Autotechnik für Motorräder: Auf die kommende Saison bieten BMW und Ducati, vermutlich auch KTM, erstmals Töff mit Radar und Abstandstempomat.
Nicht alle neue Technik, die im Auto gefällt, macht auch im Motorrad Sinn. Der Abstandstempomat, in der Branche auch als ACC – für Active Cruise Control – bekannt, passt für eine gewisse Kategorie Motorräder aber durchaus. Für jene nämlich, mit denen man auch auf langweiligen Strecken unterwegs ist. Dort wo sich der Verkehr einigermassen gleichförmig vorwärts quält und der Fahrspass gegen Null tendiert. Also auf vielbefahrenen Landstrassen und auf der Autobahn.
Mit der scharfen Supermoto oder dem coolen Retro-Roadster meidet man solche Pfade wie der Vampir das Tageslicht. Mit Reisemotorrädern (oder dann mit Rollern für den etwas längeren Arbeitsweg) gilt hin und wieder die Devise «Meter machen», unter dem Motto lieber schnell dorthin, wo Töff fahren Spass macht als gar nie ankommen.
Et voilà, deshalb werden 2021 nun also zwei unterschiedlich geartete Reisemotorräder erstmals mit einem Abstandstempomaten ausgestattet: Der klassische Luxustourer mit Boxermotor von BMW, die R 1250 RT. Und die Reiseenduro Ducati Multistrada. Dazu könnte sich zumindest noch ein dritter Hersteller gesellen, von denen eine überarbeitete Version der grossen Reiseenduro Super Adventure 1290 erwartet wird, die dann wohl ebenfalls ein Radar-Modul in die Frontverkleidung integriert.
Die Gleichzeitigkeit der Ereignisse ist kein Zufall, denn alle diese Hersteller haben beste Kontakte zum Technozulieferer Bosch. 2018 kündigten die Deutschen an der Mailänder Fachmesse Eicma den Abstandstempomaten an. Damals kündigte Bosch zudem einen Kollisionswarner und einen Toter-Winkel-Warner an. Letzterer findet sich in der Ducati Multistrada, nicht aber der Kollisionswarner. Auch in den Presseunterlagen von BMW ist von der akustischen Warnung vor Fahrzeugen, denen man zu nahe kommt, keine Rede.
Doch sicher am spannendsten ist ACC, weil es ein Feature ist, das sowohl dem Komfort wie der Sicherheit dient. Bei häufig wechselnden Geschwindigkeiten ist ein Tempomat nur dann hilfreich, wenn er selbständig die Distanz zum vorderen Fahrzeug hält. Damit wird nicht nur der Kopf entlastet, sondern auch die rechte Hand, welche nicht mehr konstant den Gasgriff umklammern muss.
Anderseits kann ein Abstandstempomat Auffahrunfälle vermeiden. Eine Sekunde der Unaufmerksamkeit kann genügen, um hinter einem verzögernden «Vordermann» nicht mehr rechtzeitig bremsen zu können. Eine Einschränkung sei den Nutzern des erstmalig eingesetzten Abstandstempomaten allerdings nahegelegt: Die Radarsensorik erkennt nur voraus fahrende Objekte, nicht aber von der Ladefläche gekippte Möbel oder, noch wahrscheinlicher, ein stehendes Auto am Stauende.
Die Bedienung des ACC beschreibt BMW folgendermassen: «Geschwindigkeit und Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug lassen sich bequem über einen Taster festlegen. Der Abstand kann in drei Stufen eingestellt und die Wunschgeschwindigkeit zwischen 30 und 160 km/h festgelegt werden. Dabei ist die individuelle Einstellung jederzeit im TFT-Display sichtbar. Zwei wählbare Charakteristika stehen für das Regelverhalten zu Auswahl: „komfortabel“ oder „dynamisch“, wobei sowohl Beschleunigung als auch Verzögerung entsprechend beeinflusst werden.»