Wir sind den normalen M3 Touring nie offiziell gefahren. Privat gab es eine kurze Runde, ein erstes Gefühl, aber keinen redaktionellen Kontext. Dafür kennen wir die aktuelle M-Generation sehr gut: Den M4 Handschalter und die M3 Competition M-xDrive Limousine, dazu CS- und GTS-Modelle der Vorgeneration – auf der Strasse wie auch auf der Rennstrecke. Nun also Kombi. Und dann gleich CS. Ob das zusammenpasst? Das hier ist nicht nur ein „M3 mit grossem Kofferraum“, sondern ein CS – mit allem, was dieses Kürzel bei BMW M heute bedeutet.
Ersteindruck. Wow! Die Front wirkt tief, fast schon unverschämt tief. Die Carbonlippe sitzt so nah am Asphalt, dass man unwillkürlich über den Einfahrtswinkel der heimischen Garage nachdenkt. Darüber die nur teil-lackierte Carbonhaube mit sichtbarer Struktur. Leider fehlen die gelben Tagfahrlichter, ein unterdessen typisches CS-Merkmal und tolle Motorsport-Reminisenz.



Also rein ins Auto. Wie ist er Ersteindruck?
Tür auf. Der Einstieg ist tief, deutlich tiefer als in jedem normalen Touring. Du steigst nicht ein, du lässt dich zwischen die engen Wangen der serienmässigen M Carbon-Schalensitze fallen.
Enge Wangen, straffe Polster, eine Carbon-Aussparung zwischen den Beinen. Sehr schnell wird klar: Du sitzt perfekt – aber nur genau in einer möglichen Position. Diese ist hervorragend, aber Beine anwinkeln, leicht schräg sitzen, etwas zur Seite lehnen – all das ist nicht vorgesehen. Das hier ist ein Schraubstock. Aber genau das ist auch das Gefühl, das bleibt. Nicht nur heute, sondern Wochen und Monate später, wenn man an M-Fahrzeuge mit diesen Sitzen zurückdenkt. Wunderbar.
Der Kaltstart des S58 ist jedes Mal eine Wohltat. Rau, kernig, ohne falsche Zurückhaltung meldet sich der Reihensechszylinder zum Dienst. Hier noch einmal verstärkt durch den CS-spezifischen Titan-Endschalldämpfer. Der Klang ist metallischer, schärfer, einen Hauch aggressiver – wunderbar!

Die ersten Meter – Kann ein CS überhaupt so etwas wie Restkomfort?
Langsam losrollen. Comfort-Modus. Und trotzdem: entspannt fühlt sich das nicht an. Das Fahrwerk ist auch hier straff, jede Unebenheit wird sauber, aber ungefiltert weitergegeben. Kein Poltern, kein Schlagen – aber auch kein Kaschieren. Der CS Touring wirkt, als stünde er permanent unter Spannung. Bereit. Wach. Ungeduldig.
Das Getriebe schaltet ruhig, fast unauffällig. Der Motor knurrt zufrieden vor sich hin. Natürlich lassen sich auch im „Comfort“-Modus die Auspuffklappen per Tastendruck öffnen. So entsteht eine interessante Mischung: ergonomische Festgezurrtheit im engen Schalensitz, ein Motor, der akustisch präsent bleibt, dazu ein entspannt arbeitendes Getriebe und ein Fahrwerk, das straff ist, aber nicht knüppelhart. So etwas wie Restkomfort.

Landstrasse – Passt CS wirklich zu einem Kombi?
Ortsausgang. Über die M1- und M2-Setup-Shortcuts am Lenkrad wechsle ich von „leichte Schärfe für den Alltag“ auf „Sport+ mit richtig Würze“. Ein Knopfdruck – und der CS Touring spannt die Muskeln an.
Gas. Kein Turboloch, kein Zögern. Der 3.0-Liter-Reihensechszylinder liefert Druck ab Leerlauf, linear, kompromisslos. Die 550 PS fühlen sich auf der Landstrasse nach deutlich mehr an. Holla, die bayrische Kombifee – hier geht es so richtig vorwärts. Der Sound wird nochmals kerniger. Nicht alles davon wird real sein, wurscht. Es passt.
Erste Kurve. Spät bremsen. Kein Aufschwimmen, serienmässig wird über eine M Compound-Bremsanlage mit Sechskolben-Festsätteln vorne gebremst. Druckpunkt und Standfestigkeit passen zum Anspruch des Autos – kompromisslos, aber gut dosierbar. Optional gibt es Carbon-Keramik-Bremsen.

