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CUPRA Formentor VZ 2.0 TSI – 310 PS

Der CUPRA Formentor ist das erste CUPRA Modell, das von Grund auf im Werk der Marke in Martorell konzipiert, entwickelt und gefertigt wurde. Warum Potenzial verschenkt wird, wie er sich fährt und welche Versionen es davon geben wird, schauen wir uns in diesem Fahrbericht an.   

Nun, beginnen wir von vorne. CUPRA hat sich im Jahre 2018 als Marke von Seat abgelöst. CUP findet man in Cup wieder, RA in Racing, so steht CUPRA für Cup Racing. Die Abkürzung entstand im Rahmen des eigenen Markenpokals und hat sich zum Kürzel für sportliche Seat-Modelle gemausert. Der Enthusiast mag sich fragen, warum eine Sportmarke als erste Eigenentwicklung einen Crossover in ihren Showroom stellt und keinen wilden Hot-Hatch oder Coupé. Darauf haben wir keine Antwort, wir bedauern es und vermuten, dass es, wie heute verbreitet, eine Entscheidung von Buchhaltern, Marktforschern und einer absatzorientierten Chefetage war. Toyota’s Gazoo Racing zeigt mit dem GR Yaris, dass erste Eigenentwicklungen auch tatsächlich extravagant, anders und wohl verflucht schnell sein können (Fahrbericht folgt in Kürze) – das sorgt für einen furiosen Start und viele Schlagzeilen.

Doch Moment, bevor wir hier vom Thema abkommen, zurück zu CUPRA und dem fantastischen Seat Leon Cupra R ST oder den sehr erfolgreichen CUPRA Ateca und CUPRA Ateca Facelift. Wie wird sich also der Formentor von diesen unterscheiden? Steigen wir ein und finden es heraus.

Gestartet wird per Knopf am Lenkrad und der bekannte 2,0-Liter-TSI erwacht. Wir fahren die Version mit 4Drive-Allradantrieb, 7-Gang-DSG in der Leistungsstufe mit 310 PS und 400 Nm Drehmoment. Damit beschleunigt der CUPRA Formentor in 4,9 Sekunden auf Tempo 100 und weiter bis 250 km/h Topspeed. Später folgen noch weitere Motorisierungen mit 2.0 TSI und 190 PS, in Verbindung mit DSG und 4Drive, sowie als VZ 2.0 TSI 245 PS mit DSG und Frontantrieb, sowie als Plug-in-Hybrid CUPRA Formentor VZ e- Hybrid 1.4 TSI mit 245 PS, DSG und Frontantrieb. Auf 7’000 Stück limitiert kommt zudem noch der CUPRA Formentor VZ5 mit 2,5-TSI-Fünfzylindermotor, 390 PS und 480 Nm im vierten Quartal 2021.

Wir rollen los, der Individual-Modus entschärft die einstellbaren Komponenten wie beispielsweise Dämpferkennlinie, Lenkung, ACC, Motorsound oder Getriebe. Die Landstrasse ist uneben, der Formentor schluckt die meisten Unebenheiten gut weg, während mich die Neugierde auf den Touchregler des adaptiven Fahrwerks zieht. Ähnlich wie früher der Regler im VW Phaeton oder Bentley Continental kann man mittels 15 Stufen von mehr als „Comfort“ zu härter als CUPRA variieren. Tatsächlich nutzte ich im Alltag die komfortabelste Stufe für normale Fahrten.

Doch nun liegt eine ehemalige Bergrennstrecke vor mir. Der „kleine Klausen“ liegt ganz im Norden von Schaffhausen. Bis ins Jahr 1927 reichen die ersten Archivaufzeichnungen über das Opfertshofer Bergrennen, welches dieses Jahr, 71 Jahre nach seiner letzten Austragung, sein Revival feiern soll. Der Fahrmodus wird über die Taste am Lenkrad gewechselt, so bekomme ich irgendwann den CUPRA-Modus. Nun dröhnt mich ein Soundaktuator etwas übereifrig an, die Lenkung wird schwergängiger, die Dämpfer deutlich härter und das Getriebe schaltet voller Vorfreude einige Gänge zurück. Er lenkt zackig ein, sendet die Kraft über die Haldex-Kupplung erst an die Vorderräder und bei Bedarf auch noch nach hinten, bleibt stets neutral und ist, ähnlich wie das kürzlich gefahrene CUPRA Ateca Facelift, schnell aber nicht wild.

Klar, einerseits kann man nun Kritik üben und fragen, warum sogar mein unsportlicher A6 Allroad mit Quattro und Sportdifferential standardmässig 60% der Kraft an die Hinterachse sendet und sich in einer Haarnadel heckgetriebener anfühlt, wenn man ihn an den Hörnern packt. Andererseits wird das tatsächlich wohl kaum ein CUPRA Formentor Käufer wollen und / oder ausfahren. Doch man fragt sich schon, warum der Formentor als Flaggschiff nicht etwas wilder sein darf, als sein Bruder CUPRA Ateca? Wir sind die Fahrzeuge zeitlich nahe zusammen gefahren und haben keinen Unterschied gespürt. Potenzial verschenkt? Ja.

Doch das ist Kritik auf hohem Niveau, denn die optionalen Brembo-Bremsen sind in Ordnung, der Auspuffsound ist auch Aussen wahrnehmbar sportlich, der Spagat zwischen Alltag, Sport und Design ist gelungen und das Gesamtpaket mag stimmen, also genug um eine Lifestyle-orientierte Alternative darzustellen? Für viele Käufer schon. Das frische Gesicht mit entschlossenem Blick zeigt neben dem kupferfarbenen CUPRA Logo, Voll-LED-Scheinwerfer und grosse Lufteinlässe.

