Wir schauen uns einen weiteren Vertreter der Gattung «Sports Activity Coupé» genauer an und ziehen einige Vergleich zum kürzlich gefahrenen BMW X6 M50i, dem direkten Konkurrenten aus Bayern. Auf geht’s!
Kurz nach dem Betätigen des Startknopfes ertönt der bekannte Klang eines Reihensechszylindermotors. Verkehrte Welt? Nein, während im X6 M50i ein V8 schlummert, kommt hier ein 3,0-Liter-Reihensechszylindermotor mit 48-Volt-Technologie und einem Schmankerl, das Mercedes-AMG «EQ Boost» nennt, zum Einsatz.
EQ Boost vereint Startergenerator und Lichtmaschine in einem leistungsfähigen Elektromotor, der verbunden mit einem elektrischen Zusatzverdichter die Leistung kurzzeitig um 22 PS und 250 Nm erhöhen kann. Soweit die Theorie, die Praxis kennen wir bereits aus dem Mercedes-AMG CLS 53 4MATIC+ und sie ist auch im SUV mit Coupé-Heck erfreulich.
Durch den e-Turbolader spricht er sehr gut an und wirkt längsdynamisch sehr agil. Dazu ein kräftiger, aber künstlich verstärkter Sechszylinderklang und die Welt ist in Ordnung. Gekoppelt ist das Triebwerk an ein 9-Gang-Automatikgetriebe, ebenfalls nachgeschärft für das AMG-Modell. Ein Blick ins Datenblatt verrät: 435 PS, ein maximales Drehmoment von 520 Nm, 5,3 Sekunden von null auf 100 km/h und eine elektronisch abgeriegelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h.
Ein zukunftsweisendes Triebwerk, durch die optimale Auslegung von technologischem Fortschritt mit Fokus auf die Leistungsentfaltung – wunderbar!
Einige Kurven liegen vor uns, wir schalten in den „Sport+“-Modus. Nun ist die Gasannahme aggressiver, das Zwischengas bei Zurückschaltungen ist akustisch stärker betont und gezielte Momenteneingriffe beim Hochschalten mit Zylinderausblendung sorgen für optimale Schaltzeiten.
Natürlich sind auch Fahrwerk, Lenkung und Antriebsstrang nun dynamischer abgestimmt. Das Einlenkverhalten ist, für diese Klasse von Auto, dynamisch und auch in der Kurve bekommt man keine Seekrankheit dank einer aktiven Wankunterdrückung. Diese arbeitet weit besser als andere Wankstabilisatoren, die wir kürzlich im Touareg oder auch dem X6 gefahren sind.
Die Wankstabilisierung kommt in Verbindung mit einer Luftfederung, die in den Fahrprogrammen „Sport“ und „Sport+“ das Fahrzeugniveau um 15 mm absenkt. Im Fahrprogramm „Comfort“ senkt sich die Fahrzeughöhe ab 120 km/h um 15 mm ab.
Zur Vergrösserung der Bodenfreiheit bei schlechten Wegen (bis zu 70 km/h) kann das GLE Coupé um bis zu 55 mm angehoben werden. Die 325er Bereifung und die schicken 22-Zoll-Alufelgen sind aber keinesfalls für einen Offroad-Ausflug gedacht, obwohl extra für den Offroad-Einsatz die zwei Fahrmodi „Trail“ und „Sand“ hinzugekommen sind.
Geschuldet wohl der kognitiven Dissonanz, an der Käufer solcher Fahrzeuge wohl des Öfteren leiden. Tatsachen und Vernunft haben mit der Kaufentscheidung dann nichts mehr zu tun, man redet sich scheinheilig ein, damit sehr sportlich, sicher, komfortabel und sogar geländegängig unterwegs zu sein.
Die 325er Bereifung und die grossen Felgen sorgen leider auch im „Comfort“-Modus für weniger Komfort als erhofft – trotz Luftfederung. Man wählt also besser etwas kleinere Felgen und geniesst dabei mehr Restkomfort. Auf zum Aussencheck.
Ausgeformte Powerdomes auf der Motorhaube, grosse Lufteinlässe, AMG-spezifische Seitenschweller, eine markante Abrisskante auf der Heckklappe, ein AMG Diffusor, die Vier-Rohr-AMG-Abgasanlage und schlussendlich auch die Coupé-Silhouette machen das Mercedes-AMG GLE 53 4MATIC+ Coupé sehr eigenständig.
Gefallen oder nicht gefallen ist bei dieser Fahrzeugsparte eine sehr individuelle Angelegenheit. Fest steht, unserem Testwagen steht das AMG Night-Paket richtig gut. Es beinhaltet wärmeisolierende, dunkel getönte Scheiben, sowie Frontsplitter, Zierteile in der Frontschürze, dem Diffusor und den äusseren Lufteinlässen, Spiegelkappen, Fensterrahmen und Endrohrblenden in Schwarz.
Innen überzeugt mal wieder das Gesamtpaket von aktuellen Mercedes-Modellen. Wohlfühlatmosphäre mit fantastischer Bedienung, hochwertigen Materialien und sehr guter Verarbeitung. Interaktive Schnellzugriffe am Lenkrad, ein fantastisches Infotainment mit unzähligen Individualisierungsoptionen sorgt zwar für etwas Einarbeitungszeit, aber auch ganz viel Freude und Einfachheit in der Bedienung später.
Dazu feinster Burmester-Klang, klimatisierte Sitze, die sogar eine Massage anbieten und das wohl beste Lenkrad in dieser Klasse. Das AMG Performance Lenkrad erfreut mit hochwertiger Haptik, sehr guter Ergonomie und gleichermassen einfacher Bedienung durch die Touchscreen-Flächen, mit denen sich das gesamte Infotainment und viele der Assistenten steuern lassen.
Mit dem „Fahrassistenz-Paket Plus“ kommen die aktuellsten Assistenten in das GLE Coupé und bereichern somit den Alltag enorm. Das umfasst den aktiven Geschwindigkeitslimit-Assistenten, den aktiven Lenk-Assistenten, den aktiven Abstands-Assistenten, den aktiven Brems-Assistenten, den aktiven Totwinkel-Assistenten mit Ausstiegswarnung, den aktiven Spurwechsel-Assistenten und den aktiven Nothalt-Assistenten.
Was bleibt also?
Der Motor ist zukunftsweisend, wenn auch weniger charakterstark als der V8 des X6, der Innenraum ist dagegen dem Bayer in allen Belangen um Lichtjahre voraus. Aber: Ähnlich wie beim X6 konnte auch dieses Sports Activity Coupé seinen Weg in unser Herz nicht finden. Mag es an der Sparte der SAC mit dem verbundenen Konzept-Nonsense liegen oder am nun eingepflanzten Sportsgeist, der nicht restlos überzeugen kann – die Antwort liegt wohl irgendwo dazwischen.
Preis & Verbrauch
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 11,7 Liter pro 100 km. Der Testwagen, der von Mercedes-Benz Schweiz zur Verfügung gestellt wurde, war in der Farbe „Obsidianschwarz metallic“ lackiert und lag preislich mit Sonderausstattung bei CHF 156’189.-. Die Konfiguration für das Mercedes-AMG GLE 53 4MATIC+ Coupé startet bei CHF 127’300.-.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Aussenfarbe in „Cavansitblau Metallic“, 21″ AMG Leichtmetallräder im 5-Doppelspeichen-Design, AMG Lenkradtasten, Wärmedämmend dunkel getöntes Glas, AMG DYNAMIC PLUS Paket
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