Der Porsche Macan GTS war schon 2017 bei uns zu Besuch und kommt nun, zwei grössere Facelifts später, in der dritten Generation erneut zu uns. Grundsätzlich dasselbe Modell, jedoch mit grossen Änderungen bei Motor, Optik, Innenraum und Features. Vor 5 Jahren hat er uns sehr begeistert, wird er das erneut schaffen?
Die Schweiz lechzt nach dem mittelgrossen Porsche-SUV. Der Macan bleibt mit 1’201 Auslieferungen im Jahr 2021, die seit 2014 am stärksten nachgefragte Porsche-Modellreihe. Der von uns getestete Macan GTS war der meistverkaufte Porsche in der Schweiz im letzten Jahr. Gleich hinter dem Macan lag 2021 übrigens der Porsche 911 mit 970 verkauften Exemplaren.
“Never change a winning team” – mit diesem Vorsatz führte Coach Alf Ramsey die englische Nationalmannschaft 1966 zum Gewinn der Weltmeisterschaft. Porsche hält sich auch daran und verfeinert den Macan in kleinen und feinen Schritten. Nach seiner Markteinführung 2014, kam 2018 die erste grössere Modellpflege mit durchgehenden Rückleuchten, überarbeitetem Interieur, sowie dem Downsizing der GTS- und Turbo-Motoren von 3.0, respektive 3.6 Liter auf nur noch 2.9 Liter Hubraum. Den 2.9 Liter Biturbo V6 kennen wir übrigens aus dem Audi RS 4, Audi RS 5 und natürlich dem Porsche Panamera 4S.
Seit der erneuten Modellpflege 2021 wird auch der Macan S vom 2.9er Biturbo befeuert, dafür wurde der Macan Turbo vorläufig aus dem Sortiment gestrichen. Weiterhin gibt es auch noch den Vierzylinder mit dem EA888 (kennen wir z.B. aus dem VW Golf GTI), der sich aber in der Schweiz kaum verkauft. Der GTS ist ab sofort die Topmotorisierung. Mit nun 440 PS (statt bisher 380 PS), 550 Nm (statt bisher 530 Nm) und einer Sprintzeit von 4,3 Sekunden (statt bisher 4,7 Sekunden) schafft er bis zu 272 km/h (statt bisher 261 km/h). Soweit das Datenblatt.
Hinter dem Volant fühlt es sich nach Porsche an. Perfekte Ergonomie, SUV-untypisch tiefe Sitzposition, griffiges Alcantara-Lenkrad. Links vom Lenkrad wird der Macan GTS gestartet. Typisch Porsche halt. Der Fahrmodus bleibt in «Normal», die Auspuffklappen öffne ich über die separate Touchfläche auf der Mittelkonsole. Der Klang ist erstaunlich kernig und auch differenziert zu den erwähnten Audi-Modellen. Weiter ist der erste Eindruck straff. Die serienmässige Luftfederung mit Tieferlegung der Karosserie um zehn Millimeter wurde, im Vergleich zum Vorgänger, an der Vorderachse um zehn und an der Hinterachse um 15 Prozent steifer ausgelegt. Das merkt man. Die gute Nachricht: Je schneller man fährt, desto eher finden die sportiven Dämpfer ihre Komfortzone.
Wechsel in Sport-Plus, die Dämpfer aktivieren ihre sportivste Stufe, die Lenkung wird direkter, das Fahrwerk senkt sich ab, wir sind bereit für die schnelle Hatz. Anbremsen, das PDK schaltet blitzschnell runter, einlenken, rausbeschleunigen. Ich merke, wie ich mich an das Alcantara-Lenkrad gekrallt habe. Nicht etwa aus Angst, sondern weil ich mit kaum einem Auto derart zügig diese Kurvenpassage durchfahren habe. Schon gar nicht mit einem SUV. Beeindruckend und es geht weiter!