Der CS Touring bleibt stabil, als hätte man ihn mit der Strasse verschraubt. Einlenken. Und genau hier zeigt der M3 CS Touring, warum er seinen M-Verwandten in nichts nachsteht. Die Vorderachse beisst gierig in den Asphalt, mit einer Direktheit, wie sie im aktuellen M-AMG-RS-Zirkus nur die Münchner hinbekommen. Ein Impuls reicht – das Auto setzt ihn um.
Warum das sofort spürbar ist, erklärt sich schnell. BMW M hat beim CS nicht einfach an ein paar Stellschrauben gedreht, sondern tief ins Regal gegriffen: neue Federn, neue Dämpfer, neue Stabilisatoren, dazu mehr Negativsturz an der Vorderachse. Die Räder sind leichter, rund vier Kilogramm weniger rotierende Masse. Hinzu kommt optional eine massive Präzsisionsstrebe im Motorraum, die die Vorderpartie nochmals spürbar versteift. Und natürlich wurden sämtliche Fahrdynamik-Systeme exakt auf diese neuen Komponenten abgestimmt.

Die Lenkung ist direkt und präzise, wenn auch nicht immer ganz so sehr kommunikativ. 14,6:1 lautet das Übersetzungsverhältnis – für die Nerds unter euch. Im Scheitelpunkt arbeitet das Heck aktiv mit. Kein nervöses Zucken, keine Hektik. Stattdessen kontrollierte Hecklastigkeit, perfekt dosiert. Das M xDrive verteilt die Kraft so fein, dass du jederzeit spürst, woher der Schub kommt. Rausbeschleunigen.
Die Traktion ist brutal. Der CS stemmt sich aus der Kurve, als würde er die Strasse greifen wollen. Kurve auf Kurve entsteht ein Rhythmus. Bremsen. Einlenken. Gas. Alles passiert schnell, aber nie hektisch. Der M3 CS Touring fordert dich. Aber so richtig! Optional gibt es Michelin Pilot Sport Cup 2 oder Cup 2 R. Wir waren mit den alltagstauglicheren Michelin Pilot Sport 4 S unterwegs.

Autobahn – CS-Präzision, aber auch langstreckentauglich?
Langstrecke stand an. Landesgrenze überquert. Deutsche Autobahn. Auffahrt. Vollgas. Der Schub ist gewaltig. 100 km/h passieren beiläufig, 160 fühlen sich an wie Reisegeschwindigkeit. Ab 200 km/h wird klar, wie stabil dieses Auto ist. Der CS liegt satt, unerschütterlich, der Motor zieht linear und unbeirrt weiter. Laut Datenblatt: 0 auf 100 km/h in 3,5 Sekunden, 200 km/h nach 11,7 Sekunden, bei 300 km/h soll Schluss sein – sehr wohl elektronisch abgeriegelt.
Das Fahrwerk bleibt auch hier straff. Querfugen sind spürbar, aber sauber verarbeitet. Keine Unruhe, kein Stakkato, aber eben auch keine Nachgiebigkeit. Langstreckenkomfort? Möglich. Entspannt? Nicht wirklich. Dafür ist es zu laut, zu präsent, zu nervös auf Spurrillen – begünstigt durch die erhöhten Sturzwerte an der Vorderachse.
Das ist kein Autobahn-Sänftenträger. Das ist ein Hochleistungsgerät, das gerade ebenso gut zur nächsten Rennstrecke fahren kann.
Am liebsten aber über kurvige Landstrassen.

