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Cupra Tavascan VZ

Cupra wills wissen – der nach Erfolgen im Rennsport der 70er Jahre („CUP-RAcing“) zuerst als Submarke von Seat gegründete Ableger, gibt seine sportlichen Gene seit 2018 als eigenständige Marke im VW Konzern an Fahrzeuge unterschiedlicher Kategorien weiter. Neben dem Crossover Formentor, ist spätestens seit dem vollelektrischen Born klar wohin der Weg gehen soll. Und was wäre besser geeignet für einen Trip ins Land der seltenen Erden, Rotoren und Wechselrichter als der neue Cupra Tavascan VZ.

Als erster vollelektrischer SUV der Marke, hat Cupra dem Tavascan VZ zwei Elektromotoren mit einer Systemleistung von 250 kW spendiert. Angetrieben an beiden Achsen (bis zu 30% an der Front) mit permanentem Synchronmotor und 545 NM verspricht der Pressetext grosses Dynamikpotential. Die wassergekühlte Batterie (400V Architektur) ist mit 77 kWh zwar nicht übermässig gross, zum aktuellen Zeitpunkt aber im Marktschnitt und durch ihre Fixierung in einer Aluminiumkonstruktion, die Teil des Chassis ist, auch vorteilhaft in Bezug auf die Steifigkeit des Fahrzeugs. Mittig im Fahrzeug positioniert sorgt sie zudem für einen tiefen Schwerpunkt und eine nahezu perfekt ausgeglichene Gewichtsverteilung (49:51) zwischen Vorder- und Hinterachse.

Doch genug der Theorie. Wir wollen erfahren wie der Tavascan Wankneigung definiert, ob wir unser Lieblingsparkhaus in der Altstadt auch mit einem SUV noch mögen und wie penetrant wir beschimpft werden, wenn ISA uns auf die Blacklist setzt.

AMAG Car Management war so freundlich uns einen Tavascan VZ in blue metallic für zwei Wochen zur Verfügung zu stellen. Ab also in den Gubrist-Kampf nach Lupfig, wo wir sehr freundlich empfangen werden und nach einem erfreulich unproblematischen Check-In schon wenige Minuten später im Wagen sitzen.

Der Wagen präsentiert sich auch live, wie man es nach den Bildern erwartet. Das aus Barcelona stammende Design (Fertigung im modernen Werk in Anhui, China) ist sportlich und je nach Winkel sogar ein wenig muskulös. Bereits auf den ersten Blick klar als Cupra zu erkennen und schön zu sehen, dass man sich zumindest optisch von der ModularenEinheitsBrei-Architektur deutlich abgrenzen konnte. Auch das etwas extrovertierte Beleuchtungskonzept, bei dem das Markenlogo bereits bei Annäherung ans Fahrzeug zu leuchten beginnt, passt zum Auftritt. Uns gefällts!
Im Innenraum stechen schnell die schwebenden Elemente, allen voran die Mittelkonsole, ins Auge. Auch hier wird klar: Cupra will sich abheben, raus aus der biederen Konzern-Ecke, hin zu sexy Lucía (oder Javier, für die die wollen). Am Ende ist es wie immer – Design bleibt subjektiv, die Abgrenzung aber ist unstrittig gelungen.

Wir verladen unsere Tasche im Fond, rutschen beim zügigen Öffnen mit der Hand am Türgriff ab (ein Phänomen, das uns über den gesamten Test hin begleiten wird) und nehmen in den komfortablen und optisch gelungenen Sportsitzen Platz. Wir starten den Wagen und rollen nach den nötigen Minimalanpassungen vom Hof.