Weiter geht es an der Seite mit scharfen Karosseriekanten an den Flanken, die sich bis hinter die Radhäuser der Hinterachse ziehen. Hinten gibt es ein schmales Heckfenster, einen grossen Heckspoiler, vier (echte) Auspuffrohre, einen angedeuteten Diffusor und eine durchgehende Heckleuchte im Porsche-Macan-Stil. Vorne gefällt er mir herausragend gut, hinten ist er mir etwas zu nervös. Schönes Detail: Sobald der Fahrer das Fahrzeug entriegelt, wird ein grosses CUPRA Logo auf den Boden projiziert.

Innen gefällt uns der Formentor. Die Schalensitze sind bequem, bieten viel Seitenhalt und die Sitzposition ist, für einen Crossover, lobenswert tief. Die Materialanmutung ist dem Preis entsprechend im Mittelfeld, die Verarbeitung ist gut, wir fanden keine Störgeräusche oder andere Gründe zur Kritik in unserer Testphase. Auch das Sportlenkrad ist lobenswert. Nebst den normalen Tasten, finden wir eine Taste für den Motorstart, sowie die Auswahltaste für den CUPRA Modus. Über die CUPRA Taste kann der Fahrer auf die verschiedenen Fahrmodi zugreifen: Mit einem kurzen Druck hat er die Wahl zwischen Normal, Sport, CUPRA und Individual, während ein längerer Tastendruck direkt den CUPRA Modus aufruft. Grosse und hochwertige Schaltwippen machen die Gangwechsel einfacher und intuitiver.

Das individuell einstellbare Virtual Cockpit mit der CUPRA-exklusiven Sportansicht reduziert die Elemente auf das Wesentliche und zeigt dem Fahrer Geschwindigkeit und Drehzahl nun noch deutlicher. Gefällt. Der 12-Zoll-Infotainment-Touchscreen thront in der Mitte, darunter der Touchscreenregler für Lautstärke und Temperatur. Wir kennen ein sehr ähnliches System auch aus dem Golf 8 und sind auch beim Formentor nicht warm geworden damit. Der Bildschirm reagiert zu langsam, der Touchscreenregler ist nicht intuitiv und nicht beleuchtet, somit in der Dunkelheit nicht bedienbar.

Die horizontal bis hin zu den Türen verlaufende LED-Ambientebeleuchtung ist zwar nett, doch der in der Ambientebeleuchtung untergebrachte Tote-Winkel-Warner ist viel zu feinfühlig. So entgegnet er Reflektoren an Tunnelwänden bereits mit Warnsignalen und wir treffen auch hier auf dieselben nervtötenden Kritikpunkte. Beispiele gefällig? Audiovisuelle Meldungen mit dem Hinweis zum Fahren in der Fahrspurmitte, obwohl man keine Fahrspurlinie berührt hat. Der prädikative Tempomat lässt keine Abweichungen zu und fährt stur immer das exakte Tempolimit und der Eco-Tipp gibt selbst im CUPRA-Modus nervige Tipps zum Sparen von Treibstoff. Immerhin lässt sich dieser permanent deaktivieren, während die Assistenzsysteme homologationsrelevant sind und sich deshalb nicht mehr dauerhaft deaktivieren lassen. Die Deaktivierung hält nur bis zum nächsten Ausschalten der Zündung an, womit sichergestellt wird, dass die Systeme bei Fahrerwechsel immer wieder verfügbar sind.

Grundsätzlich ist es nicht verkehrt, Assistenten wie die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC), Travel Assist sowie Side und Exit Assist und der Notfallassistent einzubauen, doch warum sich ACC regelmässig schon nach einigen Metern auf einer staubigen Strasse verabschiedet hat, sowie bei einer anderen Fahrt ohne Fehlermeldung plötzlich nur noch ein Rauschen anstelle einer Audioausgabe kam und weder Radio, noch Navigationsansagen, noch Musik über Carplay / Bluetooth möglich waren, hat gezeigt, dass auch hier dringend ein (Software-)Update nötig ist.

Was bleibt also?
Der CUPRA Formentor will eine Alternative zum Bestseller CUPRA Ateca darstellen und macht das auch fantastisch. Auch die Preisvorstellungen für Basispreis und Optionen bleiben vernünftig. Ähnlich wie sein Bruder punktet er mit einem sehr gelungen Spagat aus Sportlichkeit, Komfort, Alltagstauglichkeit und hat mit seinem frischen Design noch ein weiteres Ass im Ärmel. Die Elektronik ist nicht über alle Zweifel erhaben, doch unser Problem liegt an einem anderne Ort. Denn: Als neues Flaggschiff und erste „komplette“ Eigenentwicklung von CUPRA, hätten wir uns etwas mehr Mut gewünscht und nicht nur eine Ateca-Evolution. Scheinbar ist der Formentor jedoch eine grosse Hoffnung im Konzern, wenn CUPRA sogar vor VW den Fünfzylinder von Audi verbauen darf. Wir freuen uns auf eine Testfahrt im Formentor VZR.

Verbrauch & Preis
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 8,9 Liter pro 100 km. Der Testwagen, der von SEAT / CUPRA Schweiz zur Verfügung gestellt wurde, war in der Farbe «Graphene Grey» lackiert und lag preislich bei CHF 56’837.-. Die Konfiguration für den CUPRA Formentor VZ 2.0 TSI – 310 PS startet bei CHF 50’000.-.

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Aussenfarbe in Petrol Blue Matt, Alufelgen 8J x 19″, „EXCLUSIVE“ 38/5 Machined in Black/Copper (245/40 R19), Panorama-Schiebe-/Ausstelldach, Performance BREMBO Bremsen, CUPRA Sport Schalensitze in Leder „Black“

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