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VW Golf R 20 Years – 333 PS

Dass mich Sondermodelle faszinieren, sollte wohl nun kein Geheimnis mehr sein, oder? Besonders die limitierten Modelle haben es mir angetan und bekommen stets einen besonderen Platz tief im Herzen. Jedoch ist es die Erinnerung, die bleibt und somit wollte ich mir die Chance nicht entgehen lassen, diese einzusammeln. Schon mal vorweg, der 20 Years Golf 8 R konnte in mir die OneMoreLap-Endorphine mal wieder freisetzen.

Ich rede nicht von nine-to-five und anschliessend auf dem direkten Weg nach Hause. Nein, ich rede von der extra Runde, der kurvenreichsten Route von A nach B. Ich habe mich teilweise um fünf Jahre und ein halbes Jahr versetzt gefühlt am Steuer des Golf 7 Clubsport S, den wir damals im Vergleichstest mit dem Golf R360S zeitgleich im Fuhrpark hatten. Wobei mir ein kleines Detail teilweise doch fehlte: an der Pedalerie das dritte Pedal ganz links.

Machen wir noch einen kurzen Exkurs in die Volkswagen R-Geschichte, bevor wir uns dem 20 Years widmen. Wir schreiben das Jahr 2003 und der Golf IV R32 DSG erblickt das Licht der Welt. „Deep Blue Pearl“ stand er damals auf der Geneva Motor Show 2003. Damals noch als kleiner Junge, war ich fasziniert, dass am Ende der Tachoscheibe 300 km/h standen. Später habe ich dann erfahren, dass er „nur“ bis 247 km/h rennt. Doch mich hat der unverwechselbare VR6-Klang gefangen, welcher aus dem 3,2 l Sechszylinder-Saugmotor generiert wurde. Diese Kombination wurde auch in die 5. Generation Golf R32 eingepflanzt. Neun PS wurden noch hinzugewürzt, um das technische Datenblatt aufzurunden und nun 250 PS sowie ein Topspeed von 250 km/h zu ergänzen. In der 6. Generation wurde aus R32 => Golf R; böse Zungen behaupten, dass Volkswagen uns das Downsizing nicht direkt mitteilen wollte. Doch heute ist es kein Geheimnis mehr, dass ab da ein 2.0 TFSI zum Einsatz kam. Ironie aus. Erstmals stand der Golf R der 6. Generation auch als Cabriolet im Konfigurator.

Mit der 7. Generation wurde erstmals die 300er-Marke geknackt, nein nicht in km/h, sondern die Leistung in PS. Ebenfalls eine neue Karosserieform kam dazu, nämlich als Variant. 2017 kam das Facelift der 7. Generation, welches von der Community auf den Namen Golf 7.5 R getauft wurde. Erstmals ab Werk gab es eine optionale Akrapovič-Abgasanlage, welche dann auch für den Golf 8 R übernommen wurde und auch bestens bei der Kundschaft ankam. Die R GmbH durfte seit 2020 auch weitere Modelle aufnehmen, nämlich den Tiguan R, T-Roc R und auch Arteon R. Damit sind auch schon 20 Jahre ins Land gezogen, für Volkswagen Grund genug, dafür ein Sondermodell auf den Markt zu bringen, welches wir uns auch nicht entgehen lassen wollten.

Los geht’s mit dem Emotionsstart: Gewusst wie, wird der 333 PS starke EA888 evo4 Motor beim Anlassen automatisch auf 2‘500 1/min angehoben. Beim Runtertouren ertönt dann aus der Akrapovič-Abgasanlage ein dumpfer Knall der Schubabschaltung. Keine Angst, nachbarschaftsfreundlich kann der Golf 8 R 20 Years natürlich auch starten.

Das maximale Drehmoment von 420 Nm ist zum normalen Golf 8 R gleichgeblieben. Dafür ist serienmässig die Beschleunigung bei 270 km/h zu Ende und muss nicht optional mit dem Performance-Paket dazu gebucht werden. Für die Beschleunigung von 0 auf 100 vergehen nun keine 4,6 Sekunden mehr. Das 7-Gang-DSG-Getriebe wählt auch hier für den Fahrer die richtige Fahrstufe.

Optisch gibt es ein paar Unterscheidungsmerkmale, welche besonders bei unserem zur Verfügung gestellten Exemplar deutlich sind. Die „R“-Embleme sind nun in Blau gehalten, an der B-Säule ist ein kleines „20“-Emblem angebracht. Was besonders bei der „pure white uni“-Lackierung heraussticht, sind die 19-Zoll-„Estoril“-Felgen, welche hauptsächlich schwarz sind, jedoch die Speichen blau gehalten. Die Spiegelkappen sind dabei das Erkennungsmerkmal schlechthin; diese sind hier auch in Blau. Naja, wirkt etwas zusammengewürfelt und ist bestimmt nicht jedermanns Sache. Zudem wird im Dunkeln ein „20 R“-Logo auf den Boden projiziert. Ich mag einfach die kleinen Details bei solchen Sachen. Im Innern haben mich die matten Dekoreinlagen aus echtem Carbon wirklich fasziniert, da ich auch wirklich kein Freund von glänzenden Materialien bin. Platz nimmt man auf den serienmässigen Nappa-Ledersitzen.

