Der Jaguar F-Pace SVR war bisher schon ein Geheimtipp unter den Modellen der SUV-Klasse, die nicht nur schnell, sondern auch emotional sein sollen. Nun hat Jaguar mit einem Facelift für 2021 / 2022 nachgelegt. Die Updates umfassen eine Kombination aus neuer Hardware, Elementen der elektronischen Fahrzeugarchitektur, neue Motorsport-inspirierte-Details, einem luxuriöseren Cockpit, sowie den aktuellsten Technologien auf den Gebieten Connectivity und Infotainment.
Beginnen wir mit einem Blick auf das Datenblatt. Jaguar rüstet den neuen F-Pace SVR weiterhin mit dem legendären 5.0-Liter-V8 Motor aus. Mit Hilfe eines Twin-Vortex-Kompressors leistet er 550 PS, kann aber beim maximalen Drehmoment nochmals um 20 auf nunmehr 700 Nm zulegen. Als Folge beschleunigt der neue F-Pace SVR in nur 4,0 Sekunden von 0 auf 100 km/h – 0,3 Sekunden schneller als das Vor-Facelift-Modell. Die Höchstgeschwindigkeit stieg auch nochmals um 3 km/h auf 286 km/h.
Mit diesen Zahlen im Hintergrund geht es auf die Testfahrt. Ein nebliger Sonntag im Spätherbst. Der Start-Stopp-Knopf pulsiert weiterhin motivierend beim Einstieg. Der Achtzylinder meldet sich stimmgewaltig zu Wort. Über den konfigurierbaren Modus haben wir ein entspanntes Setup gewählt. Der Alltagskomfort ist beachtlich. Nichts poltert, das Fahrwerk ist nicht übernervös und doch spürt man in jeder Kurve, wie sehr die gesamte Karosserie versteift wurde, um den sportlichen Ansprüchen zu genügen.
Über einen Knopf in der Mittelkonsole aktiviert man die Auspuffklappen und lässt den Achtzylinder sein Konzert noch etwas stimmgewaltiger in die Welt hinaustragen. Kaum ein Neuwagen bietet noch diese Palette der klanglichen Facetten, verbunden mit einer Lautstärke, die an Fels- oder Hauswänden resoniert und Gänsehaut-Momente hervorruft.
Das Besondere am Charakter des F-Pace, egal ob Facelift oder Vorfacelift: Dieses „Geniessen“ ist nicht gezwungenermassen verbunden mit dem Sportmodus, schwergängiger Lenkung oder harter Dämpferkennlinie. Nein, das kann einfach und schnell überall dazugeschaltet werden. So einfach und doch heutzutage so selten. Perfekt!
Wechsel in den „Dynamic“-Modus. Hier wird alles deutlich schärfer, wenn auch nicht so scharf wie in einem X3 M Competition, bei dem diese Schärfe deutlich zu lasten des Alltagskomforts geht oder einem Macan GTS, der weiterhin eine der besten Lenkungen im Segment verbaut hat. Der F-Pace bollert ordentlich, schiesst heckbetont aus Kurven raus, trifft eine sehr unterhaltsame Mitte zwischen „sehr sportlich“ und „leicht überfordert“, beispielsweise durch die Lenkung, die nicht ganz mit dem hochklassigen Level der Konkurrenten mithalten kann. Die dann entstehenden Schweiss-an-den-Händen-Momente erinnern so auch gerne mal an ein Muscle-Car, obschon das hier noch in die Kategorie „Unperfekt erhöht den Fahrspass“ gehört. Mit einem der erwähnten Konkurrenten wäre ich wohl präziser und schneller unterwegs gewesen, hätte jedoch kaum so über die Auspuffsalven der Runterschalt-Mannöver des Getriebes beim Anbremsen gekichert und beim Dosieren der Kraft für den hecklastig-ausgelegten-Allradantrieb, so geschwitzt, während die Vorderachse in den gleichen Momenten etwas an Feedback vermissen liess. Ihr seht also, was ich mit „Unperfekt erhöht den Fahrspass“ meine..
Obwohl die Lenkung erneut unserer Kritik unterliegt, wurde ihre elektronische Servounterstützung für das Facelift noch einmal neu abgestimmt. Modifizierte Fahrwerksbuchsen und neue Kennfelder für die adaptive Dämpferverstellung sorgen für den bereits skizzierten ausgewogeneren Fahrkomfort bei moderater Gangart. Der Antriebsstrang verfügt zur sicheren Weiterleitung der erhöhten Lasten nun über den gleichen Drehmomentwandler, den Jaguar bereits 2018 im XE SV Project 8 eingesetzt hat.
