört hat, ist die Sache mit dem Tempomat und dem R.S. Modus. Obwohl die Tasten gleich nebeneinander liegen, kann man nicht beides gleichzeitig aktiviert haben. Warum Renault? Das macht doch überhaupt keinen Sinn. Ob die 5 Türen Sinn machen ist subjektiv, allerdings ist die Rückbank vom Clio erstaunlich geräumig und bringt viel Alltagsnutzen mit. Ebenso ist der Kofferraum mit 300 Liter im Vergleich zum GT86 (243 Liter) etwas grösser.
Mein Fazit zum Vergleich gibt es im eingebunden Video oben. Der Renault Clio R.S. Trophy 220 EDC gibt es ab CHF 28’500, unser Testwagen hat einen Neupreis von CHF 35’900. Den Toyota GT86 gibt es ab CHF 32’900, unser Testwagen hat einen Neupreis von CHF 36’960. Der Verbrauch lag beim Renault Clio R.S. Trophy 220 EDC zwischen 8 und 13 Liter / 100km (normale und sportliche Fahrweise). Der Toyota GT86 liegt ebenfalls zwischen 8 (normale Fahrweise) und bis zu 14 bei sportlicher Fahrweise.
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