Gib mir mehr Kurven. In jeder Stufe der Kurvenfahrt spürst du das Feedback der Vorderachse perfekt, verengst du den Winkel in der Kurve und spielst mit einem feinen Pedaldruck, meldet sich die Hinterachse, dass nun 5-vor-Powerslide ist. Die Agilität, das heckgetriebene Fahrgefühl und die vielschichtigen Rückmeldungen aller Komponenten lassen den Macan schnell wirken, als wäre es ein perfekt-sitzender Handschuh. Fantastisch. Dieses SUV fährt sportlicher als die meisten sportlichen Kompaktwagen und auch als manch‘ „richtiger“ Sportwagen. Emotionen? Ja. Der Klang ist gut, wenn auch nicht so gut, wie beim 2017er Modell, dafür ist der Motor bärenstark.
Die andere Seite der Medaille ist die Alltagstauglichkeit. Die kompakten Abmessungen im Vergleich zu einem grösseren SUV, wie dem Porsche Cayenne, sorgen dafür, dass man auf einer schmalen Landstrasse deutlich beruhigter sportlich fahren kann und trotzdem Platz für „Kind und Kegel“ hat. Der Kompromiss liegt im schwächeren Spagat zwischen Sport und Komfort. Dieser Spagat ist beim Cayenne, vor allem mit aktiver 48V-Wankstabilisierung, deutlich höher.
Beim GTS wird dem Fahrer auch im entspanntesten Modus permanent klar gemacht, dass er hier in einem sportlichen Fahrzeug sitzt. Das liegt einerseits an den erwähnten, sportlich-abgestimmten Dämpfern, andererseits aber auch an der direkten Lenkung, dem stets-bereiten Porsche-Doppelkupplungsgetriebe und dem typischen Porsche-Sportwagen-Flair bei Ergonomie und Innenraum. Somit schafft es der Macan, als eines der wenigen SUV, den Fahrer immerzu herauszufordern, aufs Gas zu treten, schnell zu fahren und Spass zu haben. Das kennen wir normalerweise nur von sehr guten Hothatches und ist wohl eines der grössten Komplimente, die man dem Macan GTS machen kann.
Gibt es Kritikpunkte? Die sportlichere Fahrwerksabstimmung sollte man definitiv vor der Bestellung „erfahren“. Es ist kein nerviger Hoppelhase wie der überharte X3 M Competition, aber auf der straffen Seite des Lebens. Weiter ist es schade, dass Porsche im Gegensatz zum Panamera oder auch dem 911, Baureihe 992 hier weiterhin das 7-Gang-PDK einsetzt und der 8te-Gang uns verwehrt bleibt. Besonders auf der Autobahn könnte das den Verbrauch senken und den Reisekomfort steigern. Bei der zügigen Hatz nutze ich gerne ein Head-Up-Display, um wichtige Informationen im Sichtfeld halten zu können. Im Macan gibt es dieses Feature leider nicht. Für kein Geld der Welt und auch keine netten Worte. Schade!
Aussencheck. Unser Macan kommt im wunderschönen Karminrot. Dazu die „21-Zoll RS Spyder Design“ Räder in Schwarz. Eine wunderbare Kombination! Erkennen kann man das neueste Facelift beim GTS am neu-gestalteten Vorderwagen, der nun im Bereich des Kühlergrills eine noch grössere dunkle Fläche zeigt. Das Heck schliesst nun ein markanter, besonders technisch gestalteter Diffusor nach unten hin ab. Hier und an der Front findet sich eine neue 3D-Struktur, die wahlweise auch die Sideblades ziert. Die LED-Hauptscheinwerfer mit Porsche Dynamic Light System (PDLS) und die Sport-Design-Aussenspiegel sind jetzt bei allen Modellen Serie. So bleibt der Macan, besonders als GTS, ein absoluter Hingucker.