Schnell noch die Zieladresse beim nächsten Ampelstopp ins Navi gesprochen und schon sind wir wieder auf der Autobahn. Ruhig, entspannt und dank prima integriertem Carplay auch ausgestattet mit mehr Musik als wir jemals hören könnten. Das Sennheiser Sound System macht Freude und die 12 Lautsprecher füllen den Raum mit den Beats von Avicii. Der Touchscreen im angenehm grossen 15“ Hauptdisplay reagiert gut, was man zwar nach jahrelangen Erfahrungen mit Ipads auch vermuten könnte, in der Praxis jedoch viel zu selten antrifft. Zwar ist die Reaktionsgeschwindigkeit nicht auf dem Level eines Screens im Tesla, aber dennoch so, dass sie zumindest nicht negativ auffällt. Auch ACC funktioniert grundsätzlich gut, unerwartete Bremsmanöver oder ähnliches haben wir im Testzeitraum nicht erlebt und auch der Fahrbahnwechsel erfolgt in etwa so wie man es sich wünscht. Beim Headup-Display fällt vor allem die Grösse positiv auf sowie der grafische Ansatz, bei dem Elemente sich gefühlt dreidimensional Bewegen und somit einer Augmented Reality Integration näherkommen. Der Effekt selbst erzeugt zwar ein ähnliches Gefühl, wie man es von 3D Brillen kennt, gefühlt nicht restlos scharf, aber auch nicht so dass einem schlecht würde.

Wir haben den Tavascan in den folgenden Tagen bewusst in nahezu allen möglichen Szenarien bewegt, öffentlich wie privat geladen, mal bis unters Dach mit Babyzeug und Bier beladen und mal nur die Batterie für einen Spaziergang mitgenommen. Die beworbene Reichweite von 542 km (WLTP) haben wir dabei nicht ganz geschafft. Im Mix waren es mit 22 kWh eher 350 km, wobei wir den Wagen (so wie man es wohl meistens macht) auch nicht bis auf den letzten Zellimpuls leer gefahren haben. Alles in allem funktioniert der Cupra prima und auch die Platzverhältnisse im Fond machen den Wagen zu einem guten Kompromiss aus ambitioniertem SUV und Alltagsbegleiter.

Der Teufel steckt jedoch einmal mehr im Detail. Für uns unerklärlich ist, wie man die äusseren Buttons am Lenkrad so anordnen konnte, dass man sie bei normaler Fahrweise immer wieder aus Versehen drückt. Durften Testfahrten nur von den Designern gemacht werden und hat man die Ingenieure kurz vor Abnahme auf eine spanische Insel in die Ferien geschickt? Generell ist auch der Druckpunkt der Knöpfe, dem „digitalen Ansatz“ sei Dank, nicht ideal. Der Rebound ist so verzögert, dass man sich bei schnellem mehrfachem Drücken (für Tempomat beispielsweise nötig) förmlich verzettelt und auch fühlt sich der Druckpunkt nicht souverän an. Bei der Verkehrszeichenerkennung hatten wir hin und wieder falsche oder fehlende Angaben. Nicht im kritischen Mass, aber bei einer so etablierten Technologie dann doch gemessen am jungen Fahrzeugalter ein wenig erstaunlich.

Im Parkhaus fiel auf: Schaltet man in den Rückwärtsgang, so aktivieren sich dankenswerterweise alle nötigen Helferlein, so auch die Rückfahrkamera. Leider ist das Bild nicht nur qualitativ mehr mit einer durchschnittlichen Wildkamera zu vergleichen, zu allem Elend ruckelt es auch noch. Spürbar. In 2024.

Das Navi präsentiert sich optisch mit einem Hauch TomTom-Vintage, doch fairerweise: zu Zeiten von Carplay – geschenkt.
Aber dann gibt es ihn noch, den einen Punkt, den man nicht vergessen kann, der einem bei wirklich jeder Fahrt anspringt wie die Damen in Soi Cowboy: Die Vergesslichkeit der Systeme. Quasi alle vorgenommenen Einstellungen leiden unter Demenz im späten Stadium. Der Comfort Modus speichert keinerlei Rekuperationseinstellungen (default ist leider: keine Rekuperation), Die Fahrprofile (sechs an der Zahl) wissen am nächsten Morgen nichts mehr voneinander und sogar die Favoriten wollten sich nicht speichern lassen. Ob letzteres auf einen Softwarefehler oder die fehlende Erstellung eines Hauptprofils zurückzuführen ist, konnte nicht final geklärt werden. Aber die Tatsache, dass ISA bereits ab dem ersten Km/h zu viel mit dem akustischen Anwalt droht und die Funktion in Untermenus versteckt ist, macht es nicht leichter. In Summe: Sehr anstrengend, auch oder gerade besonders im Alltag, wo man eigentlich einfach eines will: entspannt von A nach B.

So gestaltet sich unter Alltags-Fazit zugegebenermassen etwas durchwachsen. Doch wo sind wir hingekommen – spannend wird’s ausserhalb der Stadtmauern. Dort wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, um kurz darauf vom betörenden Lärm unseres V8.. nein lassen wir das. Aber testen wollen wir es natürlich, die fahrdynamischen Fertigkeiten des Tavascan VZ. Dass Elektromobilität Spass macht, ist unstrittig, aber wie schlägt sich der erste Cupra SUV seiner Art?

Wir starten diesen Teil unserer Experience im beschaulichen Untermettingen im Schwarzwald. Wer dieses Kaff nicht kennt, dem sei wärmstens empfohlen Google Maps einmal zu bemühen die Strecke von dort nach Bonndorf zu recherchieren. Ein Traum von einem Abschnitt, der sogar Hermann Tilke ein paar feuchte Augen bescheren dürfte.

Mit 60% Batterie müssen wir es später noch nach Hause schaffen, wollen aber für die nächsten Minuten den rationalen Teil unseres Hirns vorrübergehend in die letzte Reihe setzen. Cupra Modus aktiviert (schön in direkter Griffnähe am Lenkrad), der Affe darf raus. Schnell wird klar, dass die Sitze nicht nur optisch ansprechend sind, sondern auch den nötigen Seitenhalt bieten, den wir bei diesen Strecken benötigen. Aber wir wären auch nicht bei OneMoreLap, wenn wir für einen potentiellen Neukauf, nicht alleine schon aus Prinzip die ab Herbst 2024 erhältlichen „CUPBucket Seats“ empfehlen würden. Mehr ist eben immer Mehr.

Die Leistungsentfaltung ist, wie man sie von E-Fahrzeugen gewohnt ist: schnell und extrem direkt. Zwar lassen sich die knapp 2.3 Tonnen Lebendgewicht schwer wegdiskutieren, die am Fahrwerk eingesetzten McPherson-Federbeine und die Mehrlenker Hinterachse machen sich aber positiv bemerkbar. Der Cupra lenkt zudem für ein Fahrzeug dieser Kategorie angenehm direkt ein, sodass wir die Kurven durchaus dynamisch nehmen können. So kämpfen wir uns durch die 46 Bögen und sehen bereits nach 12 Minuten die gelbe Ortseingangstafel von Bonndorf, die eigentlich schwarz/weiss kariert sein sollte. Batterie bei 47%, das langt prima bis nach Hause.

Was bleibt also?
Ist der Cupra Tavascan VZ ein Sportwagen und damit ein klassisches Auto für eine zweckbefreite und emotionale OneMoreLap? Natürlich nicht, aber mit dieser Erwartungshaltung dürfte auch kaum ein Interessent dieser Fahrzeugklasse seinen Kaufvertrag unterschreiben. Trotz des sportlichen Designs und (noch wichtiger) der agilen Proportionen ist der Tavascan am Ende mehr ein Daily für die, die es gerne emotionaler mögen als im ID4. Leider fallen jedoch genau im Alltag, die bereits kritisierten Schwächen in der Bedienung somit täglich ins Gewicht. Für uns bleibt der Cupra damit ein typischer Südländer, nicht perfekt, aber (im Bereich der E-Mobilität) emotionaler als der Rest.

Der OML Konfigurationstipp:
Cupra Tavascan als VZ Variante mit 250 kW in der Farbe Tavacan Blue mit Ausstattungspaket EXTREME (21″ Felgen und CUPBucket-Sitze)

Weitere Impressionen:

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