Die zweiteiligen Scheibenbremsen – vorne 395, hinten 396 mm im Durchmesser – werden im neuen Modell von einem integrierten Bremskraftverstärker unterstützt. Diese elektrohydraulische One-Box-Lösung ersetzt die bisherige Konstruktion aus Hauptzylinder / Vakuumverstärker, Vakuumpumpe und Bremsmodulator. Zusammen mit einer Neukalibrierung des Systems entstehen so ein klareres Pedalgefühl und einen kürzeren Pedalweg – so, wie wir es schätzen. Auch die verbesserte Kühlung und die weiter optimierte Aerodynamik des Fahrzeugs kommen der Bremsperformance zugute.
Erkennen lässt sich der neue F-Pace SVR am komplett neuen Frontstossfänger mit grösseren Lufteinlässen, die für einen intensiveren Luftstrom in Richtung der Kühlsysteme des Antriebsstrangs und der Bremsen sorgt. Zugleich konnte der Auftrieb um 35 Prozent reduziert und der Cw-Wert von 0,37 auf 0,36 verbessert werden. Hinten und vorne kommen neue Wischblinker zum Einsatz, also Blinker mit einer dynamischen Animation zum Fahrzeugäusseren.
Das Interieur des F-Pace SVR war bisher definitiv kein Klassenprimus und ist nun deutlich besser geworden, vielleicht sogar zu einem der besten in seiner Klasse. Das braune Leder in unserem Testwagen war hervorragend verarbeitet und von bester Materialqualität. Dazu weisse Kontrastnähte, Aluminium-Einlagen im Bereich des Automatikwählhebels, ein wunderschöner und perforierter Drehschalter für die Fahrmodi und das aufgesetzte Infotainment-System mit gebogenem Glas und moderner Kacheloptik, wovon sich letztere durch die ganze Oberfläche durchzieht und sogar in Apple Carplay integriert.
Der neue Automatikwählhebel erhielt für den Einsatz im F-PACE SVR eine spezielle und auf die hohe Performance zielende Feinbehandlung in Gestalt eines Überzugs aus genopptem Monogram-Leder mit eingeprägtem SVR Logo. Zum neuen SVR Lenkrad mit Split-Rim (innen glattes Leder mit farbiger Kontrastnaht, aussen Leder mit Monogramm-Noppen) gehören sehr hochwertige Schaltwippen aus einer Zinklegierung.
Die Sportsitze bieten hervorragenden Seitenhalt, sehen sehr ansprechend aus und sind auch auf Langstrecken durchwegs komfortabel. Sucht man Kritikpunkte, könnte man die einteiligen Klavierlack-Schaltflächen am Lenkrad anmerken, die teilweise die Eingaben nicht präzise umsetzen, sofern man nicht exakt in die Mitte der Schaltfläche drückt. Zusätzlich bewegt sich die ganze Schaltfläche und das erinnert doch sehr an das stark kritisierte Lenkrad-Bediensystem aus dem Hause VW.
Die Assistenzsysteme sind zahlreich vorhanden (ACC, aktiver Spurhalteassistent, Notbremsassistent, Aufmerksamkeitsassistent, Parkassistent, Stauassistent, Toter-Winkel-Assistent), wenn auch der aktive Spurhalteassistent leider nicht so ausgereift und fortgeschritten funktioniert, wie die seiner deutschen Konkurrenten. Er tendiert dazu, von Linie zu Linie „zu fallen“ und hat Mühe, sich selbstständig und feinfühlig in der Mitte der Fahrspur zu halten.
Was bleibt also?
Der Jaguar F-Pace SVR überzeugt uns weiterhin und ist besonders in der Konfiguration unseres Testwagens eine Augenweide. Innen wie Aussen ist er ein charaktervolles Paket. Er ist ein wunderbarer Alltagsbegleiter, der auf jedem Kilometer grosse Freude bereitet, ohne dass man ihn an den Hörnern packen muss. Sein stimmgewaltiger Motor ist ein Kaufempfehlung wert und der neue Innenraum gleich noch eine Zweite. Chapeau! Kaufempfehlung².
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 12,7 Liter Benzin / 100 km. Der Basispreis für den Jaguar F-Pace SVR liegt bei CHF 120’700, unser Testwagen mit optionalen Ausstattungen in der Aussenlackierung ”British Racing Green” liegt bei CHF 137’000.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp:
Aussenfarbe «British Racing Green», 22″geschmiedet, Diamond Turned, Kontrastlackierung in Satin Technical Grey (Style 5081), Panorama-Schiebedach, Getönte Scheiben, Seitenscheibeneinfassung in glänzend Schwarz
Weitere Impressionen: