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Yamaha MT-07: das wichtigste Motorrad der Schweiz

Es gibt schnelle, es gibt starke, es gibt schöne Motorräder. Und es gibt wichtige Motorräder. Das wichtigste überhaupt: die Yamaha MT-07.

In der Motorradwelt hat vieles mit Emotionen zu tun, und die sind bekanntlich sowas von subjektiv. Ziemlich objektiv sind hingegen Zahlen; dazu gehören die Marktzahlen. Die Akteure können sie vorübergehend etwas lenken, aber über die Dauer ist ihr Realitätsgehalt doch sehr hoch. Und wer auf die Verkaufszahlen (offiziell: Zahl der Fahrzeug-Einlösungen) der letzten fünf Jahre schaut, dem erschliesst sich: ein in Sachen Leistung und Optik eher unauffälliges Motorrad ist die klare Chefin. Ihr Name: Yamaha MT-07.

Seit 2015 steht der Mittelklasse-Roadster an der Spitze der Modellhitparade. Mit einer Ausnahme wurden pro Jahr mehr als 1000 Exemplare verkauft, kumuliert waren es 5376. Damit überflügelte die kleine Yamaha sogar den ewigen Bestseller von BMW, die grosse GS. Wenn auch mit einem Asterix: BMW weist die Verkäufe der Standard-GS und der groben Ausführung GS Adventure getrennt aus. So kamen 2019 zu den 961 R1250GS noch 498 R1250GS Adventure dazu, was auch dann zu Platz 1 für die Stelzen-BMW reicht, wenn man zu den 1092 MT-07 die technisch nah verwandten 135 MT-07 Tracer hinzuzählt.

Wenn man aber bedenkt, dass die GS eher von reiferen Kunden mit gut gefüllten Portemonnaies gekauft werden, während die Einsteiger-Yamaha vor allem auch beim Nachwuchs und bei Frauen (so genau weiss man das nicht) gefragt ist, liegt der Gedanke des wichtigsten Motorrades nicht fern. Denn die MT-07 bringt eben Neuzugänger (auch in der 48-PS-Version für die Kategorie A beschränkt) in die Motorradbranche, eine Gilde, die über die Überalterung der Kundschaft klagt.

Ebenfalls ein gutes Indiz für die Wichtigkeit dieses Motorrades, diesmal für den Hersteller: Mehr als ein Viertel der in der Schweiz verkauften Yamahas waren letztes Jahr MT-07.

Angesichts des Markterfolgs kann man sich das Leben als Tester eigentlich leicht machen: Mehr als 5000 Käuferinnen und Käufer in fünf Jahren können sich nicht alle irren. Doch was ist es, das die MT-07 so erfolgreich macht?

Mein Tipp dazu: ihre Leichtigkeit, ihre Lebendigkeit. Sie ist ein fröhlicher Wirbelwind. Und sie kostet mit Fr. 7990 nicht die Welt. Die vielleicht direkteste Konkurrentin, die Kawasaki Z650, wiegt 5 kg mehr, ist 7 PS schwächer und kostet doch 200 Franken mehr (sieht aber schärfer aus, würde ich jetzt mal ganz subjektiv behaupten).

Auf den ersten Blick logisch für ein Einsteiger-Bike ist die MT-07 ein kompaktes, schon fast kleines Vehikel. Logisch insofern, wenn man sich unsichere Jünglinge oder kleingewachsene Frauen als Kundschaft vorstellt. Erstaunlich hingegen angesichts immer mehr grossgewachsener Teenager. Die müssen sich nämlich ordentlich auf dem kompakten Roadster zusammenfalten – immerhin fällt dies in jungen Jahren leicht.

Der Vorteil der kompakten Abmessungen der MT-07: sicherer Bodenkontakt auch für Kurzbeinige, lockere Haltung am Lenker für alle. Ausserdem ist die MT-07 mit lediglich 182 kg vollgetankt ein Motorrad, das man auch mal mit Körpereinsatz vor dem Umkippen bewahren kann – was ja in den ersten Monaten einer Töfffahrerkarriere durchaus mal passieren kann.

Ausgesprochen gelungen und seit fünf Jahren aus gutem Grund unverändert ist der Motor. Ein Reihen-Zweizylinder mit nicht ganz 700 ccm Hubraum und einem Hubzapfenversatz von 270° ergibt sich eine Zündfolge und ein Soundteppich wie bei einem V2. Yamaha nennt den Antrieb CP2, Cross Plane 2-Zylinder. So klingt der Twin kernig, wenngleich umweltfreundlich gedämpft, und er marschiert ordentlich. 75 PS reichen für ganz viel Spass, vor allem, wenn sie kombiniert werden mit einer nicht zu langen Übersetzung. Mit etwas Unterstützung der Kupplung geht die freche Kleine auch im 2. Gang noch ganz geschmeidig aufs Hinterrad.

Tieftourig gut im Futter und doch drehzahlfreudig, das passt so gut, dass Yamaha auch ihr neues Adventure-Bike, die Ténére 700, mit dem CP2 in die Wüste schickt. Perfekt ist der Reihen-Twin aber nicht: in der unteren Drehzahlhälfte geht er leicht verzögert ans Gas. Erst ab etwa 5500/min wird die Gasannahme geschmeidig und direkt wie gewünscht.

Bei der Modellpflege vor zwei Jahren legten die Verantwortlichen fast nur am Fahrwerk (und ein wenig am Design) Hand an. Ein bisschen mehr Dämpfung vorn, deutlich mehr am Federbein war die Devise. Dennoch bleibt das Fahrgefühl auf der MT-07 auf der weichen Seite, mit leichtem Heckswing beim engagierten Angasen. Für alle anderen Situationen passt diese Weichheit aber gut, und für die meisten Einsteiger dürfte sich der Töff so leichter fahren lassen.

Sehr gut gelungen ist die Abstimmung der Bremse. Auch hier dominiert Sanftheit, doch auch das ist einerseits einsteigerfreundlich und harmoniert anderseits gut mit der Gabel, die unter giftigen Bremsen unangenehm einsacken würde. Was beim Bremsen noch auffällt: auch diese Yamaha bietet ein eher langsam regelndes ABS. Das, kombiniert sich beim Bremsen im Regelbereich, zusammen mit der weichen Front zu einem leichten Aufschaukeln.

Das sind Überlegungen aus den Tiefen des Tester-Gewissens, die für die meisten Käufer der MT-07 jedoch eher untergeordnete Bedeutung haben dürfen. Wie auch der relativ kleine 14-l-Tank oder der nicht ganz optimale Knieschluss an eben diesem Tank. Irgendwie zwickt es ein wenig an der Bein-Innenseite. Aber all diese Micro-Bedenken wiegen nicht schwer angesichts des belebenden und günstigen Gesamtpakets.

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