Der Alfa Romeo 4C soll in Sachen „Cuore Sportivo“ (zu Deutsch sportliches Herz) glänzen und so den eingeschlafenen Sportsgeist der Marke Alfa Romeo wieder zum Leben erwecken. Wir sind den 4C gefahren und haben das für euch getestet.
Schon in den frühen 30er-Jahren, um genau zu sein im Jahre 1933, konnte Alfa mit dem „8C 2900“ sich den Rekord für das schnellste Serienauto der Welt holen. So war Alfa Romeo auch bis vor knapp 10 Jahren mit den GTA-Modellen bekannt für sportliche Automobile. Doch dann wurde es ruhig um die Marke. Brera, GT, Giulietta und MiTo konnten nie wirklich als Sportler glänzen. Der Alfa Romeo 4C will nun einen Neuanfang markieren. Gelingt ihm das?
Kurzer Aussencheck: Was für eine Linie. Schwungvoll, dynamisch und harmonisch. Der schönste Alfa seit dem Alfa Romeo Spider von 1967. Der zweite Blick aufs Auto lässt aber auch erahnen, dass das Ein- und Aussteigen, dank den winzigen Türöffnungen und der breiten Einstiegsleiste kein Kindergeburtstag werden wird, besonders nicht für Menschen über 1,75m Körpergrösse. Also Türe auf und rein. Die Erahnung wird zwar Realität, doch nach einer Woche 4C kann ich (1,77m) behaupten, dass das zumindest an jeder Tankstelle wo die Leute besonders auf den Alfa 4C fixiert sind, ganz elegant über die Bühne geht. Zum Einen durch seine geringe Bauhöhe zum Anderen durch den optionalen (Race-)Sportauspuff welcher ungedämpft die verbrannten Abgase verpuffen lässt. La Bella Macchina zieht nicht nur an der Tankstelle die Blicke auf sich, sondern ziemlich überall wo man lang fährt oder parkt. Man wird bestaunt und viele outen sich als alte „Alfisti“ und erzählen über ihre Liebe zur Marke aus Mailand. Er polarisiert. Wäre er nicht noch viel schöner, würde man auf die in den USA obligatorischen orangen Rückstrahler an den Radkästen verzichten? Die insektenähnlichen Scheinwerfer vorne sind ebenfalls misslungen, allerdings hat da Alfa schon nachkorrigiert und verbaut beim 4C Spyder nun eine verschönerte Version .
Hat man dann den Sitz hinter dem Lenkrad erklommen, kann die Fahrt beginnen. Startknopf, Fehlanzeige. Wir müssen den Schlüssel einstecken und umdrehen. Oldschool. Die Italiener verbauen im 4C ein Carbon Monocoque und zeigen dieses auch so oft wie möglich. Rennsport Atmosphäre dank Carbon-Überfluss. Gefällt. Radio und Klima können optional dazu geordert werden, ansonsten fallen sie weg, was auch wieder dem Fahrzeuggewicht mit 895 kg Trockengewicht entgegen kommt.
Ist das Aggregat gezündet, ist auch sofort das nicht-alltagstaugliche Ein- und Aussteigen vergessen, er röhrt, stottert und knallt als wäre alles zu spät. Alles was man im 4C spürt und hört ist ungefiltert und pur. An dieser Stelle ein grosses Lob an Alfa Romeo, die auf peinliche Soundgeneratoren verzichten und so eines der letzten ehrlichen Fahrzeuge auf die Strasse rollen lassen. Das schreiende und basslastige Konzert sorgt für blankes Staunen wenn man sich in den Hinterkopf ruft, dass im 4C „nur“ vier Zylinder unter der Glasscheibe arbeiten. Daher übrigens auch der Name 4C = 4 Cylindri (Zylinder). Diese schöpfen aus 1742 cm³ Hubraum 241 PS bei 6000 Umdrehungen und ein maximales Drehmoment von 350 Nm bei 2200–4250 Umdrehungen.
