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BMW 128ti – der bessere Golf 8 GTI?

BMW schickt den neuen BMW 128ti mit Frontantrieb als GTI-Konkurrent ins Rennen. Wir sind ihn gefahren und haben herausgefunden, ob der erste Wurf gelungen ist und warum man trotzdem dem Vorgänger hinterherweinen sollte.

Doch beginnen wir von vorne. Der BMW 1er. Er ging aus dem 3er Compact hervor und ist seit 2004 als eigenständiges Modell im BMW Modellportfolio zu finden. Nebst Coupé und Cabrio, aus welchen später der 2er wurde, war die „Hatchback“-Version der Verkaufsschlager. Erhältlich als Drei- und Fünftürer war er mit Heckantrieb (oder Allrad) eine besonderes „Pflänzchen“ in der Golf-Sparte. Dazu erinnern wir uns gerne zurück an die Modellversion E87 mit dem „N52B30“, einem Dreiliter-Reihensechszylinder-Saugermotor mit 265 PS, gekoppelt auf Wunsch an eine Handschaltung. Später folgte der F20 mit den wunderbaren M135i und M140i, die ebenfalls mit den klassischen BMW-Alleinstellungsmerkmalen Heckantrieb und Reihensechser erhältlich waren.

Nun, diese Zeit ist vorbei. BMW hat seine Kompaktklasse an die Konkurrenten angepasst und den 1er auf eine Frontantriebsplattform konstruiert. Ebenso wurde der Sechszylinder aus der Golf-Klasse verbannt. Jammerschade. Wir können es aber nicht ändern.

Geben wir dem 128ti also eine Chance. Er soll die Lücke zwischen dem Brot-und-Butter-120i und dem BMW M135i xDrive (Vierzylinder, Allrad) schliessen. Die ersten drei Tage meiner Testfahrt waren allesamt verregnet und definitiv nicht optimal für eine zügige OneMoreLap auf meinen Lieblingsstrassen. Dafür viel Autobahn und ein tiefer Verbrauch von nur 5,3 Litern. Vierzylinder und 8-Gang-Automatik sei Dank.

Du denkst als Leser nun bestimmt: Wie unspektakulär! Ja, definitiv. Sehr sogar. Selbst im Sportmodus bleibt der Auspuffsound sehr zurückhaltend, nur der Soundaktuator will etwas Sportlichkeit in den Innenraum dringen lassen. Die Dämpferabstimmung ist durchwegs als straff zu bezeichnen, da es den 128ti ausschliesslich mit einem spezifisch nachgeschärften und nicht-adaptiven M Sportfahrwerk gibt. Er liegt 10 Millimeter tiefer und ist mit steiferen Stabilisatoren und hoch vorgespannten Stabilisatorlagern aus dem BMW M135i, sowie härteren Federn und darauf angepassten Stossdämpfern ausgerüstet.

Nach Tagen des Regens und der normalen Fahrten war es Zeit. Die OneMoreLap war überfällig und ich, auch nach mehreren Tagen noch kein Fan des 128ti, war gespannt, ob das meine Meinung ändern würde. Sie tat es.

Warum? Der 128ti ist eines der Fahrzeuge, die erst „funktionieren“, wenn sie zügig gefahren werden. Spitzes Einlenken, frühes aus der Kurve herausbeschleunigen, scharfes Anbremsen. Die Kuppe mit Vollgas überfahren, später geht es durch eine Senke, die Kompression aufbaut. Fährt man 128 „Turismo Internazionale“ ordentlich, entpuppt er sich plötzlich als Überraschung. Die Lenkung, das Torsen-Sperrdifferenzial, die Dämpfer und der Motor harmonieren sehr gut zusammen. Doch halt, „sehr gut“ heisst in einer solch stark-umkämpften Klasse keinesfalls, dass er Klassenbester ist. Er fährt deutlich besser als ein Golf GTI, der bei zügiger Gangart etwas enttäuscht, doch ein Focus ST wirkt noch knackiger, noch präziser, noch schärfer.

Apropos Focus ST: Wünscht man sich eine Handschaltung im 128ti? Ja, dieser Wunsch kam in mir auf, besonders weil es mit dem nicht-adaptiven Fahrwerk ein Stück Purismus in den 128ti bringen würde. Die 8-Gang-Automatik macht ihre Sache allerdings ordentlich und überlässt im manuellen Modus dem Fahrer auch wirklich 100% Kontrolle, sogar bis in den Begrenzer. Der Vierzylinder-Turbomotor mit 2 Liter Hubraum kommt aus dem M135i und hat für den 128ti etwas weniger Leistung mit „nur“ 265 PS in einem Drehzahlbereich von 4’750 bis 6’500 Umdrehungen. Das maximale Drehmoment von 400 Nm liegt von 1’750 bis 4’500 Umdrehungen an. Den Sprint aus dem Stand auf 100 km/h erledigt der BMW 128ti damit in 6,1 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h (elektronisch abgeriegelt).

