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Kurztest & 10 Fakten zur neuen Alpine A110 Première Édition für 2018

Für mich, als 25-jährigen Sportwagenenthusiasten, war „die Alpine“ immer das blaue Motorsport-Wunder, das Ende der 1960er-Jahre bekannt wurde und sich damals mit Rallye-Ikonen wie dem MINI Cooper S, natürlich dem Porsche 911 oder später auch dem Lancia Stratos HF messen musste. Leider war das aber Jahrzehnte vor meiner Zeit und so sind von den ursprünglichen A110 nur noch alte Bilder und einige hochgehandelte Oldtimer übrig. Nun gibt es eine Neuauflage für 2018 und wir durften, kurz vor dem Wintereinbruch, eine #OneMoreLap mit der neuen A110 auf französischen Landstrassen aber auch auf einer Rennstrecke drehen.

Neuauflagen von bekannten und erfolgreichen Fahrzeugen bringen immer ein Risiko mit sich. Fans und Enthusiasten haben enorm hohe Ansprüche und die Entwickler können nicht auf Referenzwerte oder Erfahrungen von letzten Modellversionen zurückgreifen. Das Besondere bei Alpine: Hier will Renault nicht nur ein neues Auto an seine Kunden bringen, sondern auch gleichzeitig die Marke „Alpine“ als selbstständige Marke positionieren. Die Entwickler begannen also bei Stand 0 mit einem Lastenheft und ihren Vorstellungen von einer Alpine, welche die Werte von damals wie Agilität durch Leichtbau, Eleganz und viel Fahrspass, mit den Sicherheits-, Multimedia- aber auch Komfort-Anforderungen von 2018 verbindet.

Alpine A110 Première Édition

Schnell stand fest, dass das ungefähre Zielgewicht von 1’100 Kilogramm nur mit einem enorm hohen Anteil von Aluminium bei Fahrwerk und Aufbau erreicht werden kann. Aus Kostengründen wurde auf ein Carbon-Monocoque, wie im Alfa Romeo 4C verbaut wurde, verzichtet. Fixfertig glänzt die Alpine mit nur 1ʼ080 Kilogramm Gesamtgewicht (Première Edition: 1ʼ103 Kilogramm) und ist eines der leichtesten Fahrzeuge seiner Klasse. Der Aluminiumanteil bei Fahrwerk und Aufbau beträgt 96 Prozent. Je nach Beanspruchung ist das Leichtmetall geklebt, genietet und geschweisst. Damit stellt Alpine neben einem niedrigen Gewicht auch eine hohe Steifigkeit sicher.

Alpine A110 Première Édition

Als Motorisierung für die neue A110 dient ein komplett neu entwickelter 1,8-Liter-Turbomotor, den wir auch im kommenden Mégane 4 RS sehen werden. Er leistet in der Alpine 252 PS bei 2ʼ000 1/min und mobilisiert sein maximales Drehmoment von allerdings nur 320 Nm bereits bei 2ʼ000 1/min. So geht der Spurt auf Tempo 100 km/h in nur 4,5 Sekunden vonstatten. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/h.

Alpine A110 Première Édition

Genug der Zutaten, vor uns liegen einsame französische Landstrassen und später noch eine Rennstrecke. Lasst uns das Gesamtpaket erfahren! Die Keycard, die den Schlüssel ersetzt, ist dieselbe wie in einem Renault Trafic und leider grausam. Immerhin ist sie in einer schönen Alpine-Lederhülle verpackt und dank Motorstart auf Knopfdruck, braucht man sie auch nicht unnötig in die Finger zu nehmen.

Alpine A110 Première Édition

Der Vierzylinder meldet sich dezent zu Wort. Per Tastendruck auf „D“ finden wir uns im ersten Gang wieder und die Fahrt beginnt. Schnell wird der Sport-Knopf am Lenkrad betätigt und das volldigitale Tacho ändert sein komplettes Interface auf eine sportlichere Ansicht mit grösseren Anzeigen für Drehzahl, Gang und Tempo. Den Vergleich zum Alfa Romeo 4C Spider von unserer Elba-Reise immer im Hinterkopf, erstaunt mich das direkte, aber im Vergleich zum 4C servounterstützten Lenkgefühl, sofern man den Hauch von Indifferenz um die Mittellage überwindet hat. Das Einlenkverhalten in Kurven ist dynamischer und präziser als beim Konkurrenten aus Italien und die Rückmeldung über Grip und Fahrbahnbeschaffenheit aus der Aufhängung ist exakter.

