Erster Corona-Lockdown im April 2020, kein Fahrzeug im Pressefuhrpark im späteren Verlauf, dann kam der Winter 2020 / 2021 und knapp ein Jahr nach dem eigentlich vereinbarten Termin durften wir den Toyota GR Supra Premium 3.0 (6 Zylinder) endlich fahren. Wie es der Zufall so will, sind wir den neueren Toyota GR Supra Sport (4 Zylinder) schon früher gefahren und hatten nun hohe Erwartungen an den grossen Bruder.
Die Abholung war, wie so oft, an einem Freitag. Perfekt, wenn man das gleich morgens abhandeln kann, doch an diesem Tag musste es am Nachmittag sein. Das Resultat: Der Rückweg war geprägt von stockendem Verkehr und Stau durch absolute Verkehrsüberlastung. Interessant dabei: Der Supra war trotz seiner unschuldig-weissen Aussenfarbe ein Augenmagnet. In der Schweiz zwischen dem Gubristtunnel und Zürich sieht man viele Autos. Seltene, teure oder beides in Kombination. Umso erstaunlicher, wenn man dann in einem „normalen“ Sportcoupé so angestarrt wird. Die Neugierde und Sympathie haben manche mit einem Daumen-hoch signalisiert und ein Subaru-Fahrer hat sogar über sein offenes Fenster Komplimente für den kompakten Toyota zugerufen. Erstaunlich. Eigentlich sollte man den Toyota Supra nun doch kennen, ist er doch schon seit Sommer 2019 auf unseren Strassen zu sehen.
Doch damit nicht genug polarisiert. Einer meiner Nachbarn, der eher durchschnittlich autointeressiert ist, erwische ich staunend um das Auto herumstreunend. Er bewundert die Formen, die wilden Überhänge, der integrierte „Ducktail“-Heckspoiler und meint nachher: „Er ist viel kompakter als er auf Fotos wirkt.“ – Ja, das stimmt. Der Supra ist kein grosses Auto. Genauer: 1.85m breit, 4.37m lang und 1.29m hoch.
Steigt man ein, fühlt man sich wohl. Die Sitzposition ist tief, das Lenkrad dick und griffig, aber der Airbag eher opulent. Der Sechszylinder meldet sich zu Wort. Es ist der bekannte „B58“ aus Fahrzeugen wie dem BMW Z4 M40i. Dieser 3.0 Liter Reihensechsyzlinder verfügt über einen Twin-Scroll-Turbolader und leistet 340 PS sowie ein Drehmoment von 500 Nm. Dazu gibt es eine Achtgangautomatik aber leider keine Handschaltung.
Angenehm: Es sind nur zwei Fahrmodi verfügbar, Normal und Sport. In beiden Einstellungsvarianten wird klar: Ähnlich wie der Z4 hat auch der Supra den Bedarf die zwei extra Zylinder über markanten Motorsound jederzeit präsent zu halten. “You paid for it, you get it.“ Was leider fehlt, ist das amüsante Turbozischen aus dem Vierzylinder. Das konnten wir hier nicht mit derselben Deutlichkeit replizieren. Doch dafür ist der Motor deutlich stärker, er lenkt wunderschön direkt ein, walkt zwar etwas weniger auf den nun etwas grösseren Rädern, aber gibt weiterhin ein klassisches, wunderschönes heckgetriebenes Fahren von sich. Im Vergleich zu meinem ehemaligen M2 fühlt er sich weniger stabil an, dafür deutlich verspielter, mit einem leichten Hang zur Bissigkeit im Grenzbereich. Je länger ich fahre, desto mehr Spass habe ich. Was für ein kleines, amüsantes Sportcoupé. Herrlich.
Doch der Supra kann auch anders. Im Alltag begeistert er mit gutem Federungskomfort, einer Palette an Assistenzsystemen wie City-Bremsfunktion, eine Geschwindigkeitsregelanlage mit Abstandsregelung (ACC), Spurhalteassistent, Verkehrszeichenerkennung, Spurwechselassistent und mehr. Innen sind die Sitze lobenswert, das Head-Up-Display ebenso, der eigenständig gestaltete Tacho mit zentraler Drehzahlnadel ist eine willkommene Abwechslung in einem schönen und übersichtlichen BMW-Interieur. Sogar die Hinweis- und Warntöne wurden von den Bayern übernommen.
Sucht man Kritikpunkte, findet man sie. Der 3 Liter Reihensechszylinder macht den Supra deutlich weniger eigenständig als noch den 2.0. Wie ein BMW im Toyotakleid und das mag beileibe nichts Schlechtes sein, doch wer oft zwischen den einzelnen Marken umsteigt, lernt die „USPs“ also die markentypischen „Unique Selling Points“ zuzordnen und beim 3.0 Supra kommen meine Synapsen permanent in einen Zwiespalt. Der Motor wirkt zwischen 5’500 und 6’000 Umdrehungen etwas zugeschnürt, ausdrehen lohnt sich nicht wirklich. Dazu vermisse ich wirklich eine Handschaltung. Aber ansonsten findet man kaum Dinge, die man dem Supra ankreuzen möchte. Schaut man in sein Konkurrenzumfeld hat er sich zu fast allen Mitbewerbern eine gesunde Distanz aufgebaut. Beginnen wir mit dem Technikspender BMW Z4 M40i: Als Stoffdach-Cabrio mit deutlich dezenterem Design spricht er eine ganz andere Käuferschaft an. Der Audi TT als S oder RS ist weniger klassischer Sportwagen mit Heckantrieb und mehr Allwetter-Rakete. Die Alpine A110 ist puristischer, auf engem Gefilde wohl auch schneller, ganz sicher aber weniger alltagstauglich, weniger komfortabel und weniger GT als der Supra. Selbiges gilt auch für den Porsche Cayman. Weitere Konkurrenten? Der Supra 2.0 Sport.
Ja, der kleine Bruder. Vielleicht sein grösster Konkurrent. Er versprüht mehr JDM Flair, wenn auch beide in Graz vom Produktionsband laufen, dazu hat er einen schwächeren aber drehfreudigeren Motor und ist durch die 18“ Felgen mit dicker Bereifung noch mitteilsamer, was mir persönlich sehr grosse Freude bereitet hat.
Was bleibt also?
Der Toyota GR Supra 3.0 ist das aktuell kompakteste und vielleicht BMW-typischstes BMW Coupé, welches sie nie gebaut haben. Seine Grösse ist perfekt für die Landstrasse, die Sitzposition ist weit tiefer als bei einem M2, der Reihensechszylinder erinnert jede Sekunde an die glorreichen Motorsportereignisse aus der Vergangenheit, während einem der GT-Charakter das Fahrzeug problemlos jeden Tag im Alltag nutzen lässt und die Optik dank Toyota-Designsprache eine Ausgeburt an wilder japanischer Formensprache ist. Definitiv ein sehr gutes Auto, wenn auch wohl für viele, wie auch für mich, in seiner Markenzugehörigkeit und durch sein BMW-typisches-Fahrerlebnis verwirrend.
Verbrauch & Preis
Der Verbrauch lag im Schnitt bei 9,4 Liter pro 100 km. Der Testwagen, der von Toyota Schweiz zur Verfügung gestellt wurde, war in der Farbe «White Metallic (D01)» lackiert und lag preislich bei CHF 81’000.-. Die Konfiguration für den GR Supra 3.0 startet bei CHF 79’900.-.
Der OneMoreLap-Konfigurationstipp zur Optik:
Aussenfarbe in Ice Gray Metallic
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