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Ford Ranger Raptor – 2023 (3.0 V6 Benziner)

Selten dürfen wir erleben, dass Kritikpunkte an Fahrzeugen direkt in der nächsten Auflage ausgemerzt werden. Der neue Ford Ranger Raptor – 2023 (3.0 V6 Benziner) ist da eine Ausnahme und hat schlichtweg jeden meiner „naja, aber..“ oder „könnte man noch ansetzen..“ Punkte eliminiert. Für mich eines der witzigsten Autos momentan auf dem Markt.

Kurze Rückblende. Letzter Ranger Raptor kam als Diesel, eigentlich unproblematisch – Dakar-Fahrzeuge fahren auch mit hochgezüchteten Diesel-Triebwerken, im Raptor war jedoch ein müder 2.0 Liter Diesel mit 200 PS verbaut, der schlussendlich die scharf-gemachten (und gut-gelungen) weiteren Bauteile zurückgehalten hat. Nun ist alles anders. Ein 3.0 Liter Twin-Turbo EcoBoost-V6 mobilisiert nun 288 PS und 491 Nm Drehmoment. Spannend dabei: Das aus dem Rennsport abgeleitete Anti-Lag-System sorgt dafür, dass hoher Ladedruck über den gesamten Drehzahlbereich anliegt. Geht der Raptor-Pilot vom Gas, bleibt die Drosselklappe noch bis zu drei Sekunden geöffnet und sorgt auf diese Weise dafür, dass der Turbolader auf Touren bleibt. Oldschool, wenn man an e-Turbolader denkt, aber sehr effektiv – besonders bei dieser Masse an Fahrzeug.

Nächster Punkt: Auspuff. Vorher Diesel, jetzt 4-stufige Klappenabgasanlage. Der schärfste Modus „Baja“ ist nicht für den Einsatz im Rahmen der Strassenverkehrsordnung gedacht. Natürlich nicht. Aber er hört sich so verdammt gut an. Rotzig, röhrend mit viel Bass im unteren Drehzahlbereich. Träumchen! Eine Mischung aus aktuellem BMW M4 und Maserati Ghibli / Levante S V6. In einem Pick-up, zu Zeiten von „Umweltkrise“ – herrlich.

Ebenfalls neu und wichtig: Als erster Ranger hat der Raptor einen permanenten Allradantrieb mit elektronisch gesteuertem, zweistufigem Verteilergetriebe sowie sperrbaren Differenzialen an Vorder- und Hinterachse. Heisst also: Klassisch kann man mit Heckantrieb fahren, hilft übrigens dem Verbrauch (dazu später mehr) und bei Bedarf zügig auf Allradantrieb mit oder ohne Untersetzung umschalten. Dazu gibt es sieben wählbare Geländemodi, bei denen die Parameter dann bereits vordefiniert sind.

Überarbeitet wurde auch das Fahrwerk. Neue Aluminium-Querlenker und neue FOX Live Valve-Stossdämpfer kommen zum Einsatz. Resultat: Der Raptor fährt nicht nur wie ein unsportliches Brot & Butter-SUV, sondern deutlich besser. Vergleichen wir es mit einem sportlichen Kompakt-Crossover. Mir gefällt der grosse Spagat zwischen der komfortablen Normalstellung und der sportlichen Einstellung, die in kurvigen Passagen einen grossen Unterschied darstellt.

Allgemein erfreut der grosse Anteil Reifen in der Rad-Reifen-Kombination. Ein guter Reifen, selbst in der Form eines All-Terrain-Reifen wie beim Raptor, kommuniziert erfrischend viele Details an den Fahrer.

Fahrbericht: Ford Ranger Raptor - 2023 (3.0 V6 Benziner)

Wie ist also der allgemeine Eindruck aus meiner zweiwöchigen Testfahrt? Amüsiert erfreut bis kindisch kichernd. Das rein-klettern und die hohe Sitzposition, auf Höhe Nutzfahrzeuge ist erfrischend für jeden Sportwagenfahrer, der sonst lieber möglichst nahe am Asphalt kauert. Die Lieblingskonfiguration an Auspuffklappenstellung, Dämpferhärte, Start-Stopp-Aus und Lenkradwiderstand kann man über einen Shortcut aufs Lenkrad legen und über zwei Tastenklicks direkt nach dem Start anwählen.

Der kleine Getriebeknuppel, naja. Könnte grösser sein. Eine Menge Raptor-Action auf den Bildschirmen im Tacho und dem grossen mittigen Infotainment-Screen sorgen für ein klares Verständnis, wo man gerade sitzt.