Unser italienisches Fliegengewicht bietet vier verschiedene Fahrmodi, NATURAL, DYNAMIC, ALL WEATHER und RACE. NATURAL sollte den Fahrer entspannt zur Rennstrecke oder zu kurvigen Passtrassen führen, dabei lässt sich das Gas wunderbar dosieren und der Motor ist nicht allzu bissig. Im DYNAMIC lässt die Elektronik schon etwas mehr Querdynamik zu, die Regelgrenze des ESP wandert mehr in Richtung Performance und die Launch Control steht zur Verfügung. Im ALFA ROMEO RACE wird nun auch noch das ESP komplett ausgeschaltet, damit der Fahrer die komplette Herrschaft über sein Fahrzeug hat. Zu guter Letzt noch ein ALL WEATHER Programm welches das Anfahren bei Regen, Schnee oder Matsch mit viel „Amore“ meistert ohne die Räder durchdrehen zu lassen. Diese lassen sich ganz einfach über den DNA-Schalter erreichen welcher rechts vor dem Handbremsgriff platziert ist. Das Cockpit ist stark auf den Fahrer ausgerichtet und alle wichtigen Informationen werden über ein hochauflösendes TFT-Display angezeigt.
Zum Reisen wurde der 4C nicht gebaut, doch für puren Fahrspass. Er lässt den Fahrer wirklich alles spüren, seien es Steine die in die Radläufe geschleudert werden oder schon kleinste Bodenunebenheiten. Servolenkung? Fehlanzeige. Der Fahrer bekommt das Feedback ungefiltert weitergeleitet. So melden sich der Rücken und die Handgelenke nach Autobahnfahrten viel früher zu Wort als in anderen Fahrzeugen. Irgendwie schön, irgendwie masochistisch. Man geniesst zwar das direkte Feedback, bereut es aber auf der nächsten Etappe, die nicht auf einer kurvigen Bergstrasse oder einer Rennstrecke entlang führt, auch schon wieder. Durch die so niedrige Bauhöhe liegt natürlich der Schwerpunkt weit unten, die Kurvenlage ist neutral ausgelegt und man spürt nicht wirklich, wie nahe man sich am Grenzbereich bewegt. Bei höheren Geschwindigkeiten jenseits von 150 km/h macht sich das geringe Gewicht wieder bemerkbar. Da wird der Alfa 4C ziemlich unruhig schon bei leichtem Seitenwind. Das 6-Gang TCT Getriebe schaltet die Gänge hart ohne Rücksicht auf die Insassen. Die Schaltpausen waren doch einiges länger als beim SMG vom BMW M3 welcher zur gleichen Zeit im Testfuhrpark war. Wenn sich beide Testfahrer auf einer kurvigen Bergstrecke getroffen haben, wurde schnell klar, obwohl sich der 4C sehr schnell anfühlt, ist man im M3 unaufgeregt schneller und kommt sogar noch (mit bis zu 4 Mitfahrern) entspannter am Ziel an. Will man das? Einstellungssache. Das TCT-Getriebe im Alfa Romeo überzeugt ebenfalls nicht ganz. Beim Versuch 50 km/h Innerorts zu fahren und das etwas lärmfreundlich im 5ten Gang zu vollziehen, kommt die nervige Meldung „Vorgang nicht Zulässig“ hinterlegt mit einem Gong aus der Instrumententafel. Da wünsche ich mir doch ein manuelles 6-Gang Getriebe.
Mein Fazit zum Alfa Romeo 4C ist zweigespalten. Als Zweit- oder Drittwagen ist er zwar immer noch teilweise mühsam ohne Servolenkung, so gut wie keinem Geradeauslauf, mit mickrigem Tank von nur 30 Litern Tankinhalt und dem eigenwilligen TCT-Getriebe. Doch er belohnt auch mit einer Unmenge an Emotionen, dem Turbozischen und der unverfälschten, aber ehrlichen Fahrdynamik.
Der Preis von unserem Testwagen dem Alfa Romeo 4C liegt bei rund 76‘300 CHF. Lässt man das optional erhältliche Sportfahrwerk, die satinierten Aussenspiegelverkleidungen, die roten Bremssättel, die 18”–19”-Leichtmetallfelgen und die Sportsitze mit rotem Lederbezug weg, ist der Alfa Romeo 4C um 5‘300.- günstiger zu haben. Der Verbrauch lag während der Testdauer bei ca. 9,8l / 100km (sportliche Fahrweise).
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Sehr schöner Fahrbericht zum Alfa 4C, die Emotionen und das Fahrgefühl sind definitiv einzigartig bei diesem Fahrzeug. Die Kritikpunkte werden zwar recht deutlich angesprochen, sind jedoch berechtigt bei einem Auto dieser Preisklasse.