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Bentley Continental GTC V8: Roadtrip & Pässetour

Das Wochenende klopft an die Tür, der Flüelapass wurde erst vor wenigen Tage geöffnet, der Wetterbericht ist gut und ein Bentley Continental GTC V8 möchte auf Herz und Nieren getestet werden. Steigen wir ein, auf einen entspannten Tagestrip in die Schweizer Alpen.

Abfahrt ist um 9.30 Uhr, der Bentley wird auf seine GT-Qualitäten geprüft. Die Schweizer Autobahn von Schaffhausen bis nach Davos ist repetitiv und keinesfalls spannend. Der Fahrmodusschalter bleibt in «Comfort» und das Verdeck geschlossen. Der Verbrauch fällt unter 10 Liter und das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe von Porsche schaltet weich und geschmeidig, als wäre es ein Wandler.

Windgeräusche bei geschlossenem Verdeck? Nicht wahrzunehmen. Einzige Ausnahme: In Tunnels dringt der Schall ins sonst fantastisch abgedichtete Stoffverdeck ein. Will das Verdeck im Kofferraum versenkt werden, ist kein Zwischenstopp nötig, zumindest solange das Tempo bei unter 50 km/h bleibt. Am Davosersee vorbei werden die Strassen schmaler und verwinkelter, das Bergpanorama zeigt sich von seiner schönsten Seite. Das Dach wird geöffnet. Der Flüelapass wird anvisiert. Je höher wir kommen, desto eindrücklicher werden die Massen an Schnee, die sich direkt neben dem Asphalt auftürmen. Der Pass ist erst seit wenigen Tagen wieder geöffnet und die hohen Schneemauern lassen auch den Grund dazu erahnen.

Obwohl wir an einem Samstag unterwegs sind, ist der Pass kaum befahren. Mag es den Radfahrern noch zu kalt sein, den Motorradfahrern wettertechnisch zu unsicher oder die Botschaft der Passöffnung noch nicht durchgedrungen sein. Egal, wir geniessen die geschwungenen Kurvenpassagen und der Bentley, unterdessen im Dynamic-Modus, macht das vorzüglich. Direkte Lenkung, kaum Wankneigung, kein überhartes Federn, schöne und definitiv nicht aufdringliche V8-Note aus dem Auspuff, garniert mit etwas Turbozischen des Biturbo-Achtzylinders vor uns. Perfekt!

Der winterliche Flüelapass mit der wunderschönen Cabrio-Silhouette des Bentley Continental GTC V8

Einige Daten aus dem zugehörigen Datenblatt: Vor uns schlummert ein 4,0 Biturbo-V8-Benziner, der 550 PS und 770 Nm leistet. Das sorgt für eine 0–100 km/h Zeit von 4,1 Sekunden und einen Topspeed von 318 km/h. Genug der technischen Daten, schalten wir zurück aus dem Dynamikmodus in «B», also dem Bentley-Modus. Nun wird der Continental etwas entschärft, aber punktet weiter mit seiner schönen Auspuffnote. Apropos Auspuffnote, merkt man nun die fehlenden 4 Zylinder im Vergleich zum bereits getesteten Bentley Continental GTC W12?

Auf den ersten Blick mögen die fehlenden 85 PS und 130 Nm Drehmoment gegenüber dem Wegfall von 160 kg kaum ins Gewicht fallen. Der 0,3 Sekunden Rückstand im 0-100 Sprint ist ebenfalls marginal, allerdings kann man sich einbilden, die leichtere Vorderachse würde eine Nuance direkter einlenken. Im Gegenzug ist das Getriebe auf den Drehmomentberg des W12 programmiert und zögert manchmal einen Hauch zu lange, um die nächst-tiefere Stufe zu aktiveren. Der W12 mit seinen früh-anliegenden 900 Nm braucht nur ganz wenig Drehzahl, um schon souverän anzuschieben. Der V8 versucht ähnlich wie sein grosser Bruder auf der Drehmomentwelle zu surfen, schafft es zwar oft, aber verheddert sich auch manchmal etwas zu sehr im Drehzahlkeller.

Der Bentley Continental GTC V8 in Scuol GR

Fehlt also der W12? Jein, der V8 hat einen etwas sportlicherer Charakter, will eher gedreht werden, braucht einen Hauch mehr Drehzahl, ist entsprechend etwas fahraktiver. Wir fahren den Flüelapass in Richtung Susch hinunter, die riesigen Bremsen sind standfest und packen kräftig an. Anschliessend gleiten wir sehr entspannt durch das Graubündnerland, sehen Zernez und auch kleine, ikonische Dörfer wie Scuol oder das berühmte St. Moritz, bevor wir in Silvaplana zu unserem Verpflegungshalt eintreffen. Wir haben uns für das «Mulets» entschieden, ein überaus sympathisches Restaurant mit fantastischem Essen, aufmerksamen Service und perfekter Aussicht über den Silvaplanersee.

Frisch gestärkt widmen wir uns einem Aussencheck. Interessanterweise war der Bentley Continental Convertible als W12 im Jahre 2019 ebenfalls in derselben Aussenfarbe «St. James Red» bei uns zum Test. Wie es der Zufall so will, wurde es wieder ein Cabrio und wieder in dieser sehr auffälligen, non-metallic Farbe. Hauptunterschied zum W12 ist der fehlende W12-Batch am vorderen Kotflügel, sowie die neue Gestaltung der Abgasanlage. Diese sind beim W12 in zwei ovalen Endrohren gehalten, während sie hier beim V8 in demselben Platz vier Endrohre unterbringt.

Der Julierpass ist nicht ganz so leer, wie der Flüela zuvor, doch auch hier können wir mittels Sportmodus, die hecklastige Auslegung von mindestens 83% Kraft an der Hinterachse erleben. Das 48-Volt-Bordnetz versorgt den Wankausgleich mit genügend Kraft, um allfällige Wankneigungen effektiv zu unterdrücken und so kurvt der Bentley schnell, unerschrocken und souverän durch die Schweizer Berge. Auf dem Flüelapass werden wir Zeugen, wie das Wetter in nur wenigen Minuten von Sonne zu leichtem Schneefall und wieder zu Sonne wechseln kann. Wir haben die Zeit genutzt und den Innenraum unter die Lupe genommen.

Wie schon beim W12 erwähnt, ist die Lederqualität und die Verarbeitung erstklassig. Der Lederduft ist betörend, die markanten „Diamond-in-Diamond“ Nähte und Stickereien werden in über 300’000 Einzelstichen genäht. Jedes Interieur besteht aus neun nordeuropäischen Bullenhäuten, die mit 2,8 km Faden zusammengenäht sind. Veganer haben spätestens jetzt das Browserfenster geschlossen. Die Sitze sind bequem, vielfach einstellbar und bieten einen guten Seitenhalt. Ein Nackenföhn darf natürlich auch nicht fehlen.

Ein weiteres Highlight ist das „Bentley Rotating Display“. Dieses Drehdisplay trägt auf einer von drei Seiten einen 12,3“-Touchscreen mit dem User Interface (sehr ähnlich zu Porsche) und kann über einen eleganten Mechanismus zu einer reinen Furnierfläche oder zu drei edlen Analoginstrumenten rotiert werden. Eine sehr schöne Verbindung zwischen Minimalismus, einem Hauch Vergangenheit und der digitalen Neuzeit. Gefällt!

Weiter sind auch alle anderen Knöpfe, Drehschalter und Bedienflächen sehr wertig anzufassen und besonders die Schieber der Lüftungsdüsen gefallen mir sehr gut. Sie sind eine weitere detailverliebte Reminiszenz an früher. Die Lüftungsdüsen links und rechts der analogen Uhr werden über kleine Schieber bedient, die sich rein- und rausziehen lassen und so ganz im Stile alter Bentleys die Intensität der Lüftungsdüse einstellen.

Die Bang & Olufsen Soundanlage ist lobenswert, allerdings ist es hier wie mit dem Motor. Kennt man die optionale Naim-Anlage, will man nicht „nur“ das Zweitbeste, obwohl es auch vollkommen ausreichen würde. Die Fahrassistenten und technischen Helferlein, von Apple Carplay über ACC, Spurhalteassistenten und mehr funktionieren tadellos. Nach unserem Trip über 7.30 Stunden (Fahrzeit), 575 km und einem kleinen Sonnenbrand, können wir vermelden, dass wir trotz massiver Höhenunterschiede und sportlicher Gangart über die Pässe, die Werksangabe in Sachen Verbrauch von 11,4 l/100 km um 0,6 Liter unterbieten konnten.

Was bleibt also?
Der Bentley Continental GTC V8 hat unseren Trip mit Souveränität, Luxus und erhabenem Komfort bereichert. Nach über 7 Stunden Fahrzeit sind wir so entspannt ausgestiegen, dass wir den Tripdetails im digitalen Tacho kaum glauben wollten. Dieses Fahrzeug ist das ultimative Reisecabrio mit einem faszinierenden Spagat zwischen Komfort, Sport, Vergangenheit und Gegenwart. Man sollte meinen, mehr braucht man nicht, aber halt. Wir waren uns einig: Wenn Bentley und Continental, dann W12. Alleinstellungsmerkmal bleibt nun mal Alleinstellungsmerkmal und das Plus an Drehmoment passt nochmals einen Hauch besser, als der fahraktivere V8.

Der Verbrauch lag im Schnitt über die gesamte Testdauer bei 12,3 Liter Benzin / 100 km. Der Basispreis für den Bentley Continental GT Convertible liegt bei CHF 202’690, unser Testwagen in der Aussenfarbe “St. James Red”, mit dem Innendesign “Beluga / Beluga / Colour Split D” und optionaler Ausstattung lag bei CHF 262’373.

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Aussenfarbe Verdant Green, Blackline Aussenspezifikation, schwarzes Verdeck, “Mulliner Driving Specification” mit 22″ Alufelgen schwarz / poliert, Colour Split D “Burnt Oak”, Holzdekor Dual Finish “Dark Fiddleback Eucalyptus over Grand Black”, Mittelkonsole veredelt im “Côtes de Genève”-Look

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