Seit der G80 Generation, gibt es den BMW M3 Competition erstmals mit xDrive, genauer «M xDrive», wie es BMW nennt. Ob sich das lohnt und wie er sich gegenüber einem BMW M4 G82 mit Heckantrieb fährt, schauen wir uns jetzt an.
2021 nach unserem Test im handgeschalteten M4 Coupé haben wir BMW gefragt, ob wir auch noch den Allrad M3 testen dürften. Damals hiess es noch nein, aber in diesem Frühling kam dann die Zusage. Also rein in den bayrischen Kompaktsportler, ist er womöglich einer der sportlichsten Daily-Driver, die man so kaufen kann?
Wollen wir das Kapitel «Daily Driver» etwas präzisieren? Sagen wir, der Alltagswagen sollte 5-türig sein, gleichermassen kompakt, wenig Bedarf an Kofferraumvolumen und uneingeschränkt alltagstauglich in Sachen Komfort, Sicherheits- und Assistenzsysteme und sehr performant bei jedem Wetter?
Der M3 erfüllt das und noch deutlich mehr. Beim M4 haben wir kritisiert, dass das Drehmoment zahmer über die Hinterachse herfällt, als wir es noch im M3 F80 erlebt haben. Hier ist dieses «Scharren» mit den Hinterrädern wieder zurück und herrje haben wir das vermisst. Dieses Gefühl der leichten Überforderung an Drehmoment ist stets abrufbar, vor allem bei Nässe vermittelt es dieses «Kribbeln» in der Magengegend, verbunden mit etwas Handschweiss, so dass wir ehrfürchtig nochmals zurückschauen, wenn der M3 wieder in der Parklücke steht.
Wo ist also der xDrive? Gute Frage. Der M3 vermittelt permanent das Gefühl ein bissiger Hecktriebler zu sein, hilft dann aber doch mit der Vorderachse mit, je nach Fahrmodus früher, später oder nie (im 2WD nur Heckantriebmodus). Grundsätzlich werden 100% der Kraft an die Hinterachse gesendet. Das heckgetriebene «Herausschieben» aus Kurven ist stets da und besonders schön: Durch die wirklich fantastische Lenkung und die spezifischen Komponenten wie Lenkungszahnstange, Vorderachse, Aufhängung, Fahrwerksversteifung und Radkombination spürt man nicht nur die Vorderachse und das zunehmende Gewicht bei dynamischen Kurvenfahrten, sondern auch das kurvenäussere Hinterrad und dessen Griplevel. Hört sich vielleicht nach Enthusiasten-Blabla an, lässt sich aber gut selbst «erfahren». Das nötige Gespür und Erfahrungswerte vorausgesetzt.
Der M3 hat uns wirklich sehr gefallen. Deutlich besser als der M4, ganz entgegen unserer sonstigen puristischen Auslegung. Der M3 ist komplett. Mit seinem 510 PS und 650 Nm (+100 Nm ggü. nicht-Competition Handschalter) starken Reihensechszylinder-Motor kommt er auch erstmals in Verbindung mit dem 8-Gang M Automatikgetriebe von ZF, anstelle einer Doppelkupplung. Das verhilft ihm zur nötigen Souveränität im Alltag und ist weiterhin über drei Stufen in seiner Schaltgeschwindigkeit einstellbar.
Die neu konstruierte Doppelgelenk-Federbeinvorderachse mit angepasster Geometrie und eigenständiger Lenkübersetzung sorgen dafür, dass der M3, ähnlich wie der M4 G81 damals, nach Kurven giert und durch den erhöhten negativen Sturz (gegenüber dem F80 M3) das Einlenkverhalten und die Kurvenlage als absolut fantastisch zu bezeichnen ist. Wir müssen uns ja immer vor Augen halten, dass wir hier eine 5-türige Limousine fahren, die ursprünglich als 318d für den Junior-Aussendienstler zur Welt kam und die M-Ingenieure einen beeindruckenden Job abgeliefert haben.
Der Klang ist für 2022 ebenfalls als «überdurchschnittlich» zu bezeichnen, dazu auch die straffe aber alltagstaugliche Fahrwerkskonfiguration. Weiter helfen auch die Fahrassistenten, wie der adaptive Tempomat oder die Spurführung den M3 uneingeschränkt alltagstauglich zu gestalten. Interessant: Im «M Mode TRACK» werden Funktionen wie Fahrassistenz, intelligente Sicherheit, Auffahrwarnungen und Entertainment mit nur einem Klick komplett deaktiviert. Ein schneller Wechsel von Alltag zu Dynamik?
Perfekt möglich durch die beiden roten M-Lenkradtasten. Mit ihnen können zwei bevorzugte Kombinationen des M xDrive Modus, gemeinsam mit den Einstellungen für Motorcharakteristik, Dämpferkennfeld, Lenkungskennlinie, Bremssystem und weiteren Parametern festgelegt und abgespeichert werden. Hier krallt es sich gerne fest, wenn man in nur 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h schnellt. 0.4 Sekunden schneller als ohne Allrad.
Sitztechnisch ist es hier etwas alltäglicher als noch im M4. Die M Carbon-Schalensitze fehlen leider, dafür verfügen die normalen Sportsitze über optionale Sitzbelüftung und etwas mehr Polsterung für Langstrecken. Probesitzen vor der Entscheidung ist ein Muss, besonders wer den M3 öfters im Alltag bewegen will. Die Schaltwippen mit roter Kunststoff-Umrandung, Carbon-Inlay und Noppen auf der Rückseite sind mir etwas zu «jung», etwas zu «verspielt». Wir sitzen hier ja nicht in einem Hyundai i20 N. Kritik, damit wir wenigstens etwas kritisiert haben.
Was bleibt also?
Der BMW M3 Competition xDrive (G80 / 2022) wird mit dem Allrad und der neuen G-Modellreihe uneingeschränkt alltagstauglich, vertritt weiterhin die M-Markenwerte wie kein Zweiter, ist nur 50 kg schwerer als der Handschalter und auf einer OneMoreLap höllisch schnell, emotional und eine Kurvensau. Mit dieser Rezeptur kann der kommende M3 Touring nur absolut episch werden? Wir freuen uns!
Mehr Impressionen:
Wieder mal sehr emotional und originell geschrieben: Nochmal in die Parklücke schauen, Junior Außendienstler,……
P.S: Irgendwann müsst ihr auf Eurer Foto Landstraße ein Straßenfest austragen!