Exterieur – Radikal, funktional, aber etwas überschminkt?
Optisch ist der M3 CS Touring radikal. Sichtcarbon dominiert das Erscheinungsbild, fast schon demonstrativ. Motorhaube, Frontsplitter, vordere Lufteinlässe, Aussenspiegelkappen, Heckdiffusor – überall Kohlefaser. Das wirkt nicht verspielt, nicht dekorativ, sondern konsequent funktional.
Der Leichtbau ist dabei nicht Selbstzweck. Rund 15 Kilogramm spart der CS Touring gegenüber dem M3 Competition Touring mit M xDrive ein. Das ist auf dem Papier nicht spektakulär, in der Summe aus Carbonteilen, leichteren Rädern und optionaler M Präzisionsstrebe im Motorraum aber spürbar. Diese Strebe, ebenfalls unter Leichtbauaspekten entwickelt, erhöht die Steifigkeit der Vorderpartie nochmals deutlich und erklärt, warum sich die Front so messerscharf und unbeirrbar anfühlt.

Bei aller Carbon-Show bleibt der CS Touring ein Schwergewicht. Rund 1’925 Kilogramm nach EU-Norm stehen im Datenblatt. Beeindruckend ist weniger die Zahl als die Tatsache, wie gut BMW M diese Masse fahrdynamisch kaschiert.
Exklusiv ist der CS auch bei der Farbwahl. British Racing Green, Laguna Seca Blue, Frozen Solid White oder Saphirschwarz metallic. Mehr gibt es nicht. Das unterstreicht die Ernsthaftigkeit des Konzepts, nimmt Individualisten aber auch bewusst den Spielraum. Gleiches gilt für die eingeschränkte Felgenauswahl. Schwarz oder Gold. Das passt zur Philosophie, hinterlässt aber ein kleines Fragezeichen. Wenn hier schon alles in einem Auto vereint werden soll, warum dann diese gestalterische Strenge?



Dazu kommen die roten Akzente. Der rote Rahmen am Dachkantenspoiler, die roten Konturlinien an den Modellschriftzügen, kleine farbliche Reizpunkte hier und da. Sie sollen Motorsport zitieren, wirken teilweise aber fast wie Schminke. Ein Hauch weniger hätte dem Gesamteindruck gutgetan. Gerade weil der Rest des Autos so kompromisslos funktional ist, würde diese gerne abwählen können.
Sehr stimmig hingegen ist die Front. Die rahmenlose M-Niere in puristischer Ausführung, kombiniert mit den gelben LED-Tagfahrlichtern (sofern man nicht die “M Leuchten mit Shadow Line” auswählt wie bei unserem Testwagen), die sich klar an GT-Rennfahrzeugen orientieren. Hier stimmt die Referenz. Unterm Strich ist der M3 CS Touring eines der radikalsten Serien-Exterieurs, die BMW M je auf einen Kombi gestellt hat. Funktional, ehrlich, kompromisslos.
Interieur – Genial auf der Landstrasse, aber zu viel fürs tägliche Pendeln?
Innen besticht Carbon, Alcantara, tolle Ergonomie und viel Funktion. Alles im Cockpit folgt einem klaren Ziel: Viel dekoratives Beiwerk wie im neuen M5 sucht man vergeblich. Gut so.
Zentraler Ankerpunkt sind die serienmässigen M Carbon-Schalensitze. Elektrisch einstellbar, beheizbar, mit integrierten Kopfstützen, beleuchtetem CS-Schriftzug und Merino-Lederoberflächen in Schwarz/Rot. Sie sehen fantastisch aus, fühlen sich genauso an und bieten auf der Landstrasse wie auf der Rennstrecke perfekten Halt. Aber sie sind kompromisslos. Nach längeren Strecken spürst du sie. Immer. Nicht schmerzhaft, aber präsent. Das ist kein Sitz, der dich vergessen lässt, dass du in einem M unterwegs bist. Zu einem M3 CS Touring passt das für mich hervorragend. Ob man genau das in einem „Daily-Driver M3 Touring“ haben will, ist allerdings diskutierbar.




