Der Golf 8 – er wird uns noch lange begleiten und somit starten wir ausnahmsweise mal nicht mit einem Sportmodell, sondern der Basis. Basis bedeutet in unserem Falle 150 PS, Vierzylinder und als Mildhybrid «eTSI». Der Fokus liegt auf dem Design, der Bedienung, der Technik und dem Interieur. Wir behandeln die Fahrimpressionen nur kurz und schaffen eine gute «Basis», so dass wir später bei den Sportmodellen mehr Fokus auf die Fahrdynamik und Fahrfreude legen können.
Beginnen wir also mit einem Aussencheck. Die Zeit hat die Silhouette stark gewandelt, doch die markante C-Säule blieb bis heute eines der wenigen stetigen Erkennungsmerkmale eines Golfs. Fernab von den immer gleichen Designelementen eines Porsche 911, will man sich beim Golf immer wieder neu erfinden, obwohl die Idee doch so zeitlos und genial ist: Seit dem Debüt vor 45 Jahren war dieser Volkswagen immer ein Fahrzeug, das eine hohe Alltagstauglichkeit mit einem klaren, präzisen Design in Einklang brachte.
Obwohl beim Golf 8 die Aussenmasse gleichblieben, wurde an der Aerodynamik geschraubt. Die Stirnfläche wurde auf 2,21 m2 qm gesenkt, der Luftwiderstandsbeiwert (cw) von 0,3 auf 0,275. Das wurde durch verschiedenste Massnahmen realisiert. Dazu gehören neben dem generell aerodynamischeren Design cw-optimierte Aussenspiegel, Aeroecken und Spoiler im hinteren Dachbereich, eine vollflächige Unterbodenverkleidung und aerodynamisch optimierte Features in den Radhausschalen.
Vorne beginnt beim Golf 8 auch schon das Technikfeuerwerk. Die sogenannten «IQ Light Matrix LED» Scheinwerfer nutzen eine Matrix aus Lichtpunkten. Das sind einzeln aktivierbare Leuchtdioden. Eine Matrix des Abblendlichtes wird dabei aus einer Platine mit 48 LED gebildet, die Platine des Fernlichtes ist mit 27 LEDs bestückt. Zu den insgesamt 75 Leuchtdioden des Abblend- und Fernlichtes addieren sich diverse weitere LED-Punkte, wie zum Beispiel die Vorfeldausleuchtung, sowie Signalfunktionen (Tagfahr- und Positionslicht sowie animiertes Blinklicht). So kommen insgesamt 128 Leuchtdioden in einem Scheinwerfer zusammen.
Vom Scheinwerfer in den Motorraum. In unserem Testwagen werkelt der 1.5 Liter eTSI mit 150 PS. Das kleine «e» weisst auf einen Mildhybrid hin, der das Anfahren unterstützt und beim Bremsen seine kleine Zusatzbatterie wieder auflädt. Das 7-Gang DSG sorgt dafür, dass sich der Motor in einem möglichst effizienten Drehzahlband bewegt und schaltet die Gänge sehr schnell hoch, um den Verbrauch niedrig zu halten. Die 250 Newtonmeter maximales Drehmoment liefert der Motor zwischen 1’500 bis 3’500 1/min.
Tatsächlich sind schon acht der angebotenen Motorisierungen Hybrid oder Mildhybrid-Varianten. Der Mildhybrid setzt sich aus einem Riemen-Startergenerator und einer 48V-Lithium-Ionen-Batterie zusammen und macht so die TSI-Motoren effizienter. Das 48V-System ermöglicht es zudem, mit komplett abgeschaltetem Verbrennungsmotor zu „segeln“ und dadurch nochmals Kraftstoff zu sparen. Der Wiederstart des Motors ist dank des 48V-Systems vibrationslos und somit komfortabler.