Innen ist mehr passiert. Auf der Mittelkonsole gibt es nun Touchflächen anstelle von haptischen Tasten. Verschlimmbesserung? Nun, optisch einen Schritt nach vorne, aber die Glasfläche sammelt Fingerabdrücke leidenschaftlich und erhöht somit den Reinigungsaufwand. Weiter wurde der PDK-Wählhebel verkürzt. Die Analog-Uhr auf der Oberseite der Schalttafel gehört nun zum Serienumfang. Der Macan bietet darüber hinaus serienmässig viele Online-Funktionen und -Dienste, die über das 10,9 Zoll grosse Full-HD-Touchdisplay des Porsche Communication Management oder per Sprachbefehl gesteuert werden.
Die neuen Multifunktions- und GT-Sportlenkräder übernimmt der Macan vom 911er. Die adaptiven Sportsitze vorne (18 Wege, elektrisch) sind eine Wohltat und bieten ein tolle Mischung zwischen Seitenhalt und Komfort. Die Materialanmutung und die Verarbeitung sind erstklassig, besonders mit dem Interieur-GTS-Paket in Karminrot, passend zum Exterieur. Kontrastnähte, Alcantara, Carbonflächen, Sicherheitsgurte, farbig hinterlegter Drehzahlmesser und ein eingesticktes GTS-Logo auf den Kopfstützen sind in der Aussenfarbe gehalten.
Die Bedienung wirft hingegen einige Fragen auf. Beim Panamera und dem 992 gibt es im grossen Infotainment-Bildschirm eine „Drive“-Ansicht, über die sich die Fahrmodi anwählen lassen, der Individualmodus konfigurieren lässt und mehr. Dieser fehlt beim Macan leider gänzlich. Der Individualmodus lässt sich somit nicht über das grosse Infotainment in der Mitte konfigurieren, sondern nur über die Lenkradtasten im kleinen Bildschirm rechts des Drehzahlmessers. Logik dahinter? Ich suche sie noch.
Weiter sind auf dem Infotainment-Touchscreen einige Funktionen und Dropdowns hinter sehr kleinen Icons versteckt, die besonders während der Fahrt nur mit viel Finger-Präzision anzuwählen sind. In Sachen Fahrassistenten finden wir ACC, einen Spurhalteassistenten, einen Toter-Winkel-Assistenten und mehr. Leider ist das sehr moderne und prädikative Porsche InnoDrive aber nicht erhältlich.
Was bleibt also?
Der Porsche Macan GTS ist weiterhin unser Tipp für einen kompakten SUV mit grösstmöglicher Dynamik, Sportwagenflair und Emotionalität. Kein SUV hat uns derart oft den Kopf verdreht und mich in von-A-nach-B-Situationen dazu gebracht, doch noch etwas sportlicher zu fahren. Er ist zurecht der aktuellste Bestseller im Porsche-Modellheft. Im aktuellsten Facelift wurde er als Topmodell neu positioniert und bietet zwar wirklich gute Fahrleistungen, aber fordert auch leichte Komfort-Einbussen im Alltag durch die verschärften Dämpferkennlinien und den fehlenden 8ten-Gang. Der Porsche-Konfigurator verrät allerdings, dass sich die Sport-Luftfederung beim GTS auch kostenfrei zur „normalen“ Luftfederung mit PASM wechseln lässt. Das wäre definitiv meine Wahl.
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 11,5 Liter Benzin / 100 km. Der Basispreis für den Porsche Macan GTS liegt bei CHF 108’600, unser Testwagen mit optionalen Ausstattungen in der Aussenlackierung ”Karminrot” liegt bei CHF 128’350.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp:
Aussenfarbe „Karminrot“, 21-Zoll RS Spyder Design Räder in Schwarz (seidenglanz), Geräusch- und Wärmeschutzverglasung inkl. Privacy-Verglasung
Weitere Impressionen:
Gute Artikel für Leser, die Hilfe für Kaufentscheidungen suchen und keine lauten Sensationsberochte
Lieber Ludger, vielen Dank – das freut uns sehr zu hören. Das ist genau unsere Motivation und unser Ziel. Weiterhin gute Fahrt und herzliche Grüsse