Alpine A110 Première Édition

Woran liegt das? Der Entwickler erklärt, dass das verbaute Sportfahrwerk auf doppelte Querlenker vorne und hinten setzt. Normalerweise, so auch beim 4C, kommen diese höchstens vorne zum Einsatz. Verbaut man diese jedoch bei einem Mittelmotorsportler wie der Alpine, deren Gewicht zu 56% hinter dem Fahrer liegt, auch auf der Hinterachse, bietet das dem Ingenieur mehr freie Parameter, die Kinematik der Aufhängung (und somit das Fahrverhalten), zum Beispiel durch negativen Sturz, besser auf die Zielvorgaben einzustellen. Schwierig zu verstehen? Hier ist eine Animation der Hinterachse, die das darstellt:

Kurze Pause an der Rennstrecke – Zeit für einen Aussencheck. Die Front ist fantastisch, für mich eine der schönsten Fronten aktuell. Der Alpine Schriftzug umgeben von den runden Zusatzscheinwerfern führen über die abgerundete Fronthaube mit der markanten Längsrippe. Hinzu kommen die betonten Flanken der Alpine sowie das schräg abfallende Heck, das aussieht, als hätte man es etwas zu sehr in die Länge gezogen. Das weit in die Seiten gezogene Rückfenster und die waagrechten LED-Rückleuchten runden das charakteristische, aber für mich nicht unbedingt gelungene Heck ab.

Alpine A110 Première Édition

Der Innenraum hingegen darf als sehr gelungen bezeichnet werden. Fantastische Sitze, die ohne Seitenairbags auskommen dürfen und somit sehr leicht sind, bieten fantastischen Seitenhalt bei gutem Komfort. Im Mitteltunnel finden sich die Gangwahlknöpfe umrandet von Carbon hinführend zum roten Startknopf und weiter dem Tempomat.

Alpine A110 Première Édition

Während das Armaturenbrett komplett in Leder gehalten ist, blaue Ziernähte den ganzen Innenraum schmücken, trüben die 0815-Lüftungsdüsen, die wir auch aus verschiedenen Dacias, Lotus oder dem Nissan GT-R (Bj. 2008 – 2016) kennen, das Bild etwas. Mit Hinblick auf das Gewicht, ist dieses Detail oder auch das eine oder andere Hartplastik-Element aber schnell verzeiht, ist doch alles sehr gut verarbeitet. Das Alpine Cockpit vermittelt einen guten Schuss Purismus verbunden mit etwas Luxus, was im Vergleich zum spärlichen Folter-4C doch viel mehr nach Alltagseinsatz ruft.

Alpine A110 Première Édition

Nach Alltagsnutzen ruft auch das Navigationssystem, welches über einen 7-Zoll-Touchscreen gesteuert werden kann und im blauen Alpine-Design auch technische Parameter wie Leistung, Drehmoment, Ladedruck und Rundenzeiten anzeigen kann. Audio-Profi Focal hat sich der Herausforderung angenommen und zwei Lautsprecher, sowie zwei Hochtöner in Ultraleichtbauweise gefertigt.

Alpine A110 Première Édition

Die Fahrt geht weiter, nun auf der Rennstrecke. Der Auspuffsound ist in Ordnung, aber im Vergleich zum 4C fehlt es an einigen Ecken an Emotionen. Der Turbo zischt nicht gar so wild, die Tonart ist weniger rotzig, eher eine Spur flacher. Dafür lässt er sich ab und an ein schönes Schubknallen entlocken. Für die Rennstrecke gibt es neben Sport- und Normalmodi auch einen Racemodus, in welchem sich erneut das ganze Tacho-Interface verändert, hin zu einem vertikalen Drehzahlmesser, der auf den ersten Blick etwas verwirrend wirkt, aber nach einigen Runden Sinn ergibt. Wenig Sinn macht die Schaltzeit beim Hochschalten unter Last des modifizierten EDC-Getriebes, dass leider oft nach einer Gedenksekunde ruft.