Die Sitzposition ist tief, sportlich, exakt. Das serienmässige M Alcantara-Lenkrad wurde bei uns durch ein optionales Leder-Lenkrad ersetzt. Ein abgeflachter Kranz und die rote 12-Uhr-Markierung blieben jedoch erhalten. Kleine Details wie die M Sicherheitsgurte, die M-Naht am Automatik-Wählhebel, die Einstiegsleisten mit Modellschriftzug oder der rote CS-Schriftzug auf der Mittelkonsole wirken nicht verspielt, sondern bewusst gesetzt. Verarbeitung und Materialwahl? Absolut perfekt.
Technisch ist alles an Bord, was man sich in einem modernen M-Fahrzeug wünscht. iDrive 8.5 läuft schnell, logisch, aufgeräumt. Das BMW Curved Display kombiniert ein 12,3-Zoll-Information Display mit einem 14,9-Zoll-Control Display. Die M-spezifischen Anzeigen sind hervorragend integriert. Oben die Shift Lights, unten der Status von M xDrive, Traktionskontrolle und Stabilitätssystemen. Alles jederzeit ablesbar, nichts überladen.
Die bereits erwähnte M-Setup-Taste auf der Mittelkonsole ist dabei Gold wert. Motor, Fahrwerk, Lenkung, Bremsanlage, M xDrive, Antriebssound, Stabilitätsregelung – alles lässt sich individuell konfigurieren und auf zwei Setups speichern, die über die M1- und M2-Tasten am Lenkrad abrufbar sind. Ein Knopfdruck, und das Auto verändert seinen Charakter spürbar. Ergänzt wird das Ganze durch M Drive Professional mit Drift Analyzer, Laptimer und der zehnstufigen M Traction Control. Spielerei? Vielleicht. Würden wir gerne mal auf einer abgesperrten Strecke ausprobieren.






Das Head-Up-Display mit M-spezifischen Anzeigen und Schaltblitz ist hervorragend umgesetzt. Blick auf der Strasse, Informationen genau da, wo man sie braucht. Und trotzdem bleibt der CS Touring ein Touring. Rückbank, Kofferraum, variable Ladefläche – alles vorhanden. 500 Liter Grundvolumen, bis zu 1’510 Liter bei umgeklappter Rückbank. Der Alltag funktioniert. Einkäufe, Gepäck, Hunde, Kinderwagen, Fahrrad – alles rein und trotzdem CS-mässig fahren? Möglich!
Komfortfeatures wie Komfortzugang, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Harman Kardon Soundsystem oder Parkassistent sind serienmässig an Bord. Optional lassen sich jedoch kaum Assistenzsysteme ergänzen. ACC, Spurhalteassistent, 360-Grad-Kamera? Fehlanzeige. Die Puristen freuts, andere die einen extremen Daily wollen, würden das vielleicht gerne haben.
Fazit

Wir haben den M5 Touring zur besten 1-Auto-Garage mit verfügbarer Ladestation gekürt. Ist der BMW M3 CS Touring die beste 1-Auto-Garage? Nein. Dafür ist er zu hart. Zu laut. Zu fordernd. Der M3 CS Touring ist etwas anderes. Er ist ein kompakter Über-Kombi, der sich jeder Vernunft verweigert. Er ist nicht bequem, nicht subtil, nicht angepasst. Aber er ist radikal und emotional. Man kauft ihn nicht, weil er Sinn macht. Man kauft ihn, weil man weiss: So etwas hat es noch nie gegeben – und wird es möglicherweise nie wieder geben. Und wenn er eines Tages verschwindet, wird man sich nicht darüber ärgern, ihn zu selten gefahren zu haben, sondern einmal zu wenig den Umweg über die Lieblingslandstrasse genommen zu haben. Die OneMoreLap. Approved. Mehr als!
Unser Verbrauch lag im Schnitt bei 12.6 l / 100 km. Der Basispreis beginnt bei CHF 189’900.00 CHF, der Testwagenpreis lag bei 210’470 CHF.
OneMoreLap.com-Konfigurationstipp:
Laguna Seca Blau Uni, 19″/20″ M LM-Räder Sternspeiche 827 M Schwarz
Weitere Impressionen:













