Der VW T-Roc R soll Lifestyle und Performance vereinen, ist aber gleichermassen ein Kompromiss sondergleichen. Kann das funktionieren? Wir gehen der Sache nach.
Starten wir mit einem Blick in die Geschichtsbücher. Der VW Golf Country war ein höher gelegter Golf, der in kleiner Stückzahl bei Steyr-Daimler-Puch hergestellt wurde, quasi ein Kind von einem Golf und einer G-Klasse. Als der Golf Country im Mai 1990 in Serie ging war er einer der Mitbegründer der heutigen Crossover-Modelle. Damals seiner Zeit voraus, avanciert er heute zum Klassiker. Für uns ist der T-Roc der direkte Nachfolger des Golf Country.
Vorläufer der aktuellen Crossover-Modelle – der allradgetriebene, höher gelegte Golf Country mit 98 PS wurde 1990/91 bei Steyr-Daimler-Puch in Graz knapp 8000mal gefertigt.
Heute prägen Crossover-Modelle das Strassenbild. Zeit, uns da mitmischen zu lassen. Wir steigen in den T-Roc R ein und drücken den Startknopf. Die optionale Titan-Sportauspuffanlage meldet sich deutlich zu Wort und die Fahrt beginnt. Kurven erscheinen am Horizont, der Race-Modus verspricht maximale Kurvenfreude.
Ernüchterung folgt, der T-Roc fährt sportlich, aber weit entfernt von der Präzision eines Golf R, der etwas mehr „am Boden geblieben“ ist, sich präziser und ausgewogener anfühlt. Der T-Roc ist mit mehr Bodenfreiheit ausgestattet als ein Golf, als R wird er jedoch wieder 2 cm tiefergelegt, so dass nur noch 1.3 cm mehr Bodenfreiheit übrig bleiben.
Vergleicht man ihn allerdings nicht mit dem Golf R, sondern in seiner Crossover-Klasse muss man schon sagen, dass er deutlich munterer, agiler und „leichtfüssiger“ wirkt, als ein leicht grösserer Cupra Ateca. Der aktuelle MINI Countryman JCW spielt nun ebenfalls in derselben Powerliga, kam uns aber noch nicht in die Hände.
Die Bremse ist standhaft, die Lenkung direkt, der Klang der slowenischen Titanabgasanlage von Akrapovič (CHF 3650.-) lässt den T-Roc R zudem emotional werden. Der Sound ist kernig, ohne auf Dauer lästig zu sein. Geht man über 3’500 Umdrehungen vom Gas, gibt es kleine, aber durchaus unterschiedliche Plop- und Knallgeräusche. In Zeiten mit OPF und neuen Lärmregelungen ist das ganz ordentlich für ein Auto „ab Stange“.
Halt. Wir sind vom Thema abgekommen. Der Golf Country. von anno dazumal war mit seinen 98 PS definitiv kein Sportler, doch er konnte Freiheit vermitteln. Das berühmte „Wir könnten, wenn wir wollten“-Gefühl. So auch im T-Roc R.
Feldweg? Schotter? Ja, los! Staubwolke im Rückspiegel, der 4Motion Allrad darf in der Schotterkurve gleichmässig die 300 PS und 400 Nm Drehmoment an die kleinen Kieselsteine schicken. Wenig davon kommt an, egal, es macht Spass. Das ist alles was zählt. Das würde wohl auch im Golf R gehen, aber da traut man sich irgendwie nicht, weil man nicht in einem Crossover sitzt und so das erwähnte „Wir könnten, wenn wir wollten“-Gefühl fehlt.
Kurze Pause. Aussencheck. Die Optik wurde im Vergleich zum normalen T-Roc modifiziert, man soll ja sehen, dass der R in nur 4,8 Sekunden von 0-100 km/h sprinten könnte. Vorne sind neu vertikal angeordnete Tagfahrlichter implementiert, während hinten „optische“ Luftauslässe und ein Diffusor verbaut wurden. Die optionalen Pretoria 19 Zoll Felgen in „Dark Graphite“ erinnern an den Golf R.
Leider fehlen Attribute an den Golf Country, die den T-Roc R, ähnlich wie den MINI Countryman, in die Rallye-Kult-Ecke bringen könnten. Man verlässt sich wohl auf die Lifestyle- und „Ich-will-höher-sitzen“-Schiene.
Im Innenraum entdecken wir gute Sportsitze mit R-Logo. Im Vergleich zum Golf bietet der T-Roc eine etwas aufrechtere Sitzposition, typisch Crossover. Unser Testwagen war mit den optionalen Dekoreinlagen in «Lapiz Blue Matt» ausgestattet, die leider noch mehr auffällig-blauen Kunststoff in den sonst schon plastiküberladenen Innenraum bringt.
In Sachen Assistenzsysteme zählen wir einen Front Assist mit City-Notbremsfunktion und Lane Assist, die serienmässig an Bord sind. Optional stehen weiter ein Stauassistent für das Adaptive Cruise Control (ACC) System zur Verfügung, ebenso ein Toter-Winkel-Warner.
Was bleibt also?
Der T-Roc R wird sich verkaufen. Er kann Spass machen, sofern man sich traut, den befestigten Untergrund zu verlassen, was wohl nur eine Handvoll Käufer je machen werden. Die meisten werden sich am „Wir könnten, wenn wir wollten“-Gefühl erfreuen. Dynamiker sollten zum Golf R greifen, wer allerdings eine Anhängevorrichtung benötigt, wird wieder beim T-Roc R landen, denn diese hat der Golf R nicht.
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 9,8 Liter Benzin auf 100 km. Der Basispreis für den T-Roc R liegt bei CHF 51’950.-, unser Testwagen in «lapiz blue metallic / black» liegt inkl. Mehrausstattung bei CHF 65’887.-.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Farbe «white silver metallic / schwarz uni», Titanabgasanlage Akrapovič, Pretoria 19-Zoll Felgen, abgedunkelte Seiten- und Heckscheiben
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