Die Abmessungen sind „gerade noch so“ tauglich für Schweizer Strassen. Die Breite (2.02 m ohne Spiegel) ist auf dem selben Level wie ein grosses SUV (X5, Q8), problematisch ist die schiere Länge mit 5.38m und kann in gewissen Parkhäusern wohl für ein schwitzige Hände sorgen. 10cm länger als eine Langversion der S-Klasse ist nicht mehr Innenstadt-Parkplatz-tauglich. Apropos Innenstadt: Sportwagenfahrer kennen das starke verlangsamen vor Fahrbahnschwellen in Wohngebieten, damit auf keinen Fall etwas streift. Der Raptor verspeist diese ungebremst zum Frühstück. Soweit zu Innenstadtauglichkeit. Nun aber raus aus der Stadt. Da macht der Raptor deutlich mehr Spass, sei es auf Landstrassen oder anschliessenden Feldwegen. Ein wirkliches Offroad-Test-Gelände für den Raptor steht uns leider nicht Verfügung, aber die Wege, die wir legal befahren konnten, haben bereits gezeigt, dass wir nur erahnen können, wo das Limit dieses Pickups liegt.

Da liegt der grosse Unterschied zu seinem Vorgänger. Der neue Ranger Raptor macht nun mit Klang, der gut-schaltenden 10-Gang-Automatik und dem wählbaren Heckantrieb deutlich mehr Freude, auch wenn man ihn weit weg vom Limit bewegt – dazu kommen tolle Features wie ein adaptiver Tempomaten (nicht lieferbar beim Vorgänger-Raptor), Spurhalteassistent, Matrix-LED-Scheinwerfer und eine wirklich deutlich gesteigerte Materialanmutung im Innenraum. Tolle Sitze, guter Seitenhalt, witzige freibelegbare Flugzeug-Kipphebel-Tasten am Dachhimmel und viele schöne Akzente wie Ziernähte oder Raptor-Anspielungen. Einzige Kritik die wir äussern müssen: Das 640 Watt starke B&O Soundsystem ist fast schon eine Beleidigung für diesen Markennamen. Viele verzerrte Klangbereiche, keine Klangbühne, dünnes Klangbild, übersteuerte Bässe – wir haben mit dem Equalizer rumgespielt und verschiedene Inputs getestet, kaum Verbesserung. Mehr als okay für ein Nutzfahrzeug, nicht okay für den Preis des Raptors und dieses „Markensiegel“.

Was bleibt also?
Der Ranger Raptor hat alle unsere vormaligen Kritikpunkte aus dem Weg geräumt und ist genau das Abenteuer-Petrolhead-Gefährt, was wir gerne schon in der ersten Version gesehen hätten. Emotional, praktisch, komfortabel und immer mit einem Sinn von Humor dabei. Das ist traumhaft und hätte in meiner Autosammlung definitiv einen Platz verdient. Absolute Kaufempfehlung.

Der Verbrauch lag im sportlichen Schnitt bei 13,6 Liter Benzin / 100 km. Auf der Schweizer Autobahn bei gemässigter Fahrweise sind auch <9 Liter Benzin / 100 km möglich. Der Basispreis für den Ford Ranger Raptor liegt bei CHF 74’710.-. Unser Testwagen mit optionaler Aussenfarbe „Code Orange“ (Aufpreis CHF 890) liegt bei CHF 77’800.-.

Der OneMoreLap-Konfigurationstipp:
Code Orange als Aussenfarbe mit Raptor Paket

Weitere Impressionen:

3 Kommentar

  1. Hallo Andreas
    Cooler Bericht, den ich per Zufall gefunden habe. Nun, seit 6 Wochen steht so ein Teil in blau bei mir… ein paar Modifikationen sind auch schon gemacht und noch in Planung. Wo ich dir absolut beipflichte: Fahrspass pur praktisch überall (ausser in der Stadt… ja), zudem sehr gutes Zugfahrzeug. Rundum gelungenes Design und Gesamtpaket. Es gibt aber ein paar kleine Details, die ich in dieser Preisklasse und im Modelljahr 2023 bemängle (meckern auf hohem Niveau):

    – Soundanlage: dürfte tatsächlich etwas ausgewogener sein, finde ich aber ok.

    – die Modellsprache mit den roten Ziernähten ist nicht konsequent durchgezogen und in der zweiten Sitzreihe komplett vergessen gegangen.

    – die LED Ambiente Beleuchtung dürfte besser sein, Farbwahl nicht hinterlegt, in der zweiten Sitzreihe komplett vergessen.

    – Spiegel in der Sonnenblende nicht beleuchtet.

    – Heckklappe: sollte vom Werk aus ein Dämpfer montiert sein, damit sie nicht runterdonnert.

    – Einstellungen wie automatische Verriegelung ab 20 oder 30 km/h kann nicht konfiguriert werden (oder habe ich nicht gefunden)

    – Driving Modes Wahlschalter: Auswahl sollte zirkular sein… Umschalten von Baja auf normal muss man durchs ganze Menü zurückblättern.

    – Touchscreen ist relativ langsam und hat manchmal kleine Freezer.

    – einige Elektronikfehler wie z.B. Tankanzeige: hat man vollgetankt (fast übeaufen) zeigt die Tankanzeige etwas mehr als 3/4 an.

    Kleine Details… und trotzdem eine Spassmaschine.

    Gruss, Attila

    1. Hey Attila, vielen Dank für deinen Kommentar und die wertvollen Inputs. Viel Freude mit deinem Raptor und herzliche Grüsse, Andreas

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