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Range Rover (L460 – 2023) D350 HSE

Der neue Range Rover möchte in seiner fünften Generation, genannt Baureihe L460, die Kombination von Onroad-Luxus und Offroad-Expertise erneut auf das nächste Level anheben. Ob das gelungen ist, schauen wir uns in diesem Fahrbericht an.

Rückblick ins Jahre 2015. Erstkontakt mit einem Range Rover SDV6 Hybrid und für mich damals eine Testfahrt, die vor allem das enorme Level an Komfort und luxuriösem Gleiten definiert hat. Ich habe für viele Attribute rund um Autos über die Jahre einen Benchmark «erfahren», also Fahrzeuge, die etwas ausgesprochen gut können. Der Range Rover war der Benchmark für einen noblen, komfortablen, geländefähigen Luxus-SUV mit ikonischen Designakzenten. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die neue Generation.

Abholung. Rückfahrt von Safenwil nach Schaffhausen. Die Sitzposition ist deutlich höher als bei anderen SUV, man sitzt thronartig im Engländer, umgeben von grossen Glasfronten. Auf Oberklasse-SUVs schaut man gelassen hinunter. Dazu das grosse Lenkrad mit einer Aluimium-Spange, die an ein Flugzeug-Steuerhorn (Yoke) erinnert. Die Sitze sind wohlig ausgepolstert, breit, vielfach verstellbar und erneut mit einer kleinen, weiteren Armlehne zum Herunterklappen ausgestattet – trotz der üppigen Mittelarmlehne. Die Qualität des Innenraums und die Verarbeitung sind auf höchstem Niveau. Das Gefühl von Geborgenheit stellt sich sehr schnell ein. Der Range Rover vermittelt wie kaum ein anderes Auto: Ich bin deine Sicherheitskapsel, hier ist es warm, nobel, bequem, isoliert von allem was draussen abgeht und du bist sicher.

Beispiel gefällig? Optional gibt es die Möglichkeit, dass die nanoeTM X-Technologie Viren und Bakterien, einschliesslich SARS-CoV-2-Viren, über die Lüftung erheblich reduziert. Die Technologie ist bereits in der Luft aktiv, so dass die Partikel nicht erst durch einen Filter geleitet werden müssen, um eingefangen und neutralisiert zu werden. Sie funktioniert, indem sie die Feuchtigkeit der Kabinenluft kondensiert und in kleinste elektrisch geladene Partikel zerlegt. Dadurch entsteht eine Hochspannung, die Billionen von Hydroxyl-Radikalen erzeugt, die von nanogrossen Wassermolekülen umhüllt sind und mit den in der Luft befindlichen Verunreinigungen reagieren.

Der Fahrkomfort. Der Range Rover war das erste Luxus-SUV mit elektronischer Luftfederung, diese Innovation ist schon etwas her, genauer 31 Jahre. Das neuste Modell kann nun über Navigationsdaten die anstehenden Strassenverläufe erkennen und die Federung passend einstellen. Leider war unser Testwagen mit optionalen 23-Zoll-Felgen und Winterreifen ausgestattet, so dass wir im Stadtverkehr kein luxuriöses Gleiten erleben durften, sondern eher ein unruhiges Zittern bei jeder Unebenheit. Erst über 80 km/h konnte die Luftfederung langsam die Oberhand gewinnen und man konnte erahnen, wie komfortabel es hätte sein können, wenn man sich bei den Felgen etwas Geld gespart hätte.

Mit Noise-Cancelling und jeder Menge Akustik-Dämpfung arbeitet Range Rover erfolgreich gegen Abrollgeräusche, doch vergisst dabei einen Punkt: Windgeräusche. Diese sind schon bei 120 km/h merklich zu hören, ab 200 km/h sind sie so laut, dass man sich nicht mehr normal unterhalten kann. Nächstes Kapitel: Die Technik im Range Rover. Der Bildschirm funktioniert, im Vergleich zur Luxus-SUV-Konkurrenz, eine Spur zu langsam, dafür gibt es kabelloses Apple CarPlay. Auch die Rückkehr zur praktischen Einstellung der Klimanlage und Sitzheizung ist lobenswert. Das muss definitiv nicht über einen getrennten Touchscreen gelöst werden, hier ist es vorbildlich. Die Fahrassistenten hat Range Rover zwar aufgerüstet, aber auch da ist in Sachen Reaktionsgeschwindigkeit, Feinheit der Eingriffe und Detailverliebtheit noch Abstand zur deutsch-/englischen Premium-Konkurrenz. Auch noch im Testtagebuch: Nach der Hälfte der Testdauer hat der Blinker plötzlich die doppelte Taktung an Akustiksignalen in den Innenraum abgegeben. Bis zum Testende konnten wir nicht eruiren was der Ursprung oder Grund dafür war, respektive es beheben.

Sportliches Fahren ist wie Bumerang werfen. Einlenken kann er dank Wankstabilisierung und Allradlenkung zackig, doch dann revanchiert sich die gefühlslose Lenkung und die schiere Masse gewaltig, so dass man sich nach der Kurve wieder zurücklehnt, den Fahrmodus wieder weg von «Dynamic» nimmt und die nächsten Passagen entspannter angeht. Entspannt kommt ein guter Flow auf, weit entfernt ist Kurven-Carving wie bei einer Alpine A110 möglich. Schwieriger Sprung, ich weiss. Hier ein Erklärungsversuch: Zwar ist die Karosserie in Bewegung, aber durch die Lenkung, die nach einer relativ grossen Totzone dann doch mal «greift», die erwähnten Helfer in Sachen Allradlenkung und aktiver Wankstabilisierung, geht das vorhersehbar und einfach von der Hand. So entsteht ein „Miteinander“ der Komponenten und dem Fahrer, was etwas Angewöhnung braucht, aber mir tatsächlich gefallen hat.

Wir fahren den D350, einen Dreiliter-Turbodieselmildhybrid mit 350 PS bei 4000 U/min und 700 Nm bei 1500 U/min. 0-100 km/h, 6.7 Sekunden. Das Fahrzeug ist damit weder unter- noch übermotorisiert und Getriebe und Motor verstehen es ausgesprochen gut, ihr Übriges zum komfortablen Cruisen beizutragen. Ich hätte gerne wieder einen Achtzylinder-Diesel im Motorenportfolio gesehen, aber darauf müssen wir leider verzichten. Als Plug-in Hybride gibt es einen P440e als 3.0 Liter Sechszylinder-Benziner mit 440 PS / 620 Nm, alternativ einen P510e als 3.0 Liter Sechszylinder-Benziner mit 510 PS / 700 Nm. Als Benziner gibt es den P400 mit 3.0 Liter Sechszylinder-Mildhybrid und 400 PS / 550 Nm, sowie den P530, 4.4 Liter V8, 530 PS / 750 Nm. Der P530 kommt übrigens von BMW. Selbstzünder, also Diesel, gibt ausschliesslich Mildhybrid-Motoren: Nebst unserer Motorisierung sind diese noch als D250 mit 3.0 Liter Sechszylinder 249 PS / 600 Nm oder D300, 3.0 Liter Sechszylinder 300 PS / 650 Nm erhältlich.

Kurzer Optikcheck. Vorne sieht es nur nach einem dezenten Facelift aus, ganz fein hat man Kühlergrill und Frontschürze, sowie die Scheinwerfer überarbeitet. An der Seite sieht man die typische und ikonische Range Rover Form am besten: Die abfallende Dachlinie, die starke Gürtellinie – mit ihrer horizontalen Betonung – und der nach unten ansteigende Schweller. Dazu haben die Designer die Anzahl der Fugen und Schnittstellen massiv reduziert, die Türgriffe fahren nun automatisch bündig ein und die Heckleuchten setzen das i-Tüpfelchen. Sie sind versteckt, bis sie beleuchtet werden. Die Art und Weise, wie die Rückleuchten in die Gesamtform des Range Rovers integriert ist, ist für mich das Highlight an diesem Fahrzeug.

Mit Rücksicht auf die 23-Zoll-Felgen sind wir nur einige ausgewaschene Feldwege gefahren und auch das mit höchster Vorsicht. Doch da glänzt der Range Rover enorm. Superschnelle Luftfederung, die Hinterachslenkung die mit bis zu 7.3 Grad die Hinterachse mitlenken lässt, die aktive Wankstabilsierung, die im Gelände ihre Stabilisatoren entkoppelt und so die Federwege maximiert, eine 3-D-Surround-Kamera, die vier Aussenbilder auf Wunsch auch zusammenrechnet und so das aktuelle Bild von z.B. unter dem Auto zeigt.

Hier wäre noch viel mehr möglich, wie beispielsweise der Watmodus zeigt: Er verriegelt automatisch den Antriebsstrang, schliesst alle Lüftungskanäle und bringt die Karosserie in Offroad-Höhe. Damit kann der Brite sicher bis zu 900 Millimeter tiefe Wasserpassagen durchqueren, ganz bequem wird die Wasserhöhe über die Wade-Sensing-Technologie auf dem Infotainment-Bildschirm dargestellt. Beim Deaktivieren des Wat-Programms betätigt Terrain Response 2 automatisch kurzzeitig die Bremsen, um die Scheiben zu trocknen und zu reinigen. Unmittelbar nach der Wasserdurchfahrt steht so wieder die volle Bremsleistung bereit.

Was bleibt also?
Dieser Test war nicht ganz einfach, wir mussten in „Was wäre wenn…?“-Theorien abtauchen und uns vorstellen, dass wir den Range Rover auf kleineren Felgen, ohne doppelte Blinkerakustiksignale und im groben Gelände / Wasser hätten testen dürfen. „Wäre“ es dann also eine Kaufempfehlung? Rein optisch, in Sachen Komfort, der Offroad-Fähigkeit und von der Begehrlichkeit, sowie dem Status des Range Rovers definitiv. Jedoch ist der Vorsprung gegenüber der Konkurrenz, verglichen mit unserem ersten Test von 2015, leider etwas gesunken – dafür ist der Basispreis für den D350 ausgehend von unserem Testwagendatenblatt von 2022 hin zum Land Rover Konfigurator in 2023 von CHF 136’300 auf CHF 155’100 angestiegen.

Wir haben über die gesamte Testdauer im sportlichen Schnitt 9,8 Liter Diesel auf 100 km verbraucht. Unser Testwagen war in „Charente Grey“ konfiguriert, mit einem Basispreis ab CHF 136’300, Testwagenpreis inkl. Optionen: CHF 179’520 (Stand: Ende Dezember 2022).

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp:
Belgravia Green, Shadow Pack, Dunkel getönte Scheiben ab B-Säule, 21-Zoll Gloss Black, Dach in Kontrastlackierung – Schwarz.

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