Der fünftürige Audi RS5 Sportback hat keinen Vorgänger und ebenfalls keine direkten Wettbewerber. Klingt nach einem leichten Spiel.
Konnte er uns überzeugen?
Bereits im Juli 2018 hatten wir das Vergnügen mit einem Audi RS5, damals jedoch als Coupé. Wir haben etwas Charakter vermisst, das Coupé war uns zu wenig aufgeregt. Schnell, traktionsstark, keine Überraschungen. Machen mehr Türen also mehr Sinn, weil der RS5 sowieso mehr Alltagssportler als Hardcore-Fahrmaschine ist? Finden wir das heraus.
Heute sitzen wir also im fünftürigen RS5 Sportback, direkt umschlungen von dem Feinnappa-Sportsitz der keineswegs hart oder unbequem wirkt. Der Startknopf ist Audi-typisch in der Mittelkonsole eingelassen, der mit einem sanften Tastendruck das 2.9 Liter grosse Kraftaggregat zum Leben erwachen lässt. So beginnt die Vier-Takt-V-Sechs-Zylinder Melodie zu spielen. Nicht röhrend und trotzdem präsent. Audi-Fans mögen nun sagen, der dezente Klang (den wir schon beim Coupé bemängelt haben), passt besser zu den GT-Aspekten des Sportbacks. Wir sagen: Es könnte und müsste etwas lauter sein.
In der Informatik gilt folgendes Sprichwort: «Never change a running system» – das gilt bei Audi wohl auch für den Motor, denn auch hier finden wir den bereits erwähnten 2,9 Liter TFSI mit satten 450 PS und 600 Nm. Das maximale Drehmoment steht von 1.900 bis 5.000 Umdrehungen pro Minute bereit. Damit beschleunigt der RS5 Sportback in knapp unter vier Sekunden auf Tempo 100 km/h, um genau zu sein in 3,9 Sekunden.
Zwei Türen mehr bringt auch viel Gewicht mit sich? Nein, nicht wirklich. Das Datenblatt verrät, dass es «nur» 35 kg Mehrgewicht im Vergleich zum Coupé sind. Hört sich nach wenig an, doch bei einem Gesamtgewicht von nun über 1700 kg ist es definitiv kein Leichtgewicht.
Die Ortsausfahrt naht und wir wechseln den «drive mode» über die frei konfigurierbare Stern-Taste am Lenkrad auf «dynamic» und nehmen die ersten Kurven. Unser Testwagen ist mit dem RS-Sportfahrwerk plus (DRC) ausgestattet, welches seinen Job erstklassig verrichtet. Für meinen Geschmack zwar etwas zu hart für unsere Landstrassen, jedoch für glatte Rennstrecken wohl perfekt. Fünftürer & Rennstrecken? Ach, lassen wir das. Das Chassis ist besonders verwindungssteif und vermittelt ein Fahrgefühl, als hätte der RS5 absurd breite Achsen.
Verantwortlich dafür ist das vorhin erwähnte optionale Sportfahrwerk. Es arbeitet mit Stahlfedern und dreistufig einstellbaren Dämpfern. Diese sind über diagonale Ölleitungen und ein Zentralventil miteinander verbunden. Bei schneller Kurvenfahrt wirken die Ventile auf die Ölströmung am Dämpfer des eingefederten kurvenäusseren Vorderrads. Sie verstärken die Abstützung, reduzieren Nick- und Wankbewegungen und verbessern somit das Fahrverhalten.
Die Keramik-Bremsanlage (vorne) imponiert schon beim Anschauen und enttäuscht auch im Einsatz kein bisschen. Schade sind die Keramik-Bremsscheiben nur auf der Vorderachse montiert, die Hinterachse kommt trotzdem gut zurecht mit den Stahlbremsscheiben. Der harte Begrenzer in der manuellen Gasse der 8-Stufen-Automatik ist ein kleiner Lichtblick in einem sonst so rundgeschliffenen Performance-Gerät.
Dann ist da noch der Quattro-Antrieb. Es gibt Hersteller wie Porsche, BMW, Mercedes oder sogar Land Rover, die es in ihren Sportmodellen schaffen, ein Gefühl von heckgetriebenem Fahren in dynamischen Kurven aufkommen zu lassen, ganz ohne dass man Rettungsanker wie ESP oder Traktionskontrollen von Bord werfen muss. Bei Audi ist es leider immer dasselbe Spiel, stets neutral ausgeglichen, sofern man nicht die Taste für die Fahrsicherheitssysteme angeht.
Doch was bringt all die Kritik, wenn der RS5 Sportback keinen wirklichen Rivalen in seiner Nische hat? Audi hat ihn clever positioniert. Ob Absicht oder Zufall, kommt er just nachdem der aktuelle M3 vom Band genommen wurde und BMW auch kein M4 Grand-Coupé im Portfolio hat. Weiter gibt es auch den Mercedes-AMG C63 und die Alfa Romeo Giulia QV nicht als Allradler und auch bei den Stuttgartern klafft ein Loch im Portfolio zwischen dem fünftürigen CLA Coupé und dem fünftürigen CLS Coupé.
Aussen verrät sich der RS5 Sportback über Details wie dem «Power Dome» auf der Motorhaube, den ausmodellierten Flanken, massive Lufteinlässe mit einer RS-spezifischen Wabenstruktur, sowie einen Frontspoiler mit quattro-Schriftzug in Aluminium matt. Für einen sportlichen Heckabschluss sorgen ein RS-spezifischer Diffusoreinsatz, die RS-Abgasanlage mit ovalen Endrohren sowie eine aufgesetzte Spoilerlippe.
Der Innenraum des neuen Audi RS5 Sportback ist ganz in Schwarz gehalten, die RS-Sportsitze mit optionaler Wabensteppung in Leder Feinnappa und das unten abgeflachte RS-Lenkrad erinnern an die RS-Familienzugehörigkeit.
Nett: Spezielle RS-Anzeigen im «virtual cockpit» informieren über Reifendruck, Drehmoment und g-Kräfte. Die Schaltblitz-Darstellung fordert den Fahrer im manuellen Modus beim Erreichen der Drehzahlgrenze zum Hochschalten auf. Die Verarbeitung ist Audi-typisch auf sehr hohem Niveau. Leider war unser Testfahrzeug ohne Assistenzsysteme wie ACC oder aktiver Spurhalteassistent ausgestattet, jedoch sind diese optional lieferbar.
Was bleibt also?
Präzise, zielorientiert und pünktlich. Typisch deutsche Attribute, die auch genau auf den Audi RS5 Sportback zutreffen. Letzteres indirekt, jedoch helfen 450 Argumente wieder Zeit gut zu machen. Die Zutaten gemischt zu einem kühlen, aber effektiven Drink passen, unserer Meinung nach, immer noch am besten zum Audi RS4 Avant, doch der RS5 Sportback eröffnet eine kleine neue Nische, in der er ebenfalls aufgeht und seine Käufer finden wird.
Angaben zu Verbrauch & Preis
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 10,4 Liter Benzin / 100 km. Der Basispreis für den Audi RS5 Sportback liegt bei CHF 108’300, unser Testwagen mit optionalen Ausstattungen in der Aussenlackierung “navarrablau metallic” liegt bei CHF 146’417.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp:
Aussenfarbe Sonomagrün metallic, Aussenspiegelgehäuse in Aluminiumoptik matt, Aluminium-Schmiederäder im 10-Speichen-Stern-Design, Dekoreinlagen Carbon Köper matt, Alcantara/Leder-Kombination, Privacy Verglasung
Anmerkung: Kurz vor dem Jahreswechsel hat die Audi Sport GmbH den RS5 (sowohl Coupé als auch Sportback) optisch und mit kleinen Features aber ohne Leistungszuwachs als Facelift nachgewürzt. Besonders die Aussenhaut wurde gestrafft und den grösseren Brüdern RS6 & RS7 angepasst. Das von uns gezeigte Modell kann somit nicht mehr neu bestellt werden.
Mehr Impressionen:
Hi Luca
Ich suche ziemlich genau den Wagen in der Kombination. Weisst du zufällig wem er jetzt gehört oder wo er hin zurück ging?
Hoi Michael, vielen Dank für deinen Kommentar. Die Pressefahrzeuge werden nach etwa 20’000 km aus der Pressefuhrpark ausgelöst und entweder AMAG-intern verkauft oder gehen an einen Händler als junger Gebrauchter. Hilft dir das weiter? Herzliche Grüsse, dein Team von OneMoreLap.com