Diese sind mit einer Sitzbelüftung ausgestattet und ich habe sie bei unserem Roadtrip im Golf 8 R lieben gelernt – ein Must-have für den Sommer. Die R-Taste auf dem Lenkrad ist ein Segen. Wieso? Der 20 Years macht vieles richtig, jedoch nach jedem Neustart kann er sich den letzten Fahrmodus einfach nicht merken und startet immer in Sport. Da ich oft gemütlich unterwegs bin, hat mich das doch öfter getriggert, als mir lieb war. Besonders wenn man nur kurz etwas holen wollte, z. B. Geld abheben oder Tanken, und weiter geht’s, war der Fahrmodus wieder auf Sport. Ich hoffe, das kann durch eines der künftigen Software-Updates gefixt werden.

Wofür ich jedoch ein grosses Lob aussprechen muss, ist die Software des Infotainmentsystems. Diese ist nun auf dem Niveau, wie man es sich in einem Golf erhofft. Es ersetzt nicht die haptischen Temperaturregler der Klimaanlage. Doch das Hochfahren des Systems ist auf dem aktuellen Stand von heute. Es kann, sobald das Bild da ist, direkt Kommandos entgegennehmen und natürlich auch umsetzen. Ich hatte während der Testdauer keinen einzigen Fehler oder Absturz feststellen können.

Doch jetzt lassen wir noch die 333 Pferdchen für sich sprechen. Wie ich schon erwähnt hatte, bekam ich während der OneMoreLaps – ja, ich gebe es zu, ich habe öfter einen Umweg nach Hause gemacht – da ich oft Flashbacks an den Clubsport S hatte. Nun weiss ich auch warum. Dass der Nürburgring der Benchmark für alle sportlichen Fahrzeuge geworden ist, muss ich wohl nicht mehr erwähnen. Ich mag mich noch an die Rundenzeit von Benjamin Leuchter erinnern, welche er in den Asphalt gebrannt hat: nämlich 7:47:21 Minuten. Und in welcher Zeit fährt unser Golf 8 R 20 Years um den Ring? Richtig! In 7:47:31 Minuten.

Die Hände muss man beim R nicht vom Lenkrad nehmen. Um am Emotionsstart anzuknüpfen, wurde im Getriebemodus S und S+ beim Betätigen der rechten Schaltwippe ein spürbarer Schaltvorgang programmiert. Was in Zeiten von DSG-Getrieben zwar im ersten Moment unnötig erscheint, jedoch mehr Wirkung hatte als erwartet. Mir fehlt oft die kurze Schaltpause, welche den Motorsound für einen kurzen Moment unterbricht, sowie auch den Ruck, der durchs gesamte Fahrzeug geht.

Hier im 20 Years durfte ich diesen erstmalig in einem DSG-Fahrzeug erleben. PS: Im S+-Modus bleibt sogar der Gang drin bis zum Begrenzer, ohne hochzuschalten. Gefällt! Die zweite technische Finesse am Motor ist das „Vorspannen“ des Turboladers bei Teillast-Fahrten. Motorsport-Enthusiasten kennen das berühmte Walter-Röhrl-Footwork-Video, wie er den Turbolader auf Touren hält. Dem Golf wurde das auch beigebracht. Somit reagiert der Motor nach einer Schubphase spontaner auf Gaspedalbefehle und hängt sofort am Gas.

Was bleibt also?
Versetzt euch jetzt mit dem Wissen auf eine kurvige Landstrasse. Torque Vectoring bügelt jegliches Traktionsdefizit gnadenlos aus. Die Lenkung ist präzise wie ein Uhrwerk. Schaltpausen sind akustisch als auch physisch spürbar. Leistung und Fahrwerk sind perfekt aufeinander abgestimmt. Diese Kombination kann einem nur ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Nur die Tankanzeige kann einen da noch stoppen.

Verbrauch & Preis: Der Basispreis für den VW Golf 8 R 20 Years liegt bei CHF 68‘400. Unser Testwagen in „Pure White Uni“ mit optionaler Ausstattung landet dann bei CHF 81‘110. Der Verbrauch lag bei sportlicher Fahrweise im Schnitt bei 8,9 Litern auf 100 km.

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik: Aussenfarbe in „Lapiz Blue Metallic“, Leichtmetallfelgen „Estoril“ in 8J x 19, Reifen 235/35 R19, R-„Performance“ Titanabgasanlage (Akrapovic).

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