Zusätzlich zu den drei Leistungsstufen des eTSI (110 PS, 130 PS und 150 PS) wird es die achte Generation des Golfs auch mit zwei Plug-in-Hybridantrieben geben. Eine neue Effizienzversion leistet 204 PS, eine sportlich ausgelegte GTE-Version liefert 245 PS. Beide Golf mit Plug-in-Hybrid-Antriebe haben eine neue 13-kWh-Lithium-Ionen-Batterie an Bord, die elektrische Reichweiten von circa 60 Kilometern ermöglicht. Dazu gibt es im Motorenportfolio weiterhin Dieselmotoren (115 PS und 150 PS), sowie reine Benziner mit 110 PS, 130 PS, 150 PS, sowie den GTI mit 245 PS, GTI Clubsport mit 300 PS und als R mit 320 PS. Die Sportmodelle werden wir bei OneMoreLap zu einem späteren Zeitpunkt noch fahren.
Kurze Fahrimpression. Die 150 PS kommen voran, unser Testwagen kam leider ohne die adaptiven Dämpfer «DCC» und ohne die direktere Progressivlenkung, was zu einem komfortablen, aber nicht taub-entkoppeltem Fahrgefühl geführt hat. Die goldene Mitte? Ja für den Ottonormalverbraucher bestimmt. Denn die optionalen 18-Zoll Räder auf Winterreifen haben ehrlich und direkt eingelenkt, die Lenkung war zwar um die Mittellage etwas weich, aber später ebenfalls genau und mitteilsam. Im Vergleich mit einem Brot-und-Butter-Golf 7 definitiv eine Verbesserung. Braucht es mehr für den normalen «Hausgebrauch»? Nein, ich denke nicht.
Der Innenraum ist in Sachen Verarbeitung und Materialwahl ein Aufstieg verglichen zu einem gleichwertigen Golf 7. Wir fahren die Ausführung «Style» mit serienmässigem ergoActive Fahrersitz mit elektrischer 14-Wege-Einstellung. Er verfügt sogar über eine Lendenwirbelstütze mit Massagefunktion. Der Innenraum ist aufgeräumt und zum Fahrer gerichtet. Der kleine Kippschalter für das Getriebe erinnert an den Porsche 911, Baureihe 992. Das gefällt. Links vom Lenkrad gibt es Touch-Schnellzugriffe für die Aussenbeleuchtung, während das Ambientelicht im Innenraum mit optional bis zu 32 unterschiedlichen Farbtönen einstellbar ist.
Doch nun ans Eingemachte. Zur Digitalisierung. Das Cockpit des Golf 8 ist nun serienmässig digital, somit gibt es den analogen Drehzahlmesser und die Geschwindigkeitsanzeige mit „richtiger“ Tachonadel nicht mehr. Ein Touch-Slider unterhalb des Infotainmentsystems ermöglicht den Direktzugriff auf die Temperatur- und Lautstärkeregelung, abgeschaut von Apple’s MacBook Pro ist es hier leider nicht gelungen, die Bedienung schneller, einfacher und mit weniger Ablenkung zu gestalten. Besonders in der Dunkelheit ist der Slider, bei dem sich die Temperatur für den Fahrer (links), die Lautstärke (mittig) und die Temperatur für den Beifahrer (rechts) einstellen lässt, kaum zu bedienen, da die Unterteilung nicht beleuchtet ist und man somit anstelle von einem leiseren Radio, oftmals wärmere Luft bekommt. Die Tasten auf dem Lenkrad sind als physische Tasten geblieben, immerhin. Die Tankanzeige ist nun in einem kleinen Balken, unten links im Virtual Cockpit ersichtlich, bei der sich der letzte Sechstel in Rot verwandelt, wenn Treibstoffknappheit herrscht. Gepaart mit der Restreichweite oberhalb völlig ausreichend. Zweck erfüllt!