Äusserlich erkennt man den 128ti am serienmässigen M Sportpaket und markanten, farbigen Akzenten in Rot. Genauer sind die äusseren Lufteinlässe der Frontschürze mit einer roten Abdeckung versehen, sowie der untere Teil der Seitenschweller und die Luftauslässe bei den hinteren Radkästen im Heckstossfänger. Dazu findet man einen „ti“-Schriftzug vor den Hinterrädern ebenfalls in Rot. Diese Akzente sind allerdings nur Rot, wenn der BMW 128ti in den Farben Storm Bay metallic, Mineralgrau metallic, Saphirschwarz metallic oder Alpinweiss lackiert ist.

Wird er in Melbourne Rot metallic oder Misano Blau metallic geordert, sind die Akzente und der „ti“-Schriftzug, die auf Wunsch auch abbestellt werden können, in Schwarz gehalten. Der BMW 128ti verfügt in der Schweiz serienmässig über die erweiterte „Shadow Line“ mit einer schwarzen BMW Niere und schwarzen Spiegelkappen. In der Farbe „Storm Bay metallic“, wie unser Testwagen war, erinnern mich die roten Anbauteile sehr an den MINI John Cooper Works GP

Diese Verbindung ist allgemein sehr interessant, den ich glaube, dass Käufer, die von einem sehr sportlichen MINI kommen oder gerne einen solchen hätten, aber dem MINI etwas „entwachsen“ sind, ein fünftüriges Fahrzeug in der „Golfklasse“ suchen oder spezifisch einen Hothatch mit BMW Logo, hier fündig werden könnten. Ein BMW war wohl nie näher an einem MINI dran als hier..

Innen findet sich ein schöner Mix zwischen M-Sport und eigenständigem ti-Design. So sind die roten Akzente des Exterieurs über eine grosse Fläche in der Rückenlehne der Sitze, der roten Kontrastnähte oder über das in Rot eingestickte Kürzel „ti“ in der Mittelarmlehne wieder zu finden. Bei uns sind die optionalen M-Sportsitze nicht verbaut, wir haben nur die normalen Sitze. Die Sitzposition mag etwas hoch sein, doch die Ergonomie ist gut. Die Bedienung über das iDrive Bedienelement in der Mitte oder über den Touchscreen ist weiterhin eine der besten Lösungen in ihrer Klasse. Die Verarbeitung und die Materialwahl setzen einen neuen Benchmark im Rahmen seiner Konkurrenten.

Doch wer sind die überhaupt? Die Kriterien sind: Frontantrieb, 240 – 290 PS und Kompaktklasse. Nun, wir zählen da den Hauptkonkurrenten Golf GTI, weiter den Focus ST (nur Handschaltung) und den i30 N. Der i30 N feuert ein emotionales Feuerwerk ab, bei dem keiner der anderen Mitbewerber mithalten kann, sowieso nicht der stumme 128ti. Der Focus ST hat das sportlichste Fahrverhalten im Bunde, schafft dafür den Alltagsspagat nur mit Einschränkungen. Nun wird es spannend: Der GTI schafft den grösseren Spagat zwischen Komfort und Sport, verliert jedoch bei Fahrverhalten, Innenraum und besonders beim Infotainment. Genau da punktet der BMW, der ist zwar straff, fährt aber auf einer OneMoreLap erstaunlich gut und schafft mit seinem 8-Gang-Getriebe wieder den Ausgleich in der Alltagstauglichkeit.

Was bleibt also?
Der Kampf um den besten Hothatch ist die vielleicht meist-umkämpfte Kategorie in der Autoszene. Platz, Performance, Agilität, Anpassungsfähigkeit, Alltagstauglichkeit, Verarbeitung und Erschwinglichkeit sind gefragt und BMW hat mit seinem ersten Wurf richtig gut abgeliefert und die direkten Konkurrenten geschlagen, respektive eine sehr gute Alternative dazu in die BMW-Autohäuser gebracht. Auch die Rückkehr des ti-Badges ist eine schöne Sache, doch irgendwie sind die E87 und F20 so viel mehr das, wofür BMW die letzten Generationen immer stand, dass ich dem 128ti jederzeit einen 1er aus den Vorgenerationen mit Heckantrieb vorziehen würde. Sorry BMW.

Verbrauch & Preis
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 7,2 Liter pro 100 km. Der Testwagen, der von BMW Schweiz zur Verfügung gestellt wurde, war in der Farbe «Storm Bay Metallic» lackiert und lag preislich bei CHF 59’690.-. Die Konfiguration für den BMW 128ti startet bei CHF 49’900.-.

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Aussenfarbe in BMW Individual Storm Bay metallic, 18″ LM-Räder V-Speiche 554 M / Sportreifen, Stoff-/Sensatec-Kombination | Schwarz/Akzent Rot (SW), Interieurleisten ‚Illuminated Berlin‘, Sonnenschutzverglasung, M Heckspoiler, M Sportsitze für Fahrer und Beifahrer

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