Der Q8 ist momentan definitiv das schönste SUV von Audi. Doch kann er uns über seine Linien und Formen hinaus überzeugen, trotz seiner Grösse und seines Gewichts?
Fahren wir los. Der Motor startet per Knopfdruck, dank Mild-Hybrid-Technologie und daraus folgendem Riemen-Starter-Generator auch fast unmerklich. Unser Testwagen kommt mit 286 PS und 600 Nm, die er aus einem 3.0 V6-TDI schöpft. Das Datenblatt verrät, dass Tempo 100 in 6,3 Sekunden erreicht ist und bei 245 km/h der Vortrieb endet. Soweit so gut, wer jetzt denkt, es handle sich hierbei um einen Sportwagen, liegt falsch.
Ein Blick ins Datenblatt verrät, dass er zwar das adaptive Luftfahrwerk an Bord hat, allerdings keinen Wankstabilisator, der uns beim Cayenne zu wahnwitzigen Kurventempi verholfen hat. Spätestens beim SQ8 oder RS Q8 wird auch dieser wohl noch nachgeschoben werden. Doch auch ohne diesen Griff in die Trickkiste fährt sich der Q8 besser als der neue Touareg, den wir ebenfalls ohne dieses Feature im Test hatten. Jedoch ist auch der Q8, wie sein Bruder der e-Tron, ein wahrer Meister des Komforts.
Optionale Akustikverglasung, doppelt-verglaste Frontscheibe (Serie), ausgeklügelte Aeroakustik und sehr viel Isolation sorgen dafür, dass kaum Aussengeräusche in den Q8 eindringen.
Genau hier liegt auch sein grösstes Highlight. Durch dieses gekonnte Abkapseln der Aussenwelt kommt ein unglaublich wohliges Gefühl des luxuriösen Gleitens auf. Obwohl wir alle wissen, dass ein A8 dafür noch viel besser geeignet ist, gibt einem der Q8 schon das Gefühl im heimischen Sessel angekommen zu sein, obwohl man erst zwei Minuten zuvor dem stressigen Meeting mit dem Kunden entflohen ist.
Stockender Verkehr auf der Rückfahrt? Egal. Der Q8 fährt dank adaptivem Fahrassistent (optional) grösstenteils selbst und hält seine Insassen von Stress oder Aufregung fern. Aufregung kommt höchstens auf, wenn man in ein Parkhaus fahren möchte. Selbst das gut ausgebaute Flughafen-Parkhaus in Zürich-Kloten sorgt für Handschweiss beim Fahrer aufgrund der opulenten Aussenmasse des Q8.
Der Q8 ist 1.99 Meter breit und 4.98 Meter lang. Der e-Tron ist mit seinen 1.93 Meter Breite und 4.90 Meter Länge zwar nur unwesentlich kompakter, sorgt aber bei engen Ein- und Ausfahrten für etwas mehr Dynamik und weniger nervenaufreibendes, felgenschonendes Präzisionsfahren.
Wird die Fahrt fortgesetzt, wirkt die Leistung des Motors jederzeit souverän, jedoch ohne sportliche Ambitionen. Die Anfahrschwäche, die wir schon in anderen Derivaten aus dem VW-Konzern mit dieser Motor- / Getriebe-Kombination bemerkt haben, ist unabhängig vom gewählten Fahrmodus, auch hier zu spüren. Generell glänzt die 8-Gang-Automatik jedoch mit schnellen aber sanften Gangwechseln.
Kurzer Zwischenstopp, Zeit für einen Aussencheck. Das Segment der Coupé-SUV ist generell Auto-Entwicklung ad absurdum. Wir nehmen also ein SUV, das generell eine Aerodynamik wie ein Kühlschrank hat, schneiden aber ein Scheibchen des Daches und des Kofferraums ab und so ergibt sich ein Coupé-SUV?
Der Verdacht liegt nahe, dass die Idee zum Segment-Begründer BMW X6 vor über 10 Jahren nach einem durchzechten Oktoberfest-Besuch entstanden ist. Doch Audi hat sich lange Zeit gelassen und im Gegensatz zu X6 und GLE Coupé ein wirklich ansehnliches Modell präsentiert. Rahmenlose Türen, langer Dachkantenspoiler, starke D-Säulen, breite Konturen und ausgestellte Radhäuser sind einige Designmerkmale die den Q8 besser aussehen lassen, als etwa seine Mitkonkurrenten und natürlich auch sein etwas zu braver Q7-Bruder. Leider hat aber auch beim Q8 der Trend der angedeuteten Auspufföffnungen durch Blenden die in eine Sackgasse führen zugeschlagen. Wann setzt Audi dem ein Ende?
Vorne erkennt man den neuen Grill im Oktagon-Design, der als Muster für alle neuen Audi-Q-Modelle herhalten wird. Eine breite, farbige Lackfläche verbindet den Singleframe-Grill mit den Scheinwerfern, die dem Q8 viel Überholprestige geben. Optionale HD Matrix LED-Scheinwerfer zeigen beim Ent- und Verriegeln eine amüsante Lichtershow und begeistern auch während der Fahrt mit ausgeklügelter technischer Funktionalität.
Innen erkennen wir viele Details aus dem Audi A7 wieder. Zwei grosse Touch-Displays und das digitale Cockpit sorgen für Verwirrung bei der Generation der Silver-Surfer, ist aber für «Touchscreen-Natives» nach einer Eingewöhnungszeit gut bedienbar. Die Verarbeitung ist gut, die Materialien (je nach optionaler Ausstattung) hochwertig und das Platzangebot mehr als ausreichend. Kein Wunder bei diesen Aussenmassen.
Eine ganze Armee an Assistenzsystemen ist an Bord. Zentraler Dreh- und Angelpunkt dafür ist das serienmässige Fahrassistenzsteuergerät, welches permanent ein differenziertes Abbild der Umgebung erstellt und überwacht. Die Daten dafür erhält es – je nach Ausstattung – von bis zu fünf Radarsensoren, fünf Kameras, zwölf Ultraschallsensoren und dem Laserscanner. Daraus werden in Echtzeit Signale für die einzelnen Aktivitäten der Sensoren berechnet und der Fahrer so meistens zügig und zuverlässig unterstützt.
Was bleibt also?
Das derzeit schönste Coupé-SUV ist ein Komfort-Benchmark in der Klasse der SUV und, sofern man keine dritte Sitzreihe braucht, die bessere Alternative zum langweiligen Audi Q7. Für alle, die nicht oft lange Strecken fahren, raten wir aber zum noch cooleren, etwas kompakteren und ebenso komfortablen Audi e-Tron.
Der Basispreis für den Audi Q8 50 TDI liegt bei CHF 94’700, unser Testwagen in „Drachenorange metallic“ mit optionaler Ausstattung bei CHF 126’257. Der Verbrauch lag im sportlichen Schnitt bei 10.4 Liter / 100 km.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Daytonagrau Perleffekt, S line Exterieurpaket, S line Sportpaket, Optikpaket schwarz (ohne Maske), Aluminium-Gussräder Audi Sport im 5-V-Speichen-Stern-Design in Anthrazitschwarz glänzend & glanzgedreht, Aussenspiegelgehäuse in Schwarz, Entfall Modellbezeichnung und Leistungs-/Technologie-Schriftzug, Privacy-Verglasung (Scheiben abgedunkelt)
Mehr Impressionen:
2 Kommentar