Alpine A110 Première Édition

Stammleser kennen mein ewiges Nörgeln nach einer Handschaltung in fast jedem sportlichen Fahrzeug, dass ich fahren darf. Leider ist es auch hier so. Für die Alpine wäre eine Handschaltung, zumindest für einen Puristen wie mich, die bessere Wahl. Nur mit einer Handschaltung könnte ich in dieser Reminiszenz einer Legende auch annährend nachleben, welche koordinativen Talente die Rennfahrer von damals an den Tag legen mussten. Leider hätte das grosse Handschaltgetriebe, was auch im kommenden Mégane 4 RS verbaut wird, keinen Platz in der kompakten Alpine gefunden. Also müssen wir nun mit den feststehenden, dicken und etwas knorrigen Schaltwippen vorliebnehmen.

Alpine A110 Première Édition

Allerdings ist es auch damit eine Freude vom Scheitelpunkt der vorherigen Kurve zur nächsten Anbremszone zu knallen, in die fantastischen Bremsen zu hämmern und die leichte Alpine vor der Kurve so zu positionieren, dass sie dem Fahrer während der Kurve verschiedene Optionen, von schnell und sauber über einen leichten Powerslide bis hin zum kompletten „Auf-Anschlag-Quer“ Fahrstil erlaubt. Zwar ist ein leichtes Untersteuern beim Kurveneingang in Verbindung mit etwas Seitenneigung vorhanden, allerdings ist die Rückmeldung der Hinterachse so fantastisch, dass die Alpine absolut frei von berüchtigten, undurchsichtigen und zickigen Mittelmotor-Attacken ist.

Die auf 1ʼ955 Fahrzeuge limitierte Startauflage, die es in der Schweiz für CHF 62’000 gab, war innerhalb von nur fünf Tagen ausverkauft. Es folgen nun weitere Serienmodelle, die über insgesamt 57 Alpine Stützpunkte in elf europäischen Ländern mit speziell ausgebildeten Verkaufsberatern gekauft werden können. In der Schweiz wird es Alpine Stützpunkte in St. Gallen, Winterthur, Zürich, Ecublens (bei Lausanne) und Conthey (bei Sion) geben.

Alpine A110 Première Édition

Kurztest-Fazit: Die Alpine setzt sich in die Nische zwischen Extrempuristen (Lotus Elise / Exige, Alfa Romeo 4C) und dem schweren aber auch edlen Porsche Cayman. Die Alpine ist ein extrem leichter Sportwagen mit Premiumausstattung, der mit kleinen Einbussen (z.B. Gepäckvolumen vorne 96 Liter, hinten 100 Liter) auch im Alltag bewegt werden kann.

Verpackt in etwas Retro-Flair, mit fantastischer Preis/Leistung hinterlässt er einen verdammt guten ersten Eindruck, wenn man doch bedenkt, dass es sich hierbei um eine komplette Neuentwicklung handelt. Mehr Details und Eindrücke können wir euch nach einem ausgedehnten Fahrbericht in unseren heimischen Gefilden erzählen.

10 Fakten zur Alpine:

  1. Der Startschuss für das Projekt A 110 fiel schon 2012
  2. Bernard Ollivier, Alpine Deputy Managing Director, setzte ein Gewichtslimit von 1ʼ100 Kilogramm
  3. Ein eigenständiges Entwicklerteam hat die Alpine zurück auf die Strasse gebracht
  4. Die Alpine zählt mit einem cw-Wert von 0,32 zu den windschlüpfigsten Seriensportwagen auf dem Markt
  5. Als Weltneuheit ist der Aktuator für die elektrische Parkbremse in die Hinterradbremse integriert
  6. Jedes Fahrzeug der limitierten Startauflage wird mit eingravierter Seriennummer ausgeliefert
  7. Neben Europa wird die Alpine in Japan und in Australien verkauft, nicht aber in den USA
  8. Die neue A110 wird im traditionellen Alpine Werk in Dieppe produziert
  9. Die Aussenmasse sind sehr ähnlich zu einem Clio R.S.
  10. Die Alpine-18″-Schmiedefelgen werden von Felgenhersteller Otto Fuchs produziert

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