Das Bediensystem kommt schlicht und ähnlich einem Smartphone daher. Es erinnert in seiner Grundeinstellung an ein liegendes iPad in der «App» Ansicht. Doch von der Bedienerfreundlichkeit eines Gerätes von Apple ist das Infotainment des Golf 8 weit entfernt, geschweige denn von der Geschwindigkeit. Was auf den ersten Blick modern und futuristisch wirkt, ist leider weit weg von der Einfachheit aus dem Golf 7. Beispielsweise sind die haptischen Temperaturregler der Klimaeinheit vom Golf 7 ein gutes Vergleichsobjekt. Im Golf 8 bedient man das über den erwähnten unbeleuchteten Touchslider, der «touchen» und «wischen» nicht immer ganz so auseinanderhalten kann und auch gerne mal mit einer Verzögerung arbeitet, so dass man dann genau die «wichtige» Sekunde vom Verkehr aufschaut.
Alternativ kann man das «Klima» Menü im Touchscreen anklicken und über den Bildschirm die Änderung vornehmen. Ebenfalls sind so die Augen eine längere Zeit weg vom Verkehr und auf dem Bildschirm als im Golf 7. Die letzte Option ist die Sprachsteuerung, die zwar kein Schweizerdeutsch versteht, aber sonst relativ gut funktioniert. Eine schöne Neuerung ist die «Smart Climate» Ansicht, bei der man einfach auf «Freie Sicht» oder «Hände wärmen» klickt und schon werden diverse Parameter automatisch angepasst. Die warme Luft wird so für eine bestimmte Zeit zu den Händen geleitet und danach wird wieder normal klimatisiert. Das gefällt!
Was uns gefällt ist die Variabilität des digitalen Tachos. Hier gibt es viele verschiedene Ansichten und Konfigurationsmöglichkeiten, die über die Lenkradtasten einstellbar sind und somit je nach Informationsbedarf den Fahrer damit eindecken oder halt eben auch nicht. Auch die erwähnte Sprachbedienung ist modern geworden. Das System wird ganz einfach per Ansprache („Hallo Volkswagen“) oder Knopf am Lenkrad aktiviert. Der Golf reagiert auf intuitive Sprachkommandos: „Bring mich nach Hause!“ startet zum Beispiel die Navigation oder „Mir ist kalt!“ die Klimaautomatik. Neue digitale Mikrofone verbessern dabei nicht nur die Spracherkennung und die Sprachqualität bei Telefonaten, sondern lokalisieren auch die Sprechenden (Fahrer oder Beifahrer) und wissen damit zum Beispiel, wo im Interieur die Temperatur geändert werden soll. Funktionen können nun auch im Nachhinein über den Shop eingekauft werden, so kann man als Occasions-Käufer einige Ausstattungsdetails auch später noch „dazukaufen“.
Personalisierte Einstellungen können sowohl im Wagen als auch via Cloud gespeichert werden, um sie nach einem Fahrer- bzw. Fahrzeugwechsel wieder abzurufen. Dazu gehören, je nach Ausstattung, die Anzeigeeinstellungen der digitalen Schaltflächen, die Sitzposition, die Einstellungen der Aussenspiegel und der Klimaanlage, die praktisch stufenlose Regelung des Ambientelichts in bis zu 30 Farben sowie die Lichtfunktionen Coming-Home und Leaving-Home. Nur leider etwas speichert der Golf nicht, die Deaktivierung der Assistenzsystemen. Weiter zu einem dunklen Kapitel.
Autobahn, Tempo 120 km/h. Rechte Spur, vorbildlich. Eine Ausfahrt näher sich, auf dieser ist Tempo 60 km/h signalisiert. Der Golf erkennt das und sein prädikativer Tempomat beginnt mit der Bremsung. Ich über-beschleunige seine Eingabe und erreiche wieder 120 km/h. Einige Kilometer später eine akustische Warnmeldung, ich befürchte Motorprobleme, einen Plattfuss oder sonst etwas Schlimmes. Nur wichtige Meldungen sind ja akustisch oder? Normalerweise schon, doch hier ist es der Hinweis «Bitte fahren Sie in der Fahrspurmitte.» Ahja? Tatsächlich habe ich weder die linke, noch die rechte Fahrspurlinie berührt, aber auf einer breiten Autobahn kann es vorkommen, dass man stellenweise nicht auf den Millimeter genau in der Mitte der Spur fährt. Der Golf 8 toleriert keine Ungenauigkeit seines Fahrers. Ein weiterer Kritikpunkt: BMW lässt es zu, dass man Abweichungen in den prädikativen Tempomaten einbaut, so dass man beispielsweise bis 60 km/h jeweils Tempolimit + 2km/h fährt und über 60 km/h Tempolimit + 5 km/h, so kann man die Tachoungenauigkeit ausgleichen und wunderbar mitschwimmen, ohne die Gefahr von einem Blitzerfoto. Nun gut, das geht beim Golf 8 nicht.
Hier wird Tempolimit gefahren. Und zwar exakt! Korrigiert man über die Lenkradtasten manuell einige Km/h nach oben und fühlt sich als kleiner «Schlingel», korrigiert der Golf diese Eingabe bei der nächsten Tafel für dieselbe Geschwindigkeit wieder nach unten. Ich mag Assistenzsysteme, aber keine Bevormundung. Will man sie ausschalten, ist die Freude von kurzer Dauer, denn Assistenzsysteme sind nun homologationsrelevant und lassen sich deshalb nicht mehr dauerhaft deaktivieren. Die Deaktivierung hält nur bis zum nächsten Ausschalten der Zündung an, womit sichergestellt wird, dass die Systeme bei Fahrerwechsel immer wieder verfügbar sind. Auch deshalb hat der Golf die vollen 5-Sterne im Euro NCAP Crashtest gewonnen. Immerhin konnte ich den „Eco-Tipp“ permanent deaktivieren, nachdem er mich nach einem Überholmanöver eines Traktors und dem damit verbundenen manuellen Betätigen der Schaltwippen prompt darauf hingewiesen hat, dass im Getriebemodus D (statt M) Kraftstoff gespart werden könnte. Ahja? Tatsächlich war es nicht in meinem Sinne, den Rest der Strecke nun im zweiten Gang am Drehzahlbegrenzer zu fahren. Hier braucht es dringend ein Update.
Was bleibt also?
Wir sind mit dem VW Golf 8 1.5 eTSI mal wieder ein Basismodell gefahren. Kein Sportabzeichen, dafür ein sehr ehrliches Fahrverhalten ohne viel Schnickschnack, was uns wieder geerdet hat. Die guten Nachrichten: Es ist schön zu sehen, wie das Fahrzeug in Sachen Fahrdynamik, Innenraum-Verarbeitung, Aussendesign und Aufgeräumtheit einen deutlichen Schritt vorwärts machen konnte. Die schlechten Nachrichten: Die Bemühungen, die Bedienung so sehr «Tasten-, Regler- und Schalterfrei» zu gestalten, sind etwas übers Ziel hinausgeschossen, denn die Ablenkung vom Strassenverkehr ist im neuen System grösser als im Vorgänger. Ziel verfehlt. Dazu braucht es dringend mehr Erfahrungswerte mit den Assistenten, die dann per Update unbedingt eingespielt werden sollten. Vielleicht sogar eines Tages «over the air», wie bei Tesla? Wir bleiben optimistisch und heissen jeden weiteren Golf herzlich willkommen in unserem Pressefuhrpark.
Verbrauch & Preis
Der Basispreis für den VW Golf 8 «Style» 1.5 eTSI liegt bei CHF 39’660.- unser Testwagen in «delfingrau metallic» mit optionaler Ausstattung landet dann bei CHF 43’515.-. Der Verbrauch lag im Schnitt bei 5,3 Liter auf 100 km. Doch einen Verbrauchswert mit einer 4 vorne ist bei zurückhaltender Fahrweise durchaus möglich.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Aussenfarbe in Reflexsilber Metallic, Leichtmetallfelgen „Dallas“ 7.5J x 18″ – Reifen 225/40 R18, IQ.LIGHT LED-Matrix Scheinwerfer, abgedunkelte Seitenscheiben und